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Deutsche Firmen und der HandelsstreitTrump-Zölle? Vielleicht gar nicht so schlimm

Auch US-Importabgaben von 30 Prozent würden die deutsche Wirtschaft nicht abwürgen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Böckler-Stiftung.

Container-Umschlagplatz in Leipzig: Deutsche Exporteure fürchten die von Donald Trump angedrohten Zölle Foto: Jan Woitas/dpa

Berlin taz | Nicht schön, aber auch kein Drama – das wären die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle von 30 Prozent auf Waren aus der EU für die deutsche Wirtschaft. Das ist die Quintessenz einer Kurzstudie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Folgen der Abgaben wären demnach für die USA gravierender als für Deutschland.

Trump droht damit, ab 1. August Zölle von 30 Prozent auf Waren aus der EU zu verhängen, wenn es bis dahin keine Einigung in den Gesprächen über die Handelsbeziehungen gibt. Davon wären deutsche Unternehmen besonders betroffen, weil die USA für die deutsche Wirtschaft bislang das wichtigste Exportland sind.

Rund 10 Prozent der Ausfuhren ­gehen in die Vereinigten Staaten, vor allem Fahrzeuge, Maschinen und Chemieprodukte. Deutsche Exporteure würden auch darunter leiden, dass aufgrund der US-Zollpolitik in anderen Ländern die Wirtschaft weniger wächst. Trump droht fast allen Staaten mit höheren Abgaben. Weil Waren, die wegen der hohen Ab­gaben nicht in die USA gehen, auf den europäischen Markt drängen, kämen Unternehmen auch hierzulande unter Druck.

Es ist ungewiss, ob und wie Trump seine Drohungen in die Tat umsetzt. Bislang ist er oft zurückgerudert. Die EU bereitet Gegenmaßnahmen vor. Am Mittwoch ist EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič zu Gesprächen in die USA gereist. Selbst wenn Trump Ernst macht: Zölle von 30 Prozent auf EU-Waren würden die Konjunktur in Deutschland zwar belasten, aber nicht abwürgen, schreiben die Ökonomen Sebastian Dullien und Thomas Theobald in der Kurzstudie.

Konjunkturerholung in Deutschland

Das Bruttoinlandsprodukt würde durch die Effekte der Zölle 2025 und 2026 um einen Viertelprozentpunkt niedriger ausfallen, als bisherige Prognosen annahmen, haben sie berechnet. Die Konjunkturforscher erwarten bei diesem Szenario für 2025 ein Nullwachstum der deutschen Wirtschaft und für 2026 ein Plus um 1,2 Prozent. Das wäre immer noch ein Fortschritt, denn in den beiden vergangenen Jahren ist das deutsche BIP geschrumpft. Sollte es aber aufgrund der Zölle zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen, könnte das Wachstum geringer ausfallen, warnen sie.

Die Ökonomen gehen aus mehreren Gründen von einer Konjunkturerholung in Deutschland aus: Die angekündigten massiven Investitionen der Bundesregierung, mehr privater Kapitaleinsatz aufgrund der beschlossenen Steuersenkungen für Unternehmen und ein stärkerer privater Konsum werden die Wirtschaft ankurbeln, erwarten sie. Der Bundestag hat im März den Weg frei gemacht für ein kreditfinanziertes Finanzpaket, das über einen Zeitraum von zwölf Jahren Ausgaben von 500 Milliarden Euro vorsieht.

Allerdings: Auch wenn die Hoffnung bestehe, dass die deutsche Konjunktur Trumps Zolleskalation ohne Rückfall in eine Rezession überstehen könnte, erhöhe der Handelskonflikt die Risiken für die deutsche Konjunktur, betonen die Wirtschaftswissenschaftler. Umso wichtiger sei, dass die von der Bundesregierung angekündigten Investitionen jetzt schnell in Gang kommen. „Auch sollte die Bundesregierung zusammen mit der EU-Kommission überlegen, wie vom Zollkonflikt besonders betroffene Branchen unterstützt werden könnten, damit aus den höheren Zöllen kein struktureller Schaden für die deutsche Volkswirtschaft entsteht“, empfehlen sie.

USA würden mehr leiden

Für die USA wären die negativen Folgen durch die Zölle der Studie zufolge größer als hierzulande. Die Vereinigten Staaten müssten Wachstumsverluste von 0,6 Prozent 2025 und 0,7 Prozent 2026 hinnehmen. Das resultiert vor allem aus der steigenden Inflation in den USA. Denn die höheren Zölle führen dazu, dass Waren in den USA teurer werden. Dadurch sinkt der private Konsum.

Andere Ökonomen erwarten größere Verwerfungen für den Fall, dass Trump Ernst macht. Die Bundesbank etwa schätzt die Folgen möglicher 30-Prozent-Zölle für die deutsche Wirtschaft dramatischer ein. Sie sieht in ihrem aktuellen Monatsbericht ein „beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko“, falls die angedrohten US-Zölle am 1. August in Kraft treten.

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8 Kommentare

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  • Das kommt nämlich per EU- Gegenzölle auf uns zurück.

  • Die bisher Kommentierenden können mir gerne 10-30 Prozent des Werts ihrer nächsten Einkäufe überweisen, wenn das nicht so schlimm ist.

  • Danke für diesen Beitrag. Dieses Angst machen in anderen Medien geht mir sehr auf den Senkel.



    Die Zölle werden von den Amerikanern bezahlt und das Ergebniss ist weniger Export in die USA. Es gibt aber noch andere Länder. Man kann sich Gedanken machen aber Panik hilft garantiert nicht!

    alles liebe

  • Man sieht immer nur das Negative an Trump. Aber es gibt doch auch so gigantische positive Effekte!

    Viele hochrangige Medienschaffende, Social Media Stars, Journalisten, Filmemacher und Wissenschaftlet werden mit ihrer Energie und ihrem Know How aus den USA nach Kanada und Europa kommen, wenn Trump so weitermacht.

    Der Euro könnte nach dem Ausstieg der USA aus dem Welthandel und dem zwangsläufig damit verbundenen Absturz des Dollars die neue Leitwährung Nr. 1 werden.

    Wir könnten das Herz der freien Welt werden, mit Indien zu neuen Ufern aufbrechen und all das erreichen, um was wir die USA als Teenager immer beneidet haben: Ein von allen Seiten geliebter Hotspot der Kultur und Weltwirtschaft. Denn wir haben mit unseren Handelsabkommen Verbindungen nach Mexiko, Kanada, Südamerika, vielleicht Indien, welche die USA alle nicht mehr haben. Wir haben zudem enge Verflechtungen nach China und Westafrika, neuerdings dank der Syrer auch in den Nahen Osten.

    Wir basteln mit Ukrainern dank des Krieges an den neuesten HighTech-Waffen, und unser militärisch-industrieller Komplex mag irgendwann sogar die USA überholen!

    Es könnte alles so schön sein - wenn es nicht zugleich so traurig wäre.

  • Vielleicht sind die USA bald auch einfach irrelevant. Nur noch ein Land unter vielen.



    Hab grad woanders gelesen das die offenbar angeordnet haben Notnahrungsmittel von USAid zu vernichten. Was für ein Unsinn, getrocknete haltbare Lebensmittel deren lagerung irgendwo im amerikanischen Hinterland vermutlich äußerst günstig ist, einfach zu vernichten. Ich musste sofort an die große Depression denken, wo ja auch die Ernte vergammelte während die Leute hungerten.



    Dazu noch die ganzen Eingriffe im Finanzmarkt, der kollabierende Dollar, unbezahlbare (und stark steigenden) Staatsverschuldung...



    Der schickt die Amerikaner in die nächste große Depression, da bin ich mir mittlerweile zu ~90% sicher.

    • @Rikard Dobos:

      "Nur noch ein Land unter vielen."



      ...mit Atomwaffen.



      Eins von dieser Sorte reicht mir schon.

  • Jetzt aber bitte nicht die schöne Krise kaputtreden, man wollte uns doch gerade erklären, dass der Welthandel zum erliegen kommt und wir dann bestimmt unsere Gürtel enger schnallen müssen, damit die Vermögenszuwächse der Superreichen nicht gefährdet werden.



    Gibt es eigentlich mal eine Zeitleiste mit den herbeigeredeten Krisen der letzten Jahrzehnte mit denen Reallohnsteigerungen, Steuergerechtigkeit nötige Reformen verhindert wurden. Merke, nach der Krise ist vor der Krise

    • @Axel Schäfer:

      Da kann man schon nett darüber philosophieren. Tatsache ist, dass diese Krisen herbeigeredet werden, um die Arbeitnehmer in Angst und Schrecken zu versetzen, eben diese Einschnitte in den sozialen Bereichen zu rechtfertigen und die Gewinne noch mehr nach oben zu verlagern.