Deutsche Firmen und der Handelsstreit: Trump-Zölle? Vielleicht gar nicht so schlimm
Auch US-Importabgaben von 30 Prozent würden die deutsche Wirtschaft nicht abwürgen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Böckler-Stiftung.

Trump droht damit, ab 1. August Zölle von 30 Prozent auf Waren aus der EU zu verhängen, wenn es bis dahin keine Einigung in den Gesprächen über die Handelsbeziehungen gibt. Davon wären deutsche Unternehmen besonders betroffen, weil die USA für die deutsche Wirtschaft bislang das wichtigste Exportland sind.
Rund 10 Prozent der Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten, vor allem Fahrzeuge, Maschinen und Chemieprodukte. Deutsche Exporteure würden auch darunter leiden, dass aufgrund der US-Zollpolitik in anderen Ländern die Wirtschaft weniger wächst. Trump droht fast allen Staaten mit höheren Abgaben. Weil Waren, die wegen der hohen Abgaben nicht in die USA gehen, auf den europäischen Markt drängen, kämen Unternehmen auch hierzulande unter Druck.
Es ist ungewiss, ob und wie Trump seine Drohungen in die Tat umsetzt. Bislang ist er oft zurückgerudert. Die EU bereitet Gegenmaßnahmen vor. Am Mittwoch ist EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič zu Gesprächen in die USA gereist. Selbst wenn Trump Ernst macht: Zölle von 30 Prozent auf EU-Waren würden die Konjunktur in Deutschland zwar belasten, aber nicht abwürgen, schreiben die Ökonomen Sebastian Dullien und Thomas Theobald in der Kurzstudie.
Konjunkturerholung in Deutschland
Das Bruttoinlandsprodukt würde durch die Effekte der Zölle 2025 und 2026 um einen Viertelprozentpunkt niedriger ausfallen, als bisherige Prognosen annahmen, haben sie berechnet. Die Konjunkturforscher erwarten bei diesem Szenario für 2025 ein Nullwachstum der deutschen Wirtschaft und für 2026 ein Plus um 1,2 Prozent. Das wäre immer noch ein Fortschritt, denn in den beiden vergangenen Jahren ist das deutsche BIP geschrumpft. Sollte es aber aufgrund der Zölle zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen, könnte das Wachstum geringer ausfallen, warnen sie.
Die Ökonomen gehen aus mehreren Gründen von einer Konjunkturerholung in Deutschland aus: Die angekündigten massiven Investitionen der Bundesregierung, mehr privater Kapitaleinsatz aufgrund der beschlossenen Steuersenkungen für Unternehmen und ein stärkerer privater Konsum werden die Wirtschaft ankurbeln, erwarten sie. Der Bundestag hat im März den Weg frei gemacht für ein kreditfinanziertes Finanzpaket, das über einen Zeitraum von zwölf Jahren Ausgaben von 500 Milliarden Euro vorsieht.
Allerdings: Auch wenn die Hoffnung bestehe, dass die deutsche Konjunktur Trumps Zolleskalation ohne Rückfall in eine Rezession überstehen könnte, erhöhe der Handelskonflikt die Risiken für die deutsche Konjunktur, betonen die Wirtschaftswissenschaftler. Umso wichtiger sei, dass die von der Bundesregierung angekündigten Investitionen jetzt schnell in Gang kommen. „Auch sollte die Bundesregierung zusammen mit der EU-Kommission überlegen, wie vom Zollkonflikt besonders betroffene Branchen unterstützt werden könnten, damit aus den höheren Zöllen kein struktureller Schaden für die deutsche Volkswirtschaft entsteht“, empfehlen sie.
USA würden mehr leiden
Für die USA wären die negativen Folgen durch die Zölle der Studie zufolge größer als hierzulande. Die Vereinigten Staaten müssten Wachstumsverluste von 0,6 Prozent 2025 und 0,7 Prozent 2026 hinnehmen. Das resultiert vor allem aus der steigenden Inflation in den USA. Denn die höheren Zölle führen dazu, dass Waren in den USA teurer werden. Dadurch sinkt der private Konsum.
Andere Ökonomen erwarten größere Verwerfungen für den Fall, dass Trump Ernst macht. Die Bundesbank etwa schätzt die Folgen möglicher 30-Prozent-Zölle für die deutsche Wirtschaft dramatischer ein. Sie sieht in ihrem aktuellen Monatsbericht ein „beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko“, falls die angedrohten US-Zölle am 1. August in Kraft treten.
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