Deutsche Botschaft in der Türkei: Anwalt in Ankara festgenommen
Der Anwalt der deutschen Botschaft soll sich in Ankara zum Asylverfahren für türkische Staatsbürger informiert haben. Der Vorwurf lautet Spionage.
Der türkische Jurist wurde bereits Mitte September festgenommen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt erfuhr. Er war demnach als sogenannter Kooperationsanwalt für die Botschaft tätig. Der Vorwurf gegen ihn lautet nach Angaben aus Diplomatenkreisen in Ankara auf Spionage.
Wie der Spiegel berichtete, holte der Jurist in der Türkei Informationen für Asylverfahren von türkischen Staatsbürgern in Deutschland ein. Er habe etwa bei Polizei und Staatsanwaltschaft abgefragt, ob gegen die Asylbewerber Verfahren in der Türkei laufen oder ob ihnen bei der Rückkehr in ihre Heimat Haft droht. Seine Erkenntnisse seien dann über das Auswärtige Amt an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gegangen, das über Asylanträge entscheidet.
Der Anwalt habe für die Botschaft „die international übliche und aus unserer Sicht unstrittig zulässige Unterstützung geleistet“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. „Das ist auch europaweit eine gängige Praxis.“ Das Ministerium setze sich „intensiv für eine Klärung der Vorwürfe und eine Aufhebung der Untersuchungshaft ein“. Da es sich um einen türkischen Staatsbürger handelt, kann er allerdings nicht von Deutschland konsularisch betreut werden.
Informationen über Regierungsgegner
Bei seiner Verhaftung soll der Anwalt laut NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung einige Dutzend Akten von Asylbewerbern dabeigehabt haben. Außerdem sei seine Kanzlei durchsucht worden. Dort könnte die Polizei den drei Medien zufolge bis zu 280 entsprechende Akten beschlagnahmt haben.
Ein Bamf-Sprecher sagte NDR, WDR und SZ, es sei davon auszugehen, dass Unterlagen mit Informationen zu anhängigen Asylverfahren in die Hände der türkischen Behörden gelangt seien. „Die Betroffenen wurden bereits oder werden zeitnah persönlich über die Situation informiert.“
Laut Spiegel sind unter den türkischen Asylbewerbern in Deutschland mehrere prominente Kurden und Anhänger der Gülen-Bewegung. Informationen über sie könnten demnach unter anderem an den türkischen Geheimdienst MIT gelangt sein. Schutzsuchende könnten deshalb von der Türkei drangsaliert oder bedroht werden, befürchtet die Regierung dem Spiegel zufolge.
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