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Deutsche AußenpolitikIm Spagat zwischen USA und China

Merkel in China, Maas in den USA: Die Außenpoltik der Bundesregierung zeigt, dass Deutschland in der Zwickmühle steckt.

Allein unter Flaggen – gehisst für den Merkel-Besuch in China Foto: ap

Brüssel taz Die zeitlich parallelen Gespräche der letzten Tage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) in Peking und Washington über das von den USA sabotierte Nuklearabkommen mit Iran und diverse Handelskonflikte haben eines sehr deutlich gemacht: Deutschland – Exportweltmeister und drittgrößte Wirtschaftsmacht der Erde – versucht einen zunehmend schwierigen Spagat zwischen der im relativen Machtabstieg begriffenen USA und dem von einem kommunistischen Einparteienregime geführten Weltmachtaufsteiger China.

Beim Thema Iran ist der Konflikt Berlins mit Washington und das Einverständnis mit Peking größer als bei den Handelsfragen. Maas ist in Washington völlig vor die Wand gelaufen mit dem Versuch, bei seinem Amtskollegen Mike Pompeo und dem nationalen Sicherheitsberater John Bolton zumindest Verständnis für das Festhalten der Europäer an dem Iranabkommen zu wecken. „Wir gehen völlig verschiedene Wege“, bilanzierte Maas seine erfolglosen Gespräche. Mit Blick auf das weitere Vorgehen gebe es „Anlass zur Sorge um das transatlantische Verhältnis“.

Die Trump-Administration weiß genau, dass sie mit ihren Sekundärsanktionen gegen europäische Unternehmen am längeren Hebel sitzt. Denn die EU ist nicht zu entsprechenden Gegenmaßnahmen bereit. Das von Maas vorgeschlagene Treffen der Außenminister von Frankreich, Großbritannien und Frankreich mit Pompeo dürfte dieser dazu nutzen, die Europäer zur Unterstützung für die ultimativen Forderungen der Trump-Administration zu nötigen.

In Peking hingegen stieß Merkel mit der europäischen Haltung zum Iran-Abkommen auf volles Einverständnis. Denn China lehnt eine atomare Bewaffnung Irans genauso entschieden ab wie Russland und die drei westlichen Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates. Der für Peking sicher nicht ganz unwillkommene Effekt der US-Sanktionen ist, wie Merkel etwas widerwillig einräumte, dass chinesische Firmen da ins Iran-Geschäft einsteigen, wo sich europäische Firmen zurückziehen. Offen ist allerdings, ob das Engagement chinesischer Firmen in Iran ausreicht, um die durch die US-Sanktionen verursachten negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für Iran zu kompensieren, damit Teheran das Nuklearabkommen nicht ebenfalls aufkündigt.

Komplizierte Lage bei den Handelskonflikten

Bei den diversen Handelskonflikten ist die Lage weniger eindeutig. Maas blitzte in Washington mit seinem Wunsch ab, die Trump-Administration möge die noch bis Ende Mai geltende Ausnahme für die EU von den im Februar verhängten Abschottungszöllen gegen Stahl- und Aluminium-Importe verlängern. Einer Ohrfeige glich auch die Tatsache, dass die Trump-Administration just als Maas in Washington weilte über einen Zeitungsartikel bekannt werden ließ, dass sie die Einführung neuer Zölle von bis zu 25 Prozent für ausländische Autoimporte plant.

Ganz im Kontrast zu diesem konfrontativen Szenario in Washington bekannten sich in Peking Merkel und der chinesische Präsident zunächst gemeinsam zu einem regelbasierten globalen Freihandel. Doch dann wurde auch deutlich, dass hinter dieser Fassade der Einigkeit heftiger Streit herrscht zwischen Berlin und Peking um die Auslegung und Anwendung dieser Regeln. Im Unterschied zu früher gibt es dabei nicht mehr nur Kritik aus Deutschland, zum Beispiel an Investitionshemnissen für deutsche Unternehmen in China, sondern auch zunehmend selbstbewusste chinesische Kritik an der „Überregulierung“ für chinesische Unternehmer in Deutschland.

Nüchtern betrachtet decken sich in diesen Freihandelsfragen die Interessen Deutschlands nach wie vor stärker mit den US-amerikanischen als mit den chinesischen. Das wird derzeit nur vernebelt durch die Anti-Freihandels- und America-First-Rhetorik Trumps und seine unilateralen Abschottungsmaßnahmen und eine sehr viel geschicktere Rhetorik aus Peking.

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3 Kommentare

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  • Der CNS-Reporter stellt dem chinesischen Botschafter in Deutschland, Shi Mingde, Fragen.

     

    Antworten:

     

    „Die Reibungen sind partiell und temporär, während die Kooperation umfassend ist und den Haupttrend darstellt“, sagte Shi Mingde. „Solange wir das Nullsummendenken und die ideologische Trennung aufgeben und uns auf die Kooperation konzentrieren, wird der Kuchen der chinesisch-deutschen Zusammenarbeit immer größer werden.“

     

    „Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Gesellschaftskreise in Deutschland die Seidenstraßen-Initiative und ihr Wesen – das durch Offenheit, Toleranz, Zusammenarbeit und gemeinsamen Gewinn gekennzeichnet ist – erkennen und verstehen werden. Besonders dann, wenn wir die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit im Rahmen der Initiative stärken und mehr deutsche Unternehmen am Aufbau beteiligen – und den immer größer werdenden Kuchen der Kooperation teilen“, sagte Shi.

     

    Gemeinsam den freien Handel gewährleisten

     

    Shi meinte, dass sowohl China als auch Deutschland große Handelsnationen und Länder mit einer starken Realwirtschaft seien, die beide von der wirtschaftlichen Globalisierung und dem freien Handel profitieren und wichtige Unterstützer des internationalen Handelssystems seien. China und Deutschland sollten ihre Zusammenarbeit im Bereich des Handels stärken und zusammen die offene Weltwirtschaft und den freien Handel schützen.

     

    China und Deutschland sollten entschieden am Multilateralismus festhalten und den Unilateralismus sowie jegliche Form des Protektionismus bekämpfen. Die Autorität der WTO-Regelungen sollte von beiden Seiten gemeinsam gewährleistet werden. Beide Länder sollten gemeinsam das faire, offene und multilaterale Handelssystem, in dem die WTO die Kernrolle spielt und die WTO-Regelwerke als Grundriss dienen, vervollkommnen.

     

    [Ein Auszug.]

     

    Vgl. Beijing Rundschau, 24.05.2018: „Die chinesisch-deutschen Beziehungen {...}“. Von Peng Dawei & Guo Tai

    //german.beijingreview.com.cn/International/201805/t20180524_800130660.html

  • Kritik an "Investitionshemnissen für deutsche Unternehmen in China" ?

     

    Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas mit tatkräftiger Unterstützung der deutschen Wirtschaft und Industrien:

     

    Der privatwirtschaftliche Bereich trage zu mehr als 60 Prozent zum Wachstum des Bruttoinlandsproduktes Chinas bei und erbringe mehr als die Hälfte der Steuererträge des Landes.

     

    Mittlerweile würden mehr als 60 Prozent aller chinesischen In- und Auslandsinvestitionen von der Privatwirtschaft getätigt, sagte Gao auf einer Pressekonferenz am Rande der ersten Sitzung der 13. Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV).

     

    Die Privatwirtschaft spiele auch eine immer größere Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Innovation. Sie stelle über 80 Prozent der Arbeitsplätze zur Verfügung und trage mit über 70 Prozent zur Technologieentwicklung und Marktreife neuer Produkte bei, so die Darstellung Gaos.

     

    Im letzten Jahr seien über 90 Prozent der neuen Jobs im privatwirtschaftlichen Bereich entstanden.

     

    Ende 2017 gab es in China 65,79 Millionen Geschäftsbetriebe in privater Hand und 27,26 Millionen Privatunternehmen, die insgesamt rund 340 Millionen Menschen beschäftigt haben.

     

    Nach offiziellen Angaben des Statistikamtes sind Chinas Privatinvestitionen im letzten Jahr um sechs Prozent auf 38,2 Billiarden Yuan [rund 6.000 x 1. Mrd. USD] angewachsen!

     

    Chinesische Unternehmen, die in Deutschland investieren wollen, seien ebenfalls herzlich willkommen, sagte die Kanzlerin. Die bilateralen Unternehmensinvestitionen in beiden Ländern entwickelten sich sehr dynamisch und sie hoffe, dass beide Länder einander gleichberechtigten Marktzugang für Investitionen gewähren werden.

     

    Merke: Demnächst, auch in der Volksrepublik China: Vorwärts, statt mit Mao und Xi, mit Merkelismus und den deutschen Wirtschafts- und Monopolverbänden [und Familie Quandt und BMW AG].

     

    Vom BDI-Merkelismus lernen, heißt auch in China siegen lernen!

  • Was Merkel und Maas da treiben, indem sie sich auf Washington und Peking konzentrieren, ist reine Augenwischerei und die Abscheu sich den Partnern zu zuwenden, denen sie am Nächsten stehen!

     

    Würde Merkel sich nicht so rigoros gegen die Ideen von Macron und anderen Europäern wehren, würde sie verlässliche Partner haben.

     

    Die Schwäche der EU liegt doch hauptsächlich an der Weigerung Deutschlands sich in der EU weiter als bisher zu engagieren!

    Sicher wird es immer schwieriger in der EU noch verlässliche Partner zu finden, siehe das Wahldesaster in Italien. Aber genau das sind die Dinge, die durch die Verweigerung der finanziellen Hilfen für die Südeuropäer durch die Regierung Merkel ausgelöst wurden.

    Das Griechenland durch die Sparmaßnahmen am Rande der Staatspleite gelandet ist, ist zwar deren Schuld, aber wurde durch das Handel, federführend durch Deutschland, besonders schwer für die Bevölkerung gemacht.

     

    Die EU ist einer der größten Wirtschaftsräume dieser Welt, aber hat nicht die Macht, und schon gar nicht den Willen, sich zu einer wirklichen machtzentrale aufzuschwingen, denn es war immer soviel einfacher sich an den Rockzipfel der Amerikaner zu hängen, anstatt selbstständig zu werden.

    Ob nun in der Nato oder in der EU wird Deutschland immer weiter abgehängt, durch die Weigerung des 2% Ziels für Militärausgaben in der Nato, oder bei der Weigerung der Verstärkung der EU durch einen eigenen Finanzminister, die Merkel Regierung versteht den Sinn der Zeit nicht.

    Diese gesamten Krisen werden sich nicht durch ihre Strategie des Aussitzens lösen lassen!

    Obwohl, wie man inzwischen deutlich sehen kann, die Parteien und einzelne Politiker mehr auf Umfragewerte in den Medien geben, als auf ihre Koalitionsvereinbarungen, sehen sie die Zeichen der Zeit nicht!

     

    Erst in den letzten Umfragen zur Akzeptanz der EU wurde festgestellt, dass in allen EU Ländern die Einwohner vermehrt hinter einer starken EU stehen, mit Ausnahme der bekannten Populisten Parteien und deren Anhänger!!!