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Deutsch-vietnamesische BeziehungenScholz sucht Putin-Kritik in Hanoi

Der Kanzler umwirbt Vietnam, um deutsche Wirtschaft unabhängiger von China zu machen. Das Schicksal vom entführten Trinh Xuan Thanh bleibt unklar.

Vietnams Premier Pham Minh Chinh zeigt Kanzler Olaf Scholz den Hoan Kiem See im Zentrum Hanois Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Sonntag mit einer Wirtschaftsdelegation in der Hauptstadt des südostasiatischen Boomlands Vietnam eingetroffen. „Wir setzen auf Dialog und wollen uns wirtschaftlich breiter aufstellen“, twitterte Regierungssprecher Steffen Hebestreit aus Hanoi.

Die Sozialistische Vietnam spielt für immer mehr deutsche Industrieunternehmen eine Rolle, weil sie dort ihre Abhängigkeit von China reduzieren und ihre Lieferketten auf ein breiteres Fundament stellen wollen.

Auf der Agenda des ersten Besuchs eines deutschen Kanzlers seit Angela Merkels Reise 2011 stehen auch Klimapolitik und Energiewende. Vietnam gehört zu den Staaten, die vom globalen Klimawandel am stärksten betroffen sind, wobei ein Teil der Probleme aber auch hausgemacht ist.

Vom deutschen Entwicklungshilfeministerium bekommt Vietnam 130 Millionen Euro, zum Teil als Kredit, darunter viele Gelder für die Anpassung an den Klimawandel.

Drahtzieher von Entführung bleibt Treffen mit Scholz fern

In Vietnams Staatsmedien, die sonst gern ausführlich über Besuche ausländischer Regierungschefs berichten, steht der Scholz-Besuch im Schatten des Asean-Gipfels, auf dem Premierminister Pham Minh Chinh immerhin mit US-Präsident Joe Biden und den Regierungschefs von Kanada, ­Australien, Singapur und Kambodscha sprach.

Doch gab es eine pompöse Begrüßungszeremonie für Scholz vor dem Dienstsitz seines Amtskollegen durch ein Militärorchester, Blumenkinder und den Großteil der vietnamesischen Ministerriege.

Es fehlte allerdings Innenminister To Lam. Er hatte 2017 die Entführung des früheren vietnamesischen Wirtschaftsfunktionärs Trinh Xuan Thanh aus Berlin nach Hanoi in Auftrag gegeben und den Abtrünnigen dann in der slowakischen Hauptstadt Bratislava persönlich in Empfang genommen und nach Hanoi begleitet.

Aus deutschen Quellen war zu erfahren, dass die Situation des Entführungsopfers bei dem Besuch angesprochen wurde. Trinh Xuan Thanh, der in Deutschland Asyl beantragt und später auch erhalten hatte, ist in Vietnam noch immer inhaftiert.

Die Bundesregierung fordert seine Freilassung und Ausreise nach Deutschland. Bisher gibt es aber keine Signale, ob Hanoi etwa im Zusammenhang mit Scholz’ Besuch darauf eingegangen ist.

Scholz besucht Kunstgalerie in Hanoi

Auch ein Zusammentreffen von Scholz mit Menschenrechtlern gab es jetzt nicht. Hier wurden wichtige Möglichkeiten zugunsten von Wirtschaftsinteressen verschenkt. Immerhin besuchte Scholz eine Kunstgalerie in Hanoi. Vietnams Kunstszene ist bunt, modern, sehr liberal und gerät immer wieder in Konflikt mit der Zensur.

Scholz forderte von Vietnam, sich eindeutig gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu stellen. Er wünsche sich eine „klare Positionierung“ Hanois, so Scholz. „Es handelt sich bei dem russischen Angriffskrieg um einen Bruch des Völkerrechts mit gefährlicher Präzedenzwirkung. Kleine Länder können nicht mehr sicher sein vor dem Verhalten ihrer größeren, mächtigeren Nachbarn.“

Vietnam hat den russischen Angriff auf die Ukraine bisher nicht verurteilt, sondern sich in Abstimmungen der Uno enthalten. Russland ist Vietnams wichtigster Waffenlieferant und Ausbilder vieler vietnamesischer Offiziere.

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1 Kommentar

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  • The Show must go on! Wie immer werden Menschenrechte gefordert, die Medien berichten brav davon, tatsächlich geht's um Wirtschaftsbeziehungen.

    Man will China verdrängen (auf Druck der Amerikaner), so nebenbei kaufen aber die Chinesen von Boeing 130 Flugzeuge. Verkaufen an Diktatoren ist gut, kaufen ist schlimm.

    Man sucht neue Diktatoren für den Handel und die sind plötzlich die Guten.

    Tut mir leid, das ist für mich zu viel Show.