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Deutsch-dänische Grenze wird befestigtPolizei mag nicht im Regen stehen

An der dänischen Grenze wird baulich aufgerüstet. Der SSW fürchtet, dass das auf eine Verstetigung der rechtlich problematischen Kontrollen hindeutet.

Im Sommer geht's auch ohne Zelt: Grenzkontrolle bei Flensburg Foto: Wulf Pfeiffer/dpa

Zelte und Container für rund 100.000 Euro: Damit die Po­li­zis­t:in­nen an der deutsch-dänischen Grenze in der kalten Jahreszeit vor dem norddeutschen Wetter geschützt sind, werden die Kontrollposten nun ausgebaut. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler von der Minderheitenpartei SSW fürchtet, dass sich die Kontrollen verstetigen.

Die Siedlung Kupfermühle gehört zur Gemeinde Harrislee nördlich von Flensburg. Über die anliegende Bundesstraße 200 rollen täglich tausende Fahrzeuge zur deutsch-dänischen Grenze. Bis vor Kurzem hielten einige auf dem Pendlerparkplatz. Das geht nicht mehr: Seit Anfang November ist der Parkplatz gesperrt, dort werden ein großes Zelt und drei Container errichtet.

Darin will die Bundespolizei künftig Grenzkontrollen abhalten – ohne nass zu werden. „Wir kennen das norddeutsche Wetter“, sagte Hanspeter Schwartz, Pressesprecher der Bundespolizei Flensburg. Auch bei den Übergängen in Harrislee, an der Autobahn-Raststätte Ellund und im Bereich der B5 seien ähnliche Bauten vorgesehen.

Die Zelte und Container sollen die Arbeitsbedingungen der Einsatzkräfte verbessern. Die Art und Häufigkeit der Kontrollen würden sich nicht ändern, so der Sprecher. Im vereinten Europa sind Grenzkontrollen eigentlich nicht mehr vorgesehen.

Vorwände gibt's immer

Zwischen Deutschland und Dänemark finden sie aber seit 2016 wieder statt, zumindest stichprobenartig. Den Anfang machte Dänemark. Die Regierung in Kopenhagen fand immer neue Gründe, um Ausnahme-Genehmigungen zu beantragen. Mal war es die Sorge wegen der Corona-Pandemie, mal die Angst vor Kriminellen.

Inzwischen hat Deutschland mit eigenen Kontrollen nachgezogen. Sie finden stichprobenartig an allen Grenzübergängen statt. Dabei werden Autos mit regionalen Kennzeichen meist durchgewunken. Fahrzeuge, die den Be­am­t:in­nen verdächtig erscheinen, müssen stoppen und die Insassen ihre Papiere vorzeigen.

Kritik an dieser Vorgehensweise kommt von Op­po­si­ti­ons­po­li­ti­ke­r:in­nen wie Rasmus Andresen, Europaabgeordneter der Grünen: „Die Bundesregierung bricht mit ihren Grenzkontrollen EU-Recht. Sie handelt ohne rechtssichere Entscheidungsgrundlage und schadet am Ende Europa“, sagte er im Juli in einer gemeinsamen Erklärung mit der SPD-Europaabgeordneten Delara Burkhardt und dem SSW-Bundestagsabgeordneten Stefan Seidler.

Seidler sind auch die neuen Bauten am Parkplatz Kupfermühle ein Dorn im Auge. Klar sei, dass die kontrollierenden Be­am­t:in­nen anständige Arbeitsbedingungen bräuchten und nicht im Regen stehen sollten, betont er.

Zweifel am provisorischen Charakter

„Aber ganz ehrlich: Wenn etwas angeblich vorübergehend ist, aber erst mal ein Zelt, drei Container und ein neuer Stromanschluss hingestellt werden müssen, dann glaubt das doch keiner mehr“, sagte er der taz.

Die nun entstehenden Bauten markierten den „nächsten Schritt in Richtung Dauerlösung. Und genau das brauchen wir an unserer deutsch-dänischen Grenze garantiert nicht“. Zu den Verzögerungen für Reisende kommen die hohen Kosten für die Maßnahme.

Auf rund 100.000 Euro netto belaufen sich die „Beschaffungskosten für das bundespolizeieigene Zelt, die drei Container sowie für einen bereits vorbereiteten festen Stromanschluss“, teilt Christoph de Vries (CDU), Staatssekretär im Bundesinnenministerium, auf eine Anfrage von Seidler im Bundestag mit. Ausgestattet ist damit nur ein Grenzübergang, die übrigen folgen noch.

Wenn man nicht mal weiß, ob diese Kontrollen irgendetwas bringen, warum hält man dann an ihnen fest?

Stefan Seidler, SSW-Bundestagsabgeordneter

Wie effektiv die Arbeit ist, weiß die Bundesregierung nicht: „Statistische Angaben zu Zurückweisungen an einer einzelnen Kontrollstelle, hier Krusau/Kupfermühle, liegen der Bundespolizei nicht vor“, so de Vries. Bundespolizeisprecher Schwartz sagte dem NDR, die Anzahl der Zurückweisungen läge niedriger als an anderen Landesgrenzen.

Stefan Seidler schüttelt darüber den Kopf. „Wenn man nicht mal weiß, ob diese Kontrollen irgendetwas bringen, warum hält man dann an ihnen fest?“, fragt er. „Das sieht mir eher nach Symbolpolitik aus statt nach sinnvoller Sicherheitsmaßnahme.“

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