Designerin über „Fashion Revolution Day“: „Wie viele T-Shirts brauche ich?“
Magdalena Schaffrin startet den „Fashion Revolution Day“: Menschen sollen ihre Kleidung linksherum tragen – aus Solidarität mit FabrikarbeiterInnen.
taz: Frau Schaffrin, „Who made your clothes“ fragen Sie mit dem Fashion Revolution Day. Was tragen Sie denn heute?
Magdalena Schaffrin: Zu achtzig Prozent ethisch hergestellte Kleidung. Tatsächlich ist alles, was neu in meinen Kleiderschrank kommt, ecofair – also Kleidung, in deren Herstellung sowohl ökologische als auch soziale Maßstäbe berücksichtigt wurden. An der Kampagne sind in erster Linie ModemacherInnen beteiligt.
Ist das Ganze nicht eher eine Werbeveranstaltung für die lokalen DesignerInnen als Solidarität mit den FabrikarbeiterInnen in Bangladesch?
Ja, den Vorwurf hab ich schon mal gehört. Nein, ist es aber nicht. Der Tag und die Kampagne sind offen für alle. Deswegen haben wir zum Beispiel auch das Musikvideo gedreht, damit wir auch noch andere Zielgruppen außer den ModemacherInnen selber erreichen. Dass die auf den Zug als Erstes aufgesprungen sind, ist ja nicht verwunderlich, also dass sich die Guten nach vorne drängen und sagen: „Hey, guckt mal her, hier kann man ohne schlechtes Gewissen gucken, wer die Kleidung gemacht hat.“
Von wem ging denn die Initiative ursprünglich aus?
Das ist die Idee von Carry Somers, einer britischen Designerin. Angesichts der Katatstrophe in Bangladesch, die sich jetzt zum ersten Mal jährt, wollte sie einen Gedenktag einrichten, an dem man über die Mode und die Produktionsbedingungen spricht. Die Idee hat sich schnell verbreitet, mittlerweile sind über 50 Länder beteiligt, in denen heute Aktionen stattfinden. Da gibt es ja noch das Problem vom großen Ganzen und was einE einzelneR KonsumentIn erreichen kann. Wenn ich mir mal einen ecofair-Pullover kaufe, werden ja davon die NäherInnen in Bangladesch nicht weniger ausgebeutet...
Den Wandel schafft man mit verschiedenen Stellschrauben. Wenn die KonsumentInnen nur noch ecofair konsumieren würden, würden auch die Arbeitsbedingungen besser, einfach, weil die „schlechte Mode“ nicht mehr produziert würde. Der nächste Ansatzpunkt sind die ProduzentInnen, also die Unternehmen, die für die schlechten Arbeitsbedingungen hauptverantwortlich, indem sie die Mode zu immer günstigeren Preisen und in immer schnelleren Rhythmen auf den Markt schmeißen, und dadurch die Preise drücken bei den Zulieferern.
Die dritte Stellschraube ist die Politik, die Rahmenbedingungen dafür schaffen muss, dass unethisch hergestellte Mode nicht mehr importiert werden darf, oder mit Zöllen oder Steuern belegt wird.
ist eine junge Berliner Designerin, die ökofaire Mode herstellt. Seit 2009 organisiertsie den Greenshowroom auf der Berliner Fashion Week und ruft heute zum Fashion Revolution Day auf.
Nun kostet ein T-Shirt von H&M ungefähr 5 Euro, eins von einer lokalen Berliner Designerin 25 oder 40 oder 70 Euro. Vergisst der Appell nicht, dass sich all die prekären jungen Leute die teuren Sachen überhaupt nicht leisten können?
Ja, das Preisargument höre ich auch oft. Ich habe drei Antworten darauf. Zum Einen gibt es eine Menge Leute in Deutschland, die sich die teuren Kleider leisten können. Würden die auf ökofaire Mode umsteigen, dann hätten wir schon viele Probleme gelöst. Zum Anderen haben die Leute mit weniger Geld sowieso schon einen niedrigeren ökologischen Fußabdruck haben, weil sie viel weniger konsumieren können. Das ist also in der Tat nicht die Zielgruppe, die als Erstes angesprochen werden soll. Drittens stellt sich die Frage: Wie viele T-Shirts brauche ich eigentlich? Manchmal ist es günstiger, einige teure Sachen zu kaufen als viele billigere.
Was kann man also heute als Nicht-ModedesignerIn tun?
Das Einfachste ist: ein Kleidungsstück linksherum zu tragen, damit das Innenetikett zu sehen ist – und am besten noch ein Foto davon zu machen und zu verbreiten – unter dem Hashtag #insideout oder auf Facebook.
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