Desertifikation der Erdoberfläche: Die Wüste lebt

Jährlich veröden 12 Millionen Hektar Boden. Weniger Land bedeutet Nahrungsarmut und höhere Kriegsgefahr, warnt ein Bundeswehrexperte.

Hier wächst kein Gras mehr – dafür aber die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts Bild: imago/Blickwinkel

BERLIN taz | Was hat der Bürgerkrieg in Syrien mit dem Klimawandel und der zunehmenden Verschlechterung von Böden zu tun? Eine ganze Menge, so Bundeswehrexperte Hartmut Behrend in einer jetzt veröffentlichten Studie, die sich mit den Konfliktpotenzialen dieser beiden globalen Umweltprobleme auseinandersetzt.

Denn Klimawandel und Bodenverschlechterungsprozesse, die hier unter dem Begriff Desertifikation zusammenfasst werden, tragen zu einem kritischen Verlust von lebensnotwendigen Gütern bei. So führen Wassermangel und Mangelbewirtschaftung zu einem größeren Konfliktpotenzial in bestimmten Regionen. Zu diesen Regionen zählt Behrend neben Syrien und Israel auch die Sahelzone zwischen Mali und Dafur.

„Der steigende Meeresspiegel führt zu Landverlust (…) und zum Eindringen von Salzwasser in küstennahe Süßwasserreservoire“, so Behrend – ein Prozess, der langfristig zu einer Überflutung von „gut 1 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche“ führen könnte, schätzt der Autor mit Bezug auf eine Studie des Weltklimarats.

Der Klimawandel ziehe auch steigende Temperaturen und weniger Regen nach sich. Insbesondere in „tropischen, suptropischen und mittleren Breiten“ führe das zu schlechteren Erträgen in der Landwirtschaft. Sprich: Es kann unter dem Strich weniger Nahrung angebaut werden.

„Versalzung der Böden“

Bei der Desertifizierung verhält es sich ähnlich: „Die Übernutzung der Böden in der Landwirtschaft, die Entwaldung und nicht nachhaltige landwirtschaftliche Bewässerungsformen“ haben eine „Versalzung der Böden“ zur Folge.

Durch das „steigende Bevölkerungswachstum“ und dem folgenden „Anstieg der Nachfrage nach Nahrungsmitteln“ haben die Böden vor allem „nach einer Dürre nicht mehr genügend Zeit, um sich zu regenieren“ – das Resultat: Die Böden verarmen. Was wiederum besonders in Wüstennähe problematisch ist.

Laut den Vereinten Nationen fällt eine Fläche von „12 Millionen Hektar pro Jahr“ der Desertifikation zum Opfer – eine Fläche, die 50-mal größer ist als die, die durch den Anstieg des Meeresspiegels verloren geht. Also auch hier: Weniger Land bedeutet weniger Nahrung. Und weniger Nahrung führt zu mehr Konflikten.

Im Falle von Syrien ist es genau dieser Mangel an landwirtschaftlichen Erträgen, den Behrend als „ein wichtiger Auslöser des Bürgerkrieges“ anführt.

Dieses Argument ist allerdings nicht neu: Der amerikanische Ökonom und UN-Sonderbeauftragte Jeffrey Sachs behauptete bereits 2008, dass die Krisen im Irak, Pakistan, Somalia und dem Sudan weniger mit der von Medien und Politikern beobachteten Islamisierung der Länder zu tun hat als vielmehr ökologische und wirtschaftliche Gründe hat: „Die Wurzel der Krise in Ländern in Wüstenregionen ist nicht der Islam, sondern extreme Armut und Umweltzerstörung.

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