Der völkische Wahlkampfhelfer: Was rechts von Gauland so kommt
Andreas Iloff, AfD-Kreisvorsitzender und im Diepholzer Kreistag, gehört einem rechtsextremen Orden an, der ein Deutsches Reich anstrebt.
HAMBURG taz | Eine rechte „Graswurzelbewegung“: Im Stillen von unten möchte der „Deutsche Bund“ langsam den Widerstand für ein Deutsches Reich wachsen lassen. Bei den „Bundesbrüdern“ können sich aber nicht alle Interessierten gleich einbringen. Der Status eines Anwärters ist erst zu überwinden. Einer, der es in dem sich selbst als elitär verstehenden Orden weit gebracht hat, ist auch parteipolitisch äußerst agil: Andreas Iloff, AfD-Kreisvorsitzender in Diepholz und Kreistagsmitglied.
Am 24. August hatte Iloff in Brinkum bei Bremen für den AfD-Bundestagsspitzenkandidaten und Bundesvize Alexander Gauland einen Wahlkampfauftritt organisiert. Motto: „Hol dir dein Land zurück“. Auf einer mobilen Bühne am ZOB schimpfte Gauland: „Wir sind nicht gefragt worden, ob wir diese fremden Menschen aus fremden Kulturen in diesem Land haben wollen.“ Das Thema griff vor rund 200 Anhängern auch die AfD-Frauensprecherin Leyla Bilge auf. In eine schwarze Burka gehüllt, betrat sie die Bühne, um das „islamische Frauenbild“ anzuprangern. Dann streifte sie die Verschleierung ab und stand im aus einer Deutschlandfahne geschneiderten Mini da. Provokationen wie diese hatte die AfD in ihrem Wahlkampf-Strategiepapier angekündigt.
Der „Deutsche Bund“ dagegen sucht nicht die Öffentlichkeit. Im Hintergrund will er laut einer internen Schrift „völkische Weltvorstellungen“ verbreiten. Der Orden will sich von „der Masse, der Gleichheit“ abgrenzen und als „Keimzelle unseres Wiedererblühens“ agieren.
2014 bezeichnet sich Andreas Iloff, genannt „Adrich“ als dessen „Gemeinschaftssprecher“ und verschickt Einladungen zu einem verschworenen Treffen. Iloff, der im niedersächsischen Kirchdorf eine Schmiede betreibt und sich „Aue-Schmied“ nennt, ist darauf in Schmiede-Kluft zu sehen. „Mit großer Freude“ lädt er am „18. Gilbhard 2014“ zur „Bundesversammlung“ ein. Es wird darum gebeten, zu dem Treffen im „weißen Oberhemd/Bundesbinder, Tracht- und Zunftkleidung“ zu erscheinen. Dazu die klare Ansage: „Telefone und Kameras verbleiben im Auto.“
Seit fast 25 Jahren besteht der Bund – und will weder seine Existenz noch seine Struktur öffentlich werden lassen. Welche Bedeutung ein „Gemeinschaftssprecher“ bei dem Bund hat, wollte Iloff der taz nicht erklären. Auch nicht, welche Aktivitäten der Bund pflegt oder wie viele Mitglieder er vereint. Jede per E-Mail gesendete Frage ließ Iloff bis Dienstagmittag unbeantwortet.
Laut dem Bayrischen Verfassungsschutz wurde der Bund am 22. Mai 1993 maßgeblich von Mitgliedern der rechtsextremen Deutschen Liga für Volk und Heimat im bayrischen Bodenkirchen gegründet. 1997 warb der Bund in der extrem rechten Zeitschrift Nation Europa und 1999 in der neu-rechten Jungen Freiheit um neue Mitglieder. Das bayrische Landesamt erwähnt den Bund zuletzt 1999, in seiner Mitgliederzeitung Burgpost würden „die Bundesrepublik Deutschland und ihre Vertreter verunglimpft, das NS-Regime verherrlicht, NS-Verbrechen relativiert und rassistisches Gedankengut vertreten“.
Im „Manifest der Deutschen“ von 2014 fordern die Mitglieder, „unsere Identität als Volk“ zu bewahren, „eine gerechte Beurteilung unserer Väter- und Großvätergeneration“ und eine „Verfassung, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen“ werden soll.
Laut Burgpost erarbeitet der Orden eine „Jahrhundertstrategie“ und geht davon aus, dass das Deutsche Reich nicht „untergegangen“, die BRD hingegen ein besetztes Land sei. Diese Positionen lassen Merkmale der „Reichsbürgerbewegung“ erkennen.
Aus diesem Milieu berichtet ein Insider, dass der Bund in der Region Kirchdorf „sehr lebhaft“ sei. Bereits Ende 2013 traf sich der Bund zur Wintersonnenwende in dem Ort bei Sulingen, mit dabei auch ein Anhänger der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend. Im Juni 2014 fand ein Zeltlager in einem Waldstück wenige Hundert Meter von Iloffs Anwesen statt. Iloff sicherte das Gelände mit Quad und Feldstecher. Fotos zeigen einen Kader des verbotenen Nationalen Widerstands Dortmund beim Zeltaufbau.
Niedersachsens Verfassungsschutz ist Iloff seit Ende der 90er-Jahre bekannt. Seiner Parteikarriere in der AfD, der er seit 2013 angehört, schaden die rechtsextremen Verstrickungen nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin