Der perfekte Kirchentags-Song: „Halleluja“ geht immer

Rasseln, Erlösung und Rhythmus. Die Zutaten für Kirchen-Pop sind immer gleich. Eine Anleitung zum Komponieren.

Im Vordergrund eine Gitarre, im Hintergrund singende Jugendliche

Eine norddeutsche Singegruppe auf dem Kirchentag in Stuttgart. Foto: dpa

*Intro*

Du willst einen Pop-Song für die Kirche schreiben? Kein Problem. Mach‘ ihn botschaftsschwanger, lobe und preise, was das Zeug hält. Vor allem: Heule dem Publikum seine Sterblichkeit entgegen.

*1. Strophe*

Kirchen-Pop ist die Domäne der Schütteleier und Rasseln. Lass‘ deine Hörer mitmachen. Aber Vorsicht: Rhythmisch sollte es nicht zu vertrackt werden. Wenn du spontan zur Klampfe greifst, muss sich eine Menschentraube bilden und sofort mitwippen können. Dein Publikum will klatschen, in Bewegung kommen. Und am liebsten: Die Einsätze versemmeln.

*2. Strophe*

Das Leben ist schwer: Der Weg ist steinig, das Leiden übergroß und selbst das Essen ist angebrannt. Aber Jesus wird dich retten und dir ein ewiglich glückliches Leben vermachen. Alles, was du dafür machen musst, ist glauben. Dein Auftrag als Kirchenpop-Sänger: diesen Deal bekannt machen. Gerne wie eine Dauerwerbesendung. Und wenn es beim Texten hakt: „Halleluja“ oder „Oh Jesus“ gehen immer.

*3. Strophe*

Es stellt sich natürlich die Frage, wie du das Gotteslob musikalisch unterfütterst. Da stehen dir viele Möglichkeiten offen! Über klassische Orgelmusik, über Pop und sogar Punk kannst du alle Genres bedienen – theoretisch. Praktisch bleibst du aber am besten im Popbereich. Nichts zu Hartes. Man will ja niemanden erschrecken. Außerdem gehen einfache Popmelodien schneller ins Ohr. So bleibst du den Gläubigen im Gedächtnis und sie werden deine CDs kaufen!

*Refrain*

Gott leidet unter Minderwertigkeitskomplexen, die Gläubigen sowieso. Gewähre ihnen Erlösung, indem du ihnen Liebesschmalz im Viervierteltakt um die Ohren schmierst. Sei dankbar dabei, habe ein schlechtes Gewissen und um Gottes Willen keinen Spaß. Ist eine ernste Angelegenheit, selbst der leichteste Swing kommt nicht ohne Memento mori aus. L‘art pour l‘art: nix da. Der Backstage-Bereich ist im Himmel, den Zutritt musst du dir mit tränendrüsigen Schmonzetten ersingen.

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