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Der neue "Volkswagen" aus IndienAutobauer präsentiert Billig-PKW

Der indische Hersteller Tata präsentiert einen Kleinwagen, der weniger als 2.000 Euro kostet. Forscher fürchten Verkehrschaos und Klimafolgen durch hunderttausende neuer Autos.

Wird dieses neue Billigauto demnächst den "Käfer" in Bollywood-Filmen geben? Bild: dpa

DEHLI taz In der Messehalle 11 auf der Automobilausstellung Auto-Expo in Neu-Delhi ist das Gedränge groß. Hunderte von Journalisten aus aller Welt fiebern der Sensation entgegen. Manche stehen auf Stühlen und Lautsprecherboxen, viele andere drängen nach vorne. Den historischen Moment möchte niemand verpassen.

Dann öffnet sich auf der Bühne das Tor mit dem Logo des Tata-Konzerns. Ein weißer runder Kleinwagen rollt in das Blitzlichtgewitter. Am Steuer sitzt Ratan Tata, Vorstand der mächtigen Tata-Gruppe. Ein Raunen geht durch die Menge. Das ist er also, der billigste Kleinwagen der Welt: der Tata Nano.

Der kleine Viertürer sieht aus wie eine Mischung aus Renault Twingo, Smart und Ford Ka. Ratan Tata fährt die automobile Sensation in die Mitte der Bühne, steigt aus und grinst über das ganze Gesicht. Der Topmanager kann seine Freude gar nicht zurückhalten. Er sagt, das Auto sei ein "Meilenstein". Und: Er werde in seiner einfachsten Ausstattung nur 100.000 Rupien kosten. Wenn der Nano irgendwann in der zweiten Hälfte dieses Jahres bei den Händlern steht, werden noch die Steuer und die Transportkosten dazukommen. Trotzdem wird der Nano weniger als 2.000 Euro kosten. Und damit für die rasant wachsende indische Mittelschicht erschwinglich.

Schon vor fünf Jahren hatte Tata hatte seinen Landsleuten einen "indischen Volkswagen" versprochen. Als magische Hürde legte er den Kaufpreis von rund 1.700 Euro fest. Niemand hielt es für möglich, zu diesem Preis ein funktionsfähiges Auto auf die Straßen zu bringen.

In seiner Basisversion wird der Nano einen 33 PS starken 623-Kubikzentimeter-Motor haben. Nach Angaben des Unternehmens erfüllt das Auto trotz des geringen Preises die Euro-IV-Norm und alle indischen Sicherheitsstandards. Der Verbrauch des 3,10 Meter langen, 1,50 Meter breiten und 1,60 Meter hohen "Zwergs" (das bedeutet Nano übersetzt) soll bei fünf Litern auf 100 Kilometer liegen. Weil zahlreiche Karosserieteile aus Kunststoff sind, ist das Gewicht gering.

Er habe immer an jene Familien gedacht, die im indischen Chaosverkehr mit bis zu fünf Personen auf Rollern oder Motorrädern durchs Gedränge schaukeln, bis ihm die Idee zur Entwicklung eines "indischen Volkswagens" gekommen sei, sagte Firmenchef Tata in Interviews.

Wirtschaftlich gesehen kommt der Nano zur richtigen Zeit. Indien ist nach China der weltweit am stärksten wachsende große Automarkt. Experten schätzen, dass der Pkw-Absatz in Indien von 1,2 Millionen im vergangenen Jahr bis 2018 auf drei bis vier Millionen ansteigt.

Drei Tage vor Eröffnung der prestigeträchtigen Detroiter Automesse ist dem Tata-Konzern damit ein fulminanter Coup geglückt. Denn zahlreiche Autobauer auf der Welt versuchen derzeit, in das wachsende Billigstsegment einzusteigen. Tata Motors hat sie alle hinter sich gelassen und kommt mit dem Nano in der zweiten Hälfte dieses Jahres auf den Markt.

Doch nicht nur in Indien soll bald der Nano über die Straßen rollen. Als Markt visiert Tata Motors ganz Asien, Afrika und Südamerika an. Irgendwann später soll es eine technisch nach EU-Standards aufgerüstete Version für den europäischen Markt geben. 250.000 Nanos sollen anfänglich vom Band rollen. In ein paar Jahren sollen jedes Jahr eine Million Stück hergestellt werden.

Das ruft jedoch nicht nur Freude hervor. Denn die indische Infrastruktur hinkt weiter der Flut der neu zugelassenen Autos hoffnungslos hinterher. Eine einfache Fahrt durch Delhi kann heute schon zwei Stunden dauern, in vielen Städten Indiens sieht es nicht anders aus. Auch die Vorstellung, bald hunderttausende von Kleinwagen mehr auf den Straßen zu sehen, ruft Klimaexperten auf den Plan. Der Chefklimawissenschaftler der Vereinten Nationen, Rajendra Pachauri, sagte bereits im Dezember, die Aussicht auf das Billigauto bereite ihm Albträume.

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3 Kommentare

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  • BH
    Bernhard Hellweg

    Was uns recht ist, sollte den anderen billig sein.

  • SK
    Stephan Krall

    Mir wird eher Angst und Bange, wenn ich bedenke, wie viele Millionen Menschen mehr dann mit Autos durch die Welt gurken und die Luft verpesten, denn ich kann mir vorstellen, dass es diesbezüglich um den Tata Nano auch nicht so dolle steht. Natürlich sei auch weniger gut verdienenden Menschen gegönnt, sich ein Auto leisten zu können, aber in diesem Falle braucht man sich nur mal den wachsenden Bedarf in China und Indien vorzustellen mit insgesamt 2,5

    Milliarden Menschen; und dann vermute ich: Klima ade.

    Stephan

  • K
    K.D.Neumann

    Ist doch klar das so ein Auto wg. "Sicherheitsmängel" hier nicht verkauft wird. Wäre ja auch noch schöner wenn die ärmer werdende Bevölkerung (Altautobestand!) endlich mal eine billige Alternative hätte. Ich meine so ein Auto genügt doch den meisten Ansprüchen, wer braucht denn schon die ganzen sog. Komfortextras? Elektrische Fensterheber sind doch ein Witz! Angeblich wünscht das der Kunde ja alles so, behauptet die Industrie, welche uns üppig ausgestattete, schwere, Spritschluckende PKW verkaufen will, der höheren Profite wegen. Ein normaler Facharbeiter kann sich doch kaum mehr einen VW Golf z. B. leisten. Von den Arbeitslosen, welche doch flexibel sein sollen und den Rentnern ganz zu schweigen. Ich fahre übrigens einen fast 15 Jahre alten Golf, was glauben Sie wie es bei dem um die Sicherheit steht? Da ja der Absatz von Kleinwagen zunimmt, glaube ich das so ein Auto wie der kleine Tata hier Marktchancen hätte. Aber solche Angebote, ob aus China oder Rumänien, werden ja gerne von der BRD-Automafia und ihren Zentralorganen "Auto-Bild" und "Auto Motor Sport" schlechtgemacht!

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Klaus-Dieter Neumann