Der neue „Asterix und der Greif“: „Wir sind Teil des Kosmos Asterix“
In „Asterix und der Greif“ trifft der kleine Gallier auf Amazonen im eisigen russischen Winter. Ein Gespräch mit dem Szenaristen Jean-Yves Ferri.
Zur Veröffentlichung des Asterix-Albums „Asterix und der Greif“ besucht der Szenarist Jean-Yves Ferri auch Berlin. Ferri ist wie die berühmte Comicfigur Asterix im Jahr 1959 geboren. Zusammen mit dem Zeichner Didier Conrad setzt er die von Albert Uderzo und René Goscinny erschaffene Serie fort. Der 39. Band, „Asterix und der Greif“, führt Asterix, Obelix und Miraculix nun ins tiefe „Barbaricum“ im Osten Europas, zum Volk der Sarmaten. Der Schamane Terrine hat seinen gallischen Druiden-Freund gegen anrückende Römer um Hilfe gebeten, die ihr heiliges Tier stehlen wollen: den Greif! Im sarmatischen Dorf ist die Geschlechterordnung umgedreht: Frauen sind kriegerische Amazonen, Männer stehen am Herd. Der Leiter der römischen Expedition, Globulus, erinnert wiederum an einen sehr bekannten französischen Schriftsteller.
taz: Herr Ferri, letztes Jahr starb Albert Uderzo, einer der Schöpfer von Asterix. Wie war Ihre Beziehung zu ihm?
Jean-Yves Ferri: Albert Uderzo hat mich und Zeichner Didier Conrad stets bei sich zu Hause empfangen. Das war eine herzliche Atmosphäre, die gar nichts „Geschäftliches“ hatte. Er war 2011 ziemlich erleichtert und zufrieden, dass er die Last von Asterix abgeben konnte. Zu unserem ersten Album „Asterix bei den Pikten“ hat Albert Uderzo noch ein paar zeichnerische Anmerkungen gemacht, Ratschläge gegeben, damit Didier seinen Stil besser treffen konnte. Von den folgenden Bänden hat er sich aber nur noch die Geschichten vorlegen lassen und sein Einverständnis zum jeweils neuen Plot und Thema gegeben. Wir konnten sehr frei arbeiten. Im Fall von „Asterix und der Greif“ hat er gerade noch Gelegenheit gehabt, die Grundzüge der neuen Geschichte kennenzulernen. Das fertige Album hat er leider nicht mehr sehen können.
Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: „Asterix und der Greif“. Asterix Band 39, Egmont Verlag, 48 Seiten, Softcover 6,90 €, Hardcover 12 Euro
Der französische Verlag Hachette, zu dem der Verlag „Les Editions Albert René“ gehört, vermarktet Asterix multimedial: Spielfilme, Animations-Serien, TV-Serien, Games. Welche Rolle spielt da noch das gedruckte Comicalbum?
Natürlich sind wir Teil des „Kosmos“ Asterix und des Verlags Hachette, dem die Marke gehört. Wir Autoren und Zeichner kümmern uns nur um den Comic und führen den weiter. Der Verlag legt Wert darauf, dass wir unsere Comics mit der Hand zeichnen wie Uderzo früher – und dass wir bei der kreativen Arbeit „freie Hand“ haben. Es wird kein Druck ausgeübt, bestimmte Themen anzupacken.
Zeichner Didier Conrad lebt seit Jahren in Austin/Texas (USA), Sie in Frankreich. Wie läuft die Zusammenarbeit ab?
Wir kommunizieren hauptsächlich per Internet. Das ist nicht ideal, aber es ist nicht anders möglich. Wir sind ein eingespieltes Team. Wenn mein Szenario fertig ist, schicke ich Didier den Text und auch ein rohes Storyboard. Er arbeitet das dann aus. Wenn er 10 Seiten vorgezeichnet hat, schickt er sie wiederum an mich, um Feedback zu bekommen. Didier zeichnet quasi das ganze Album vor, die Layouts. Wenn es keine Fragen mehr gibt, fängt er an, zu tuschen. Ab dann macht er alleine weiter.
Der neue Asterix ist wieder ein großes Reise-Abenteuer – ist es nicht schwierig, noch ein interessantes Ziel zu finden nach so vielen Geschichten?
Es wird schon schwierig für unsere weltläufigen Gallier. Aber speziell Osteuropa kam ja noch wenig vor. Es handelt sich allerdings mehr um ein von uns erfundenes Land, auch wenn es etwa im Gebiet der heutigen Ukraine und Russlands zu verorten ist. Es ist eine Mischung aus Historie und Erfundenem.
Die Geschichte spielt im „Barbaricum“, wo das Volk der Sarmaten lebt, Vorläufer der Slawen. Was hat Sie an diesem Volk und dieser Weltgegend fasziniert?
Die Sarmaten waren als Reitervolk berühmt, aber es gibt wenige historische Dokumente über sie. Deshalb habe ich auf etwas Folklore aus späteren Epochen zurückgegriffen, um sie uns näherzubringen. Mongolische Jurten und Isbas (russische Holzhäuser), Schamanen, die typischen kleinen Pferde, mongolische Steppen, das Altai-Gebirge. Die Fantasie kann manche Lücke füllen.
Mythologische Motive spielen in der Geschichte eine größere Rolle: Der Greif, die Amazone – bisher waren sie in „Asterix“ weniger präsent. Wollen Sie die Serie ein wenig öffnen in Richtung Fantasy?
Wie René Goscinny bin ich von historischen Schriften ausgegangen, diesmal von Herodot, der aus einem heute verschollenen Epos des Aristeas von Prokonnesos zitiert. Darin erzählt Aristeas unter anderem von Amazonen, die gegen Greifen kämpfen, um an das von diesen gehütete Gold heranzukommen. Diese Quelle war die wichtigste Grundlage für die neue Geschichte. Neben paläontologischen Fossilienfunden im Eis, die möglicherweise die Vorstellung von Greifen inspiriert haben.
Das sarmatische Dorf ist von kriegerischen Amazonen und deren Männern bewohnt, die häuslichen Pflichten nachgehen?
Da klingt natürlich die heutige Zeit an. Was ich hier lustig fand, war zu zeigen, dass Asterix und Obelix etwas perplex reagieren, als sie mit dieser sehr speziellen sarmatischen Gesellschaft konfrontiert werden. Vor allem Asterix.
Eine prägnante Rolle spielt Globulus, ein gebildeter Geograf und Initiator der römischen Expedition ins Barbaricum. Die Figur sieht aus wie Michel Houellebecq?
Ein Intellektueller musste her für diese Rolle. Didier und ich fanden, dass Michel Houellebecq das interessanteste Gesicht und die perfekte Nase für diese Figur hat. In der französischen Öffentlichkeit ist er eine zwiespältige Figur, die gerne polemisiert. Unsere Darstellung ist aber eher gemäßigt. Vielleicht wird er ja durch sie „rehabilitiert“.
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