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Der Umgang mit der PDS muss sich ändern“

■ Der ehemalige Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) plädiert für einen Kurswechsel seiner Partei gegenüber der PDS und fordert „soziale Gerechtigkeit unter den aktuellen Bedingungen“

taz : Eine Reformpolitik jenseits der Großen Koalition ist derzeit rechnerisch nur mit der PDS denkbar. Muss die SPD ihr Verhältnis zur PDS neu diskutieren?

Thomas Krüger: Überhaupt nicht. Eine Koalition mit der PDS oder ein Tolerierungsmodell ist völlig ausgeschlossen. Der Populismus der PDS vertieft die Spaltung der Stadt in Ost und West.

Verstärkt die Ausgrenzung der PDS nicht diese Teilung?

Der Umgang mit der PDS muss sich ändern. Bisher dachte man, die PDS würde von der politi-schen Bühne abtreten. Das Gegenteil ist der Fall. Deshalb muss man sich mit der PDS inhaltlich auseinandersetzen. Ein Wegleugnen hat sich als unproduktiv erwiesen.

Muss die SPD zukünftig mehr in die Offensive gehen?

Ja. Das Kernproblem der Berliner SPD ist, dass uns überall Kontrahenten mit sozialdemokratischen Positionen gegenüber stehen. Hier die CDU mit ihrer sanften Sozialpolitik, da die PDS mit den alten sozialdemokratischen Konzepten der 70er Jahre, die von der SPD aufgegeben werden. Es ist schwer, sein eigenes Image zu behalten, wenn jeder der bessere Sozialdemokrat sein will.

Die PDS ist die bessere sozialdemokratische Partei?

Das Gegenteil ist der Fall. Die PDS fährt einen konservativen Kurs, indem sie unzeitgemäße Positionen wie das Verteilungsparadigma übernimmt. Zurzeit gibt es nichts zu verteilen. Es geht um die Modernisierung des Staates. Eine Sozialdemokratie, die nicht immer neben ihren Visionen auch die gegenwärtige Sachlage im Auge hat, verliert ihre Wurzeln. Wir brauchen eine realitätsnahe Politik, die den Menschen erklärt, was soziale Gerechtigkeit unter den aktuellen Bedingungen heißt.

Die Verteilungsversprechen der PDS wurden aber von den Wählern honoriert.

Das zeigt, dass die SPD den öffentlichen Meinungsstreit suchen muss. Die politischen Linien müssen nachgezogen werden.

Was muss die PDS ändern?

Die PDS muss sich inhaltlich und personell wandeln. Hier sind ihr Bemühungen zuzugestehen. Vor allem muss sie nachweisen, ob unter dem Vorzeichen etatistischer Positionen realitätsnah Politik gemacht werden kann. Wenn die PDS Verantwortung übernehmen will, dann muss sie auch den Offenbarungseid leisten.

Kann die PDS der SPD auf lange Sicht den Rang ablaufen?

Darüber will ich nicht nachdenken. Wer meint, er könne weiter machen wie bisher, der sitzt auf dem falschen Dampfer. Wenn die PDS ihre Inhalte weiter ungestört verbreiten kann, wird die SPD weiter Wähler an sie verlieren.

Interview: Andreas Spannbauer

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