Der Tod im Museum: Wird die Sterbende ausgestellt?
Die Pläne des Mönchengladbacher Künstlers Gregor Schneider, eine Sterbende auszustellen, werden vom zuständigen Museumsdirektor in Krefeld abgelehnt.
Erst war die Liebe aus dem Krefelder Kunstbetrieb verschwunden, nun sollte der Tod Einzug halten. Wo bisher die großen, grellen Buchstaben "Love" von Robert Indiana die Besucher des Kaiser-Wilhelm-Museums begrüßte, hängt nun nach teilweisem Abzug der Sammlung Lauffs eine Fotografie von Thomas Ruff, die ein Stückchen Ewigkeit einfängt: Sterne im dunklen Universum.
Mehr Ewigkeit soll es in Krefeld aber, was die Kunst betrifft, nicht geben und vor allem nicht das, was nach christlicher Glaubenslehre vor der Ewigkeit steht, nämlich das Sterben. Pläne des Mönchengladbacher Künstlers Gregor Schneider, einen Sterbenden auszustellen, werden vom Museumsdirektor Martin Hentschel abgelehnt. Das Krefelder Museum Haus Lange, die Wunschadresse, die der Künstler im Interview mit der britischen The Art Newspaper äußerte, steht für dieses Projekt nicht zur Verfügung. Was aber genau das Projekt sein soll, das kann man derzeit weder von der Stadt Krefeld erfahren noch bei der Frau, die Schneider bei dem Projekt helfen sollte. Die Düsseldorfer Pathologin Roswitha Vandieken, die Schneider nach Angaben von The Art Newspaper bei der Suche nach kunstaffinen Sterbenden helfen sollte, spricht von einer Falschmeldung. "Ich habe lediglich mit Gregor Schneider ein philosophisches Gespräch über seine Kunst gehalten", sagt sie der taz.
Beim Krefelder Kunstverein ist man über die rundweg ablehnende Haltung gegenüber Schneiders Vorhaben erleichtert. "Die Freiheit der Kunst greift hier nicht", erklärt der Vorsitzende, Paul Kathstede, der taz und wirft damit die Frage auf, wo die Kunst und folglich auch ihre Freiheit endet. Vielleicht ist es ja gerade dieses Mediengewitter über dem linken Niederrhein, das nun wirklich das Kunstprojekt ausmachen soll.
Dabei kann man der Stadt Krefeld im Umgang mit ihrer Kunst viel vorwerfen, nicht aber, dass sie das Sterben aus dem öffentlichen Leben ausschließt. Schon Mitte der Neunzigerjahre war die Aufbahrung einer Schülerin, die kurz zuvor und plötzlich an Leukämie starb, Ansatzpunkt zur breiten öffentlichen Diskussion zum Thema Todesnähe. Sollte es zulässig sein, dass das Mädchen in der Aula ihrer Schule, dem Ricarda-Huch-Gymnasium, aufgebahrt würde, wie es dem Willen der Eltern entsprach, damit sich ihre Schulkameraden von ihr verabschieden konnten? Es war!
Doch die von Schneider intendierte öffentliche Darstellung des Todesmoments kollidiert mit der Intimität, die einem Menschen behaftet. Und ist so nicht mit einer Aufbahrung toter Körper vergleichbar, die präpariert und in Pose gebracht auf Sockeln ruhen. Die Schönheit des Todes, die Schneider zeigen möchte, ist eine fragile und unvorhersehbare. Kein Eventdetail, das man leichthin planen kann.
NATALIE TENBERG
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