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Illustration: Manuel Fazzini

„Der Nachwendekindertalk“ Neues Format, neue Stimme

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Nach vier Monaten von „Mauerecho – Ost trifft West“ gewinnt der Podcast eine neue Co-Moderatorin. Auch ein neues Format wird nun alle zwei Wochen produziert.

Gemeinsam mit seiner neuen Co-Hostin Marie Eisenmann diskutiert Dennis Chiponda im neuen Format „Der Nachwendekindertalk“. über aktuelle Themen aus Politik und Popkultur. Dabei treffen sich nicht nur Ost und West, sondern auch Millennial und Gen Z.

Eisenmann ist 1999 in Konstanz am Bodensee geboren, studiert Literaturwissenschaft und hat sich in verschiedenen Projekten („Geteilte(r) Meinung“ im Literaturhaus Magdeburg und „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, PEN Berlin) mit ihrer westdeutschen Perspektive auf den Osten beschäftigt.

In der aktuellen Folge sprechen Marie und Dennis über Merz’ Regierungserklärung. In dieser hat der neue Bundeskanzler besonders junge Menschen in die Verantwortung genommen, für ihre Zukunft und ihre Chancen zu arbeiten. Der neue Bundeskanzler spricht von einem neuen Generationenvertrag. Gerade dafür fehle aber eigentlich der Austausch mit den jüngeren Generationen und die Bereitschaft, ihren Forderungen und Wünschen zuzuhören, sind sich Dennis und Marie einig. „Wenn über den Generationenvertrag gesprochen wird, ist das immer einseitig“, meint Marie.

Außerdem geht es um Merz’ Wohlstandserzählung: In seiner Generation habe sich das Versprechen des Wohlstands für alle bewahrheitet und auch für viele in Ostdeutschland eingelöst. Aber stimmt das überhaupt? „Ich weiß nicht, ob ich mich als ostdeutsche, als migrantische und queere Person davon mitgemeint fühle“, zweifelt Dennis. Gleichzeitig sei es auch ein Stereotyp, dass es allen in Ostdeutschland schlecht gehe. Viele seien auch Wen­de­ge­win­ne­r*in­nen gewesen. Außerdem sei es eine extreme Leistung, dass das Bruttoinlandsprodukt im Osten inzwischen auf 80 Prozent des westdeutschen Niveaus sei.

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Politik als Dienstleistung und der Hype um die Linke

Merz fordert in seiner Regierungserklärung alle dazu auf, sich für Deutschland zu organisieren. Der Staat seien alle. Im Gespräch stellen Marie und Dennis fest, dass viele Menschen Politik als Dienstleistung wahrnehmen. Sie wählen eine Partei, damit diese ihnen das liefert, was sie erwarten. Ein solcher Anspruch müsse tatsächlich infrage gestellt werden. Gleichzeitig wirke die Forderung, es müssten alle noch mehr arbeiten, aus der Zeit gefallen. Die Arbeitslosenzahlen seien gesunken, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden werde immer höher, Burnout-Erkrankungen seien auf einem Rekordhoch, und immer mehr Menschen seien trotzdem armutsgefährdet.

Dass die Linke es geschafft hat, viele junge Menschen für den Wahlkampf zu mobilisieren, sei als Erfolg zu werten. Trotzdem bleibe abzuwarten, ob sie es auch schafft, junge Menschen langfristig an sich zu binden

Ein zweites Thema der Folge ist die Linke: Kann sie ihrem Hype, gerade bei jungen Menschen, nach der Bundestagswahl gerecht werden? Mit 25 Prozent war sie die stärkste Kraft bei den 18- bis 24-Jährigen, doch kann sie langfristig Wahlversprechen halten? Gerade im Wahlkampf sei die Partei mit einer Mischung aus einer effektiven Social-Media-Strategie und dem Haustürwahlkampf stark gewesen, meint Dennis. „Junge Menschen sind politischer denn je, aber nicht unbedingt in klassischen Institutionen wie Parteien organisiert“, ergänzt Marie. Dass die Linke es geschafft hat, viele junge Menschen für den Wahlkampf zu mobilisieren, sei daher als Erfolg zu werten. Trotzdem bleibe abzuwarten, ob sie es auch schafft, junge Menschen langfristig an sich zu binden.

Ein weiteres Augenmerk legen Marie und Dennis auf die Außenpolitik der Partei, mit der sie und viele andere junge Menschen sich wenig identifizieren können. Die Warnung der Linken vor Kriegstreiberei und Militarismus halten sie für übertrieben. „Ich bin ein schwarzer Mann, der in den Baseballschlägerjahren großgeworden ist – wie oft haben mir Linke den Arsch gerettet, weil sie Gewalt angewendet haben, um mich zu verteidigen?“, erzählt Dennis. Dieses Prinzip lasse sich für ihn auch auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine übertragen. Es gehe um Verteidigung und nicht um Imperialismus. Er vermutet, dass der höhere Anteil an jungen Menschen in der Linkspartei langfristig dafür sorgen könnte, dass sich die Partei in diesem Punkt bewegen muss.

Als Letztes gehen Marie und Dennis noch auf die kontroverse Debatte um den Antisemitismus-Beschluss der Linken ein, die zukünftig die Jerusalem Declaration on Antisemitism (JDA) als Grundlage für die Bewertung von Antisemitismus anwenden will. Die Wissenschaft diskutiert rege über die Vor- und Nachteile der JDA und der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Wenn sich die Wissenschaft nicht einigen kann – sollte sich die Politik dann überhaupt auf eine der beiden Definitionen festlegen? Dennis befürwortet den Beschluss der Partei. Die Staatsräson ermögliche in Deutschland kaum einen kritischen Diskurs über Israels Regierung, der gerade für Linke aber sehr wichtig sei. Sich auf eine Definition zu einigen, die diese Kritik eher möglich macht, sei daher ein wichtiger Schritt.

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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