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Der Monteur als Spionin

■ Jahrelang arbeitete Gertrud Liebing als Technikerin im SED-ZK – und für die CIA

Berlin (AFP/taz) – Der US-Geheimdienst CIA verfügte in den sechziger Jahren über einen Agentenring im Apparat des Zentralkomitees der SED. Der Berliner Wissenschaftler Jochen Staadt vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin stieß in DDR-Archiven auf Akten, wonach die Spione 1966 von der Staatssicherheit enttarnt und in Geheimprozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Eine Schlüsselfigur des Agentenrings ist Jochen Staadt zufolge die 1911 in Berlin geborene Gertrud Liebing gewesen, die im August 1959 als „Monteur in der Abteilung Büro des Politbüros – Fernmeldeanlagen“ ihren Dienst beim ZK der SED begonnen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe Liebing, die als „aktives, parteiverbundenes und diszipliniertes Parteimitglied“ gegolten habe, bereits mit dem westlichen Geheimdienst zusammengearbeitet.

Der Berliner Morgenpost zufolge zog das Auffliegen des Agentenrings auch den Fall der damaligen DDR–Justizministerin Hilde Benjamin nach sich. Bei den Vernehmungen habe die Stasi erfahren, daß Hilde Benjamin lesbisch sei. Benjamin verlor 1967 ihren Posten, kurze Zeit nach der Verhaftung Gertrud Liebings. Die Spionin starb zwei Monate nach Antritt einer zwölfjährigen Zuchthausstrafe.

Der kleine, aber wirkungsvolle Agentenring hat den US-Geheimdienst unter anderem über Namen und Arbeitsgebiete von etwa 1.350 ZK-Mitarbeitern informiert. Weitergegeben wurden auch Informationen über stenographische Aufzeichnungen und Tonbandmitschnitte von Sitzungen des Zentralkomitees.

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