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Der Mietnahme-Effekt

Neuer Mietenspiegel: Keine Entspannung in Sicht. Mieter zahlen pro Jahr 40 Millionen Mark zuviel, Sozialämter treiben Preise hoch  ■ Von Sven-Michael Veit

Eugen Wagner ist immer gut für eine Überraschung. Formlos faxte der SPD-Bausenator gestern nachmittag den neuen Hamburger Mietenspiegel in die Redaktionen. Minuten zuvor war dem „Arbeitskreis Mietenspiegel“, in dem Mietervereine, Grund- und Wohnungseigentümer, Maklerverbände und Richter die Baubehörde bei der Erstellung des Zahlenwerkes beraten, mitgeteilt worden, daß sein Job beendet sei: „Die Arbeiten zum Mietenspiegel 1997 sind abgeschlossen. Vielen Dank.“

Der neue Mietenspiegel belegt einen durchschnittlichen Anstieg der tatsächlich in Hamburg gezahlten Mietpreise gegenüber 1995 um 3,3 Prozent. Das ist deutlich weniger, als die beiden Hamburger Mietervereine befürchtet hatten. „Eine Steigerung um vier bis acht Prozent“hatten der „Mieterverein zu Hamburg“und „Mieter helfen Mietern“(MHM) erwartet. Die tatsächlichen Werte sorgten für Erleichterung: „Wir sind angenehm überrascht“, so die Juristin Sylvia Sonnemann, die für MHM im Arbeitskreis Mietenspiegel sitzt.

Allerdings sei eine Entspannung vor allem bei Neubauten festzustellen. Bei Alt- und Zwischenkriegsbauten in normaler Wohnlage, der größte Teil der Hamburger Mietwohnungen, liegt die Steigerungsrate bei überdurchschnittlichen sechs bis sieben Prozent (siehe Text unten). Zwar sei das „Ende der Zahlungsfähigkeit“bei Hamburgs Mietern nunmehr dokumentiert, „für Otto Normalmieter“, konstatiert Sonnemann, „hat sich aber noch nicht sehr viel geändert“.

Noch am Vormittag hatte Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins, in einer Dokumentation belegt, daß jede vierte Mieterhöhung in Hamburg unzulässig sei. Im Schnitt würden die Mieter durch unzulässige Forderungen mit 850 Mark jährlich zur Kasse gebeten. Hochgerechnet auf die etwa 420.000 Hamburger Haushalte im freifinanzierten Wohnungsbau streichen die Wohnungseigentümer also „rund 40 Millionen Mark pro Jahr“zusätzlich ein, bilanzierte Pahlke.

Heftig attackierten Pahlke und die eigens angereiste Bundesvorsitzende des Deutschen Mieterbundes, die frühere SPD-Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs, die Hamburger Sozialämter. Mieterhöhungen für Wohnheimplätze oder für Haushalte, die von der Sozialhilfe leben, würden „ungeprüft bezahlt“. Das treibe den Mietenspiegel in die Höhe und belaste zudem den öffentlichen Haushalt.

Die Stadt Köln, schilderte Fuchs, habe im Vorjahr durch enge Zusammenarbeit mit dem dortigen Mieterverein rund 700.000 Mark gespart. Ähnliche Kooperationen liefen „in mehr als 50 Großstädten zum Nutzen der Mieter und der Stadt“. Nur Hamburg stelle sich stur. Entsprechende Vorschläge auf Bezirksebene, bedauerte Pahlke, seien „seit mehr als einem Jahr unbeantwortet“geblieben; ein Vorwurf, den MHM-Juristin Sylvia Sonnemann bestätigte: „Wir haben denen Sonderkonditionen angeboten. Keine Reaktion.“

Wolfgang Kremson aus der Chefetage des Landessozialamtes zeigte sich gegenüber der taz verwundert über die Vorwürfe. Das könne „so nicht stimmen“, die Sozialämter in den Bezirken würden Mieterhöhungsverlangen anhand des Mietenspiegels „streng prüfen“und auch schon mal ablehnen. An das Landessozialamt selbst seien die beiden Mietervereine seines Wissens „nie herangetreten“. Er werde diese „interessante Anregung gerne aufnehmen“und baldmöglichst mit seinen Amtsleitern besprechen.

Daran dürfte auch der Landesrechnungshof interessiert sein. „Das klingt, als würde es sich lohnen, das mal zu untersuchen“, erklärte der für die Sozialämter zuständige Abteilungsleiter Kai Krieger gegenüber der taz. Wenn die Behauptungen der Mietervereine „sachlich zutreffen“, so Krieger, könne er „eine Prüfung der Einsparmöglichkeiten nicht ausschließen“.

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