: Der Kongo spaltet das südliche Afrika
■ Simbabwe setzt im Kongo auf Krieg, Südafrika auf Diplomatie. Deswegen sind Afrikagipfel zum Kongo zum Scheitern verurteilt
Johannesburg (taz) – Die Außen- und Verteidigungsminister aus zwölf afrikanischen Staaten haben ein Treffen in Sambias Hauptstadt Lusaka gestern um einen Tag verlängert, um möglicherweise doch noch einen Waffenstillstand für die Demokratische Republik Kongo auszuhandeln. Die Chancen dafür standen allerdings schlecht. Am ersten Gipfeltag war es bereits zu erheblichen diplomatischen Verwirrungen gekommen.
Bis in die Nacht des Montags hinein weigerten sich die Regierungsdelegation aus dem Kongo sowie deren Verbündete aus Namibia, Angola und Simbabwe, die kongolesischen Rebellen zu den Verhandlungen überhaupt zuzulassen. Sie blieben dabei, daß die Rebellen lediglich Sprachrohre der Regierungen von Uganda und Ruanda seien. Solange nicht beide Länder zugeben würden, im Kongo einmarschiert zu sein, werde man nicht mit den Rebellen verhandeln.
Simbabwes Außenminister Stan Mudenge ließ sich sogar zu dem Satz hinreißen, sein Kollege aus Ruanda, Anastasa Gasana, sei „ein dummer Junge, dem man die Ohren langziehen müsse“. Der hatte zuvor erneut bestritten, daß seine Regierung Truppen in den Kongo geschickt habe. Schließlich wurde ein Kompromiß gefunden, um die Gesprächsrunde, die gemeinsam von der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) und der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) einberufen worden war, nicht gänzlich platzen zu lassen: Die Rebellendelegation durfte Räume im Hotel Interconti in Lusaka beziehen, wo der Gipfel stattfindet, nachdem sie zuvor in ein Hotel außerhalb der Stadt verbannt worden war. In den Gesprächen hinter verschlossenen Türen sollte gestern ein sambischer Unterhändler als Bote hin und hergehen.
Mugabe ist eifersüchtig wegen Mandelas Glanz
Angesichts der scharfen Töne in Lusaka wächst im südlichen Afrika erneut die Sorge, daß der Konflikt im Kongo zum Flächenbrand werden könnte. Innerhalb der SADC, der sowohl Kongo als auch seine Verbündeten aus dem südlichen Afrika angehören, ist der Einmarsch von Simbabwe, Angola und Namibia umstritten. Südafrika, das derzeit den SADC-Vorsitz hat, hält sich allerdings nach anfänglicher scharfer Kritik jetzt zurück. Seitdem es seinerseits Ende September im Zwergstaat Lesotho einmarschierte, um der dortigen Regierung zu helfen, muß es sich selbst Kritik an seiner Außenpolitik gefallen lassen.
Ungeachtet dessen will Präsident Nelson Mandela morgen in Südafrika eine Delegation der kongolesischen Rebellen empfangen. Gespräche mit Uganda und Ruanda haben bereits stattgefunden. Die Spannungen zwischen Mandela und Simbabwes Präsident Robert Mugabe wird dies nur erhöhen. Erst vergangene Woche hatte Mugabe angekündigt, noch mehr Truppen in den Kongo zu schicken.
Experten schätzen, daß allein Simbabwe nun rund 5.000 Soldaten im Kongo stationiert hat. Dazu kommen etwa 7.000 aus Angola und 250 aus Namibia. Ungeachtet aller Warnungen vor einer Eskalation des Konflikts hat Mugabe versprochen, seinen Freund Kabila „niemals“ im Stich zu lassen. Zwar kostet der Kongo-Einsatz Simbabwe täglich etwa eine Million Simbabwe-Dollar (ca. 50.000 DM) und spitzt die ohnehin angespannte Haushaltslage innerhalb Simbabwes weiter zu. Mugabe, innen- und außenpolitisch schwer angeschlagen, kann aber der Verführung, sich als starker Mann zu profilieren, nicht widerstehen.
Seitdem der weitaus ältere Nelson Mandela, der den größten Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht hat, in Südafrika zum Präsidenten gewählt worden ist, wacht Mugabe eifersüchtig über jeden Schritt des politischen Neulings. Mandela indessen hat den einst wichtigsten Staatsmann in der Region längst auf Platz zwei verwiesen. Innerhalb der SADC allerdings kämpft Mugabe weiter um seine Pfründe. Er ist der Vorsitzende des SADC-Sicherheitsausschusses und möchte dies auf Lebenszeit bleiben. Das ist in der Staatengemeinschaft ebenso umstritten wie die Frage, welche Kompetenzen dieser Ausschuß hat. Geht es nach Mugabe, kann er unabhängig von allen anderen SADC-Organen Treffen einberufen und dort auch weitreichende Entscheidungen treffen, wie eben die zum Einmarsch in den Kongo. Kordula Doerfler
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