: Der IGM laufen die jungen Frauen weg
■ Studie der Metallgewerkschaft zeigt: Frauen mögen Gremienarbeit nicht
Frankfurt am Main (taz) – Mädchen mögen keine männerdominierten Hierarchien; gewerkschaftsinterne Studie setzt auf Quotierung und weiblichen Diskurs in den Ortsverbänden; nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die IG Metall: Das ist das Ergebnis einer Studie, die den Ursachen des alarmierenden Schwunds junger Frauen in der Gewerkschaft nachspüren sollte. Und der sei, so Vorstandsfrau Gudrun Hamacher gestern vormittag, seit 1991 überproportional höher als der allgemeine Mitgliederverlust in Massenorganisationen.
Das liege, fand die Sozialwissenschaftlerin Barbara Stiegler heraus, nicht daran, daß die bis zu 25jährigen unpolitisch seien. Im Gegenteil: Sie sind engagiert, sozial sensibel und ökologisch interessiert – aber nicht in den hierarchischen und vom Alltag entfernten Strukturen. Ihre Ablehnung sei nicht nur den äußeren, meist männerdominierten Umständen oder einer Selbstfestlegung auf die passive weibliche Rolle geschuldet. Oft finde die Verweigerung bewußt statt und berge in sich „ein fortschrittliches Moment“, das aber völlig übersehen werde: „Wir können nicht ständig Benachteiligung predigen.“
Schon deshalb nicht, weil dies nicht dem Selbstbild jener jungen Frauen entspreche, die oft hochqualifiziert und -motiviert seien und mit besseren Schul- und Prüfungsabschlüssen aufwarteten als ihre männlichen Kollegen. Beheben lasse sich der eklatante Mangel an weiblichem Nachwuchs nur durch gewerkschaftsinterne Reformen. Zu denen gehöre auch die Quotierung.
Stieglers Studie setzt auf eine Doppelstrategie, die im gewerkschaftlichen Verwaltungsbereich ressortübergreifend die weibliche Sicht der Arbeits- und Lebenswelt in den internen Diskurs, vom Freizeitbedürfnis bis zur Tarifverhandlung, einbezieht. Ein Pilotprojekt dieser Art, so Hamacher in festem Glauben an die Reformfähigkeit der Funktionäre, habe gerade im Ortsverband Bremen begonnen. Geplant sei zudem eine Kampagne für mehr Mädchen in gewerblich- technischen Berufen. Anders als vor 20 Jahren soll sie um Berufe im ökologischen Bereich erweitert werden. Heide Platen
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