: Der Gewinner ist der Verlierer
■ Kenias Präsident Moi vor dem glanzlosen Wahlsieg
Es ist eigentlich schon fast egal, ob Kenias amtierender Präsident Daniel arap Moi aus der Auszählung der Stimmen der Wahlen vom 29. Dezember als Sieger hervorgeht oder nicht. Auch wenn er formal als Gewinner endet, wofür derzeit vieles spricht, wird er als moralischer Verlierer dastehen. Das Chaos, das zur Verlängerung der Wahlen um einen Tag führte und trotzdem vielen Bürgern die korrekte Stimmabgabe nicht ermöglichte, war in der kenianischen Geschichte beispiellos – und größer als in solchen afrikanischen Ländern, deren administrative Kapazitäten kleiner sind als die Kenias. Man muß den Oppositionsführern des Landes daher recht geben, wenn sie meinen, die von der Regierungspartei Kanu beherrschte Wahlkommission habe das Chaos wohl bewußt herbeigeführt, um Manipulationen zu erleichtern. Da kurioserweise sogar Präsident Moi der Wahlkommission Fälschungsvorwürfe macht, kann nun eigentlich niemand mehr das Endergebnis der Wahlen widerspruchslos anerkennen. Eine Wahlwiederholung unter korrekten Umständen wäre das mindeste, was Moi jetzt tun müßte, um einer eventuellen Fortdauer seiner Herrschaft den Anschein von Legitimität zu geben.
Da Moi aber die Wahlen im Falle seines Sieges voraussichtlich nicht wiederholen lassen wird, droht ein Legitimitätsverlust – und zwar nicht nur ihm, sondern allen Institutionen des Landes. Der Weg einer enttäuschten Opposition von der Wahlurne zum Gewehr, von der Mitarbeit in halbwegs funktionierenden pluralistischen Organen bis zur generellen Infragestellung des politischen Systems ist in Afrika heutzutage sehr kurz. Daß Moi nun wahrscheinlich sowohl in der Wahlkommission wie auch in der Kanu Köpfe rollen lassen wird, ist darauf keine befriedigende Reaktion. Noch herrscht Ruhe auf Kenias Straßen, was einerseits für die relative Reife des Landes spricht, andererseits aber einfach der Feiertagssaison zuzuschreiben sein könnte. Schon morgen aber wollen radikale Regimegegner in Kenia eine Gegenregierung ausrufen.
An der Reaktion des Staates darauf wird sich die nähere Zukunft Kenias entscheiden. Nachdem das Regime die Herausforderung der Wahl trotz ihres sich abzeichnenden Sieges nicht bestanden hat, bekommt es hier eine letzte Chance, das Abgleiten des Landes in Polarisierung und Gewalt zu vermeiden. Dominic Johnson
Bericht Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen