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■ Der Friedensprozeß in Angola ist offenbar gescheitert. Die Unita, die ihre Kämpfer nie demobilisiert hat, brennt schon wieder ganze Dörfer nieder und treibt die Bewohner in die Flucht. Und die UNO? Befindet sich "im Dialog".Die Unita füh

Der Friedensprozeß in Angola ist offenbar gescheitert. Die Unita, die ihre Kämpfer nie demobilisiert hat,

brennt schon wieder ganze Dörfer nieder und treibt die Bewohner in die Flucht. Und die UNO? Befindet sich „im Dialog“.

Die Unita führt die UNO vor

Die UNO in Angola ist entsetzt. Seit Tagen, so gab kürzlich ein UN-Bulletin die Klage eines humanitären Helfers wieder, brächten die staatlichen angolanischen Medien „richtig schreckliche Nachrichten“. Da sei von brutalen Angriffen der Unita-Rebellen die Rede, von Greueltaten und Fluchtbewegungen. Mit solchen Berichten, so die UNO, schüre die Regierung doch Feindseligkeit.

Die UNO scheint nicht wahrhaben zu wollen, daß der seit 1994 eher schleppende Friedensprozeß in Angola offenbar endgültig dabei ist, zu scheitern – womit auch eine der teuersten UN-Missionen der Geschichte mit 1.100 Blauhelmsoldaten und zahlreichen militärischen und politischen Beobachtern am Ende wäre. Statt dessen sieht die UNO zu, wie ihr das politische Kapital zwischen den Fingern zerrinnt, das sie in das Friedensabkommen von 1994 zur Beendigung des jahrzehntelangen Bürgerkriegs gesteckt hatte.

Gestern billigte das angolanische Parlament Angriffe der Regierungsarmee auf die Unita-Rebellen und gab damit offiziell grünes Licht für einen neuen Krieg. Bekanntlich haben die Unita-Rebellen von Jonas Savimbi ihre Truppen nie vollständig demobilisiert. Trotzdem wurde die Unita im März 1998 offiziell als politische Partei anerkannt, womit der Bürgerkrieg vorbei schien. Doch seitdem hat die Unita nach Regierungsangaben 55 Ortschaften wieder besetzt, die sie bereits geräumt hatte.

Vor allem seit dem Tod des UN- Sonderbeauftragten Alioune Blondin Beye bei einem Flugzeugabsturz Ende Juni, der die UNO in Angola führungslos gelassen hat, nehmen die Kämpfe zu. In allen Teilen des Landes hat die Unita begonnen, alte Bürgerkriegsstellungen wieder einzunehmen.

Bei ihren Besetzungsaktionen, so berichtet der BBC-Rundfunk, brennen die Unita-Einheiten ganze Dörfer ab und treiben die Bewohner in die Flucht. Nach UN- Schätzungen sind 91.000 Menschen in Angola aus ihrer Heimat vertrieben worden, nach Regierungsangaben über 150.000. Beides scheint untertrieben, da Hilfsorganisationen und UNO zu weiten Landesteilen keinen Zugang haben. Der UN-Kommandeur in der Provinz Huambo sagte am vorletzten Wochenende, in seiner Provinz sei eine massive Fluchtbewegung im Gange, aber die meisten Hilfsorganisationen seien dabei, zu verschwinden. Letzte Woche meldete das UN-Welternährungsprogramm für die Provinz Huambo 21.127 neue Kriegsflüchtlinge.

Die meisten Vertriebenen landen ohne jegliche Versorgung an den Rändern größerer Ortschaften und berichten, ganze Landstriche würden systematisch entvölkert. Man darf dabei nicht vergessen, daß immer noch rund 1 Million der 11 Millionen Einwohner Angolas trotz des Friedensschlusses von 1994 bisher nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten.

Der Grund für das Wiederaufleben des Krieges ist vermutlich ein wirtschaftlicher. Das Friedensabkommen von 1994 beruhte auf der stillschweigenden Teilung Angolas: Die Regierung kontrolliert die Ölförderung an der Küste, die Unita verwandelt sich in ein als Partei getarntes Unternehmen, das die Diamantenminen im Nordosten des Landes ausbeutet. Aber seitdem entdecken internationale Ölkonzerne vor Angolas Küste ein riesiges Ölfeld nach dem anderen, während die Möglichkeiten der Unita zum Diamantenexport schrumpfen: Die bisherigen Schmuggelpfade über Zaire sind seit dem Sturz der dortigen Mobutu-Diktatur 1997 weitgehend gesperrt, und aufgrund der Asienkrise gehen die Umsätze im Diamantenhandel rapide zurück.

Die Auswirkungen des neuen Krieges erstrecken sich über Angola hinaus. An die 30.000 Menschen sind in den letzten Wochen in das benachbarte Kongo geflohen, darunter Polizisten und UNHCR-Mitarbeiter. Am 14. Juli beschlossen die Präsidenten Angolas, Kongos und Namibias bei einem Gipfeltreffen, „gemeinsam zu handeln, um den Unita-Führer von Aktivitäten abzuschrecken, die die Sicherheit unserer Länder gefährden“.

Und was tut die UNO? „Wir befinden uns im Dialog“, beantwortete der Kommandeur der UN- Truppen in Angola, General Kofi Obeng, am Montag in New York Journalistenfragen nach einem erfolglosen Vermittlungsversuch. „Dieser Dialog ist ein langer Prozeß. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange er dauert. Aber ich kann Ihnen sagen, daß wir geduldig sein müssen.“ Dominic Johnson

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