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Der Friedenspreis, kein Preis des Friedens

■ Von Straßenschlachten und RAF-Transparenten – ein Literaturpreis als Teil der Geschichte

Frankfurt/Main (dpa) – Die Verleihung des Friedenspreises durch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist wiederholt auf Kritik gestoßen. Mehrmals kam es zu Auseinandersetzungen vor und während der Preisverleihungen. An Heftigkeit unübertroffen war 1995 der Streit um die deutsche Orientalistin Annemarie Schimmel, der Kritiker mangelnde Distanz zu fundamentalistischen Positionen des Islam vorhielten.

Umstritten war auch 1980 die Wahl des nicaraguanischen Priesterrebellen und Ministers Ernesto Cardenal zum Preisträger. 1968 hatte die Entscheidung für den senegalesischen Staatspräsidenten Leopold Senghor vor der Paulskirche zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und vorwiegend studentischen Demonstranten geführt.

1974 und 1981 wurde die Feierstunde in der Paulskirche von RAF-Sympathisanten gestört. Unmittelbar nach der Übergabe des Preises an den Gründer und Prior der ökumenischen Bruderschaft von Taize im französischen Burgund, Roger Schutz, hatte ein Sprecher das Mikrofon erobert. Der Sprecher des linksorientierten „Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD“ forderte den Geistlichen auf, Stellung zugunsten dieser Inhaftierten zu beziehen, und verlas eine Hungerstreik-Erklärung. Unterstützt von Sympathisanten kam es auf dem Podium zum Handgemenge.

Nach der Feierstunde für den russischen Schriftsteller und Dissidenten Lew Kopelew 1981 erhoben sich in der Paulskirche zwei Gruppen und forderten die Zusammenlegung von RAF-Häftlingen. In Sprechchören und auf Transparenten bezeichneten sie sich als Familienangehörige der Gefangenen.

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