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Der Eilzug kommt

■ HSV fährt mit der Bahn und bringt 4:0 aus Bochum mit

Am Anfang war die Bahn. Am Anfang eines Betriebsausfluges, an dessen Ende Sätze standen wie „wir sollten alles nochmal so machen wie heute“ (HSV-Manager Wehmeyer). Zum ersten Mal seit drei Jahren war der Hamburger SV wieder mit dem Zug zu einem Auswärtsspiel gefahren. Es hat sich gelohnt.

Nicht dass das 4:0 gegen den VfL Bochum an sich zu einer außergewöhnlichen Meldung reichen würde – es war eben das Spiel eines Champions League-Teilnehmers gegen einen Aufsteiger. Und nicht, dass nach dem Spiel alle Hamburger mit einem Schmunzeln ihre Kabine verließen, war das Besondere. Es war die Erkenntnis, dass auch vier Tage vor so einem wichtigen Spiel wie dem am Mittwochabend gegen Juventus Turin guter Fußball nicht Mangelware sein muss und an Schonung für das noch Folgende nicht gedacht wird.

Bereits in der Halbzeitpause hatte Manager Wehmeyer erläutert, dass sich jeder „für das Juve-Spiel präsentieren“ wolle und verstärkt darauf gepocht, dass „heute Bundesliga“ sei. 2:0 stand es zu jenem Zeitpunkt. Nico Kovac nach einem Freistoß per Kopf und Mahdavikia hatten die Fehler der überforderten Bochumer Abwehr ausgenutzt. Die Hamburger kontrollierten danach das Spiel und vergaßen auch nicht, „en passant“ nachzulegen. Sergej Barbarez, verantwortlich für den Doppelpack zum 4:0, wusste, was er zu sagen hatte: „Ich spiele da, wo der Trainer mich aufstellt.“ Punkt.

Dieser Satz war mehr als der Ausspruch eines glücklichen Spielers ob seiner zwei Tore. In Hamburg ist die Vielseitigkeit das Sys-tem. Selten gab es vor einem Spiel so viele Unklarheiten über die Aufstellung. Mit einer Art 3-3-4, also vier offensiven Kräften, jedoch ohne die gelernten Stürmer Präger und Yeboah, hatte Frank Pagelsdorf überrascht. Er kenne Sergej Barbarez sehr lange und wisse, dass dieser auch Stürmer spielen könne. Recht hatte er. Das System Hamburg baut auf die vielseitige Verwendbarkeit seiner Einzelstücke. Ohne echten Libero begonnen, fand sich im Verlaufe des Spiels zuerst Nico Kovac und später Martin Groth als Absicherung nach hinten. Und so war erneut jener uns bekannt vorkommende Satz von Kapitän Groth zu vernehmen: „Ich mach das, was fürs Team gut ist.“

Verglichen mit der letzten Auswärtsvorstellung in Berlin (0:4-Pleite) entsprach das in Bochum Vollführte einer totalen Kehrtwendung. „Wir haben einfach den Schalter von Abwehr auf Angriff besser umgelegt“, resümierte sodann Marcel Ketelaer. Auch Frank Pagelsdorf zeigte sich über das Zusammenspiel der Mannschaftsteile sehr erfreut. Ob es ihm jetzt leichter fällt, 1,5 Kilogramm pro Monat abzunehmen, wie er mit seiner Frau gewettet hat? Wenn nicht, bleibt ja noch das Spiel gegen Juve. Ansons-ten eben eine Woche bügeln, saugen, putzen. Florian Bauer

HSV: Butt, Panadic, Hoogma, Hertzsch, Groth, Kovac, Cardoso (Präger), Hollerbach (Töfting), Mahdavikia, Barbarez, Ketelaer (Spörl). Tore: 0:1 Kovac (24.), 0:2 Mahdavikia (33.), 0:3 Barbarez (56.),0:4 Barbarez (60.).

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