Der Apparat der CDU muss saniert werden – und das wird dauern: Kohl war nicht allein
Helmut Kohl hat seiner Partei nicht gedient, er hat sie sich zu Eigen gemacht – und das 25 Jahre lang, die Hälfte ihrer Geschichte. Kein Wunder, dass für viele Mitglieder und Wähler der Ehrenvorsitzende und seine Partei eins sind. Kohl war die CDU, ohne ihn wollte sie bis vor kurzem keiner denken. Dafür hat auch er selbst gründlich gesorgt. Wer das historische Denkmal Kohl also heute von seinem selbst erbauten Sockel stürzen will, der muss aufpassen, dass er nicht unter der schwarzen Masse begraben wird.
Das wissen auch die CDU-Oberen um Wolfgang Schäuble und Angela Merkel, weshalb sie bis heute bieder und treu die Parole ausgeben: „Fehler aufklären“ ja, aber, bitte schön, „das Erbe bewahren“. Solche Sätze druckt dann auch die FAZ umkommentiert ab, schließlich ist Kohl einer ihrer Werbeträger, der sich zuletzt gern hinter dieser Zeitung versteckte. Und um die Sache abzurunden, lässt einer der Frankfurter Chefkommentaren nichts unversucht, um selbst die absurdesten Ausreden in der Parteispendenaffäre zu erklären und seinen Lesern verständlich zu machen. Auch das ist Aufklärung.
Angela Merkel hingegen muss man lassen: Sie hat als Erste erkannt, dass die CDU Kohl loswerden muss. Und das so schnell wie halbwegs pietätsvoll. Denn: Nicht nur der Ehrenvorsitzende ist das Problem, sondern auch die Partei. Schließlich funktioniert die CDU heute so, wie Kohl sie gestaltet hat. Dabei handelt es sich längst nicht um ein machiavellistisches System – das wäre zu viel der historischen Ehre: Nein, die CDU wurde dank Kohl und seiner Generalsekretäre Biedenkopf und Geißler in den Siebziger- und Achtzigerjahren zu einer effektiven Politikmaschine getunt. Sie funktionierte spätestens seit dem politischen Aus des Kohl-Konkurrenten Franz Josef Strauß 1980 wie geschmiert – und zwar von den Ortsverbänden bis in die Parteispitze.
Der Vorsitzende bestimmt die Richtung, und alle folgen brav. Die SPD blieb in all der Zeit ein netter Chaosverein, wo jede Gruppierung ihren Weg suchte. Erst Franz Müntefering brachte die Sozialdemokraten 1998 auf den organisatorischen Stand der Konkurrenz. Die dunkle Seite der CDU-Parteimaschine – das wissen wir seit fünf Wochen – war deren dubiose Geldbeschaffung und Geldverteilung. Nur so offenbar konnte Kohl mit seinen bislang schweigsamen Vasallen die Partei reibungslos managen. Eine saubere CDU wird es erst wieder geben, wenn Merkel & Co. die Christdemokraten komplett in ihren Strukturen sanieren. Ohne Kohl. Daniel Haufler
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