: Denkmäler für den Lebensbaum
■ Die Bremerin Elke Kramer eröffnet mit „Wächtern“ und beseelten Figuren eine neue Galerie
Bei diesen Figuren kann eigentlich nichts schief gehen. Hoch gewachsen und mit emporgestreckten Flügeln stehen sie da im zweiten Obergeschoss eines Eckhauses unweit der Sielwallkreuzung und passen auf. „Wächter“ nennt die bei Frankfurt lebende Bildhauerin Gabriele von Lutzau ihre Figuren. Und diese stattlichen, an indianische Totems erinnernden Skulpturen haben in den nächsten Wochen auch viel zu tun. Erstens sollen sie das erste Bremen-Gastspiel der Bildhauerin zu einem Erfolg machen, und zweitens beschirmen sie die Eröffnung der neuen Galerie Kramer im Steintor.
„Die Elke Kramer weiß genau, was sie will“, sagt von Lutzau über ihre frischgebackene Bremer Galeristin. Die studierte Kunst- und Kulturwissenschaftlerin ist durch von Lutzaus Atelier in Michelstadt im Odenwald marschiert und hat die Stücke für die Ausstellung genau ausgesucht. Dabei, sagt sie selbst, hatte sie im Kopf, wofür sich ihre KundInnen interessieren könnten. Elke Kramer ist zwar neu auf der Bühne der Bremer GaleristInnen, aber wie eine Anfängerin verhält sie sich nicht.
Unten im Haus betreibt ihr Mann das Kunstpostkarten-Geschäft „art 'n card“. Als oben im zweiten Stock ein 80-Quadratmeter-Appartement frei wurde, hat sie zugegriffen. Ihr Programm plant sie unabhängig vom Geschäft. Dennoch gibt es eine Art Cross-Promotion: Ein „Wächter“ unten im Schaufenster weist auf die Ausstellung oben hin, und vielleicht interessieren sich die KäuferInnen von Reproduktionen auch mal für Originale.
In dieser Hinsicht spielt Gabriele von Lutzau in einer hohen Liga. Bis zu 18.000 Mark nimmt die gerade vom erfolgreichen New-York-Debüt zurückgekehrte Künstlerin für ihre Großskulpturen. Neben den „Wächtern“ gehören auf zwei, drei oder vier dünnen Beinen stehende, oben schwere Figuren in Lebens- und Überlebensgröße dazu.
Für die 1954 in Wolfsburg Geborene sind diese mit der Kettensäge immer aus einem Stück gefertigten Arbeiten Denkmäler. Ein Nachbar fällte eines Tages eine Hecke aus Tuja (Lebensbaum). Sie nahm ihm die Stämme ab und bedient sich seither auch auf Friedhöfen, auf denen Tuja oft nach wenigen Jahren noch als Zwerge gefällt werden, obwohl diese Bäume 50 Meter und höher werden können. Konsequent verwendet sie auch von Unfällen ramponierte Straßenbäume und setzt ihnen, zu Herzformen weiterverarbeitet, ebenfalls Denkmäler. Neuerdings erweitert von Lutzau ihr Spektrum auch um – teure – Bronze und trägt ihre Ausstellungserlöse gleich weiter zum Gießer.
Einen Wald von Skulpturen hat die putzmuntere Bildhauerin nach Bremen mitgebracht. Der eignet sich auch für Cross-Over-Projekte. In Frankfurt waren diese Arbeiten schon Bühne für eine Tanzperformance. Eines Tages will sie die in Bremen zeigen. Zunächst wird die Kunst „nur“ mit Musik konfrontiert. Der junge Komponist Marco Nola führt zur ersten Eröffnung in der Galerie zwei Stücke für Flöte, Bratsche und Cello auf. ck
Bis zum 15. Juni in der Galerie Kramer, Vor dem Steintor 46. Eröffnung mit Musik von Marco Nola am Freitag, 11. Mai, um 20 Uhr.
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