Deniz Yücels Buchpremiere: Yücel wird kein Exil-Korrespondent
Der Journalist Deniz Yücel war ein Jahr im türkischen Knast. In Kreuzberg stellt er das Buch „Agentterrorist“ vor. Zurück in die Türkei geht er nicht.
Er wolle sich aber weiter mit dem Land beschäftigen. „Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass ich mit alledem nichts mehr zu tun haben will. Ich glaube vielmehr, dass weder die Türkei mit mir fertig ist noch ich mit der Türkei“, sagte er.
367 Tage lang befand sich der Türkei-Korrespondent der Welt und ehemalige taz-Mitarbeiter und taz-Kolumnist Deniz Yücel in türkischer Untersuchungshaft. Wie vielen JournalistInnen wurde ihm Terrorpropaganda vorgeworfen. Seine Inhaftierung führte zu einer Verschlechterung des politischen Verhältnisses zwischen Deutschland und der Türkei. Am 16. Februar 2018 wurde Yücel aus der Haft entlassen. Er kehrte am selben Tag nach Deutschland zurück. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte Yücel unter anderem als „Agentterrorist“ bezeichnet.
So heißt auch Yücels neues Buch, das er am Montag in Berlin vorstellte und das am Donnerstag erscheint. Darin verarbeitet er unter anderem die einjährige Untersuchungshaft. In den nächsten zwei Monaten wolle er mit dem Buch auf Lesetour gehen, 50 Lesungen seien geplant, sagte Yücel. Dann wolle er aber einen Punkt setzten und wieder als Journalist arbeiten. Er sei nach wie vor Angestellter der Welt und wolle nach der Lesetour auch wieder für die Zeitung schreiben, „wo auch immer“.
Egal, was das Gericht sagt
Mit seiner Entlassung aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul durfte Yücel im Februar 2018 ausreisen. Sein Prozess wegen Volksverhetzung und Terrorpropaganda geht jedoch weiter. Nächster Verhandlungstermin ist der 17. Oktober.
Yücel sagte, es sei ihm egal, ob ein Urteil falle oder nicht. „Was dieses Gericht sagt, das ist mir völlig gleichgültig. Das Gericht urteilt nicht, es ist ein Ausführungsorgan.“ Die türkische Justiz sei noch nie so „völlig der politischen Führung unterworfen“ gewesen wie jetzt. Nach dem Putschversuch vom Juli 2016 und den sogenannten Säuberungen in der Justiz seien nur noch Opportunisten oder fanatische Anhänger Erdoğans übrig geblieben. „Der türkische Staat war noch nie so heruntergekommen wie jetzt“, sagte Yücel. Die Türkei werde lange brauchen, um diese Ruinen wieder aufzubauen.
Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Seitdem geht die türkische Führung gegen angebliche Gülen-Anhänger, aber auch gegen Oppositionelle vor. Mehr als 100.000 Staatsbedienstete wurden entlassen, darunter Richter und Staatsanwälte. Zehntausende Menschen wurden verhaftet.
Auch Deutsche geraten immer wieder wegen angeblicher Terrorverbindungen oder des Vorwurfs der Präsidentenbeleidigung ins Visier der türkischen Justiz. Erst in der vergangenen Woche waren insgesamt sieben deutsche Staatsbürger festgenommen worden. Vier davon sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, dürfen aber nicht ausreisen.
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