Demos zum 1. Mai in Chemnitz: Gemeinsam gegen rechten Aufmarsch
Im sächsischen Chemnitz ruft die Neonazi-Partei „Der dritte Weg“ zum „Arbeiterkampftag“ auf. Es sind zahlreiche Gegenproteste geplant.
Die Polizei legt den Fokus ihres Einsatzes auf die Trennung der entgegenstehenden Veranstaltungen in der Stadt. „Nach derzeitiger polizeilicher Lagebeurteilung können Störungen nicht ausgeschlossen werden“, teilte die sächsische Polizei im Vorfeld mit. „Einsatzziel wird sein, unter Wahrung des Neutralitätsprinzips allen Teilnehmern das zu gewährleisten, was das Versammlungsrecht vorsieht.“ Wasserwerfer stehen zum Einsatz bereit. Von oben wird ein Polizeihubschrauber die Demonstrationen aufzeichnen und Übersichtsbilder an die Beamten am Boden liefern. Außerdem sollen drei stationäre Kameras eingerichtet werden. Die Polizei Chemnitz wird von weiteren sächsischen Polizeidienststellen, Bereitschaftspolizisten aus Bayern und NRW sowie der Bundespolizei unterstützt.
Neben dem „Dritten Weg“ haben vier Gruppen Veranstaltungen angemeldet, alle rufen zur Demonstration gegen die Rechten auf. Neben mehreren Kundgebungen ist ein Kulturfestival gegen Rechts geplant, auf dem auch die Band Kraftklub spielen wird. Das Bündnis „Chemnitz Nazifrei“ versammelt DemonstrantInnen ab neun Uhr nördlich vom Hauptbahnhof, trifft unterwegs auf die Demo des Chemnitzer Studierendenrates und endet offiziell auf dem Platz des Kulturfestivals weiter südlich im Stadtzentrum – wenige Straßen neben dem geplanten Start- und Endpunkt der Neonazis, die um elf Uhr losziehen wollen. An zwei Stellen könnten linke und rechte Demonstrationen nach bisheriger Planung aufeinandertreffen. Die Routen können jedoch von der Polizei noch kurzfristig umgeleitet werden.
Deutschlandweit größte rechte Demonstration
Auf der DGB-Kundgebung, die um 10 Uhr startet, sollen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der DGB-Bezirksvorsitzende Markus Schlimbach sprechen. Im Anschluss sollen die TeilnehmerInnen unter dem Motto „Solidarität – Vielfalt – Gerechtigkeit“ einen recht kurzen Weg in Richtung Kulturfestival ziehen. Die Gewerkschaftsdemo richtet sich explizit auch gegen die Rechten. Sachsens Vizeministerpräsident Martin Dulig sowie die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (beide SPD) werden dort erwartet.
Einst war es die taz, die auf taz.de anlässlich des 1. Mai den Liveticker erfand, auf dem wir permanent berichten, was geschieht: In Reportageschnipseln, nachrichtlich und über Skurriles am Rande des Geschehens. Auch in diesem Jahr liefern Reporter*innen Texte, Analysen und Aktuelles für unseren Liveticker.
In diesem Jahr haben wir unser Angebot um ein Versuchsprojekt ergänzt, das es so noch nie gab: Mit der ganztägigen taz-#Maischalte, der größten Livestream-Konferenz der Republik. Was das soll, erklärt Martin Kaul im Hausblog.
Der rechtsextreme Aufmarsch könnte derweil die deutschlandweit größte rechte Demonstration zum Tag der Arbeit werden. Unter dem Motto „Kapitalismus zerschlagen! Für Familie, Heimat, Tradition“ hat der „Dritte Weg“ deutschlandweit mobilisiert: die Demonstration wird wohl Neonazis aus ganz Sachsen und Bayern anziehen. In den beiden Freistaaten ist die Kleinpartei hauptsächlich aktiv. Sie wurde 2013 gegründet, ist laut Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und lehnt ein demokratisches Wertesystem ab. Nach dem jüngsten Verfassungsschutzbericht (2016) strebt die Partei „nach einer Gesellschaftsordnung in Anlehnung an den historischen Nationalsozialismus“.
In Leipzig, wo in den letzten Jahrzehnten immer wieder auch rechtsextreme Maidemonstrationen stattfanden, hatten sich zuletzt immer weniger rechte TeilnehmerInnen versammelt. Nachdem im vergangenen Mai im sächsischen Sinne „nur“ noch 300 Neonazis durch ein Spalier von Gegenprotesten gelaufen waren, hatte der sächsische Landesverband der Partei „Die Rechte“ die Versammlungsanzeige für 2018 zurückgezogen. Linke Aktionsgruppen reagierten auf die Ortsverlegung der jährlichen Nazidemo und hatten heute eine gemeinsame Anreise für die Leipziger GegendemonstrantInnen vom dortigen Hauptbahnhof organisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen