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Demos vor Homoehe-VerhandlungenAuf den Spuren von Harvey Milk

Ab Donnerstag verhandeln Kaliforniens Richter erneut über das Verbot der Homoehe. Am Vorabend mobilisieren Homosexuelle und Sympathisanten zu Demonstrationen.

Kämpfen gegen die Annullierung von 18.000 Homoehen: Kundgebung in San Francisco. Bild: ap

Der Kampf der Homosexuellen für Gleichberechtigung in Kalifornien geht in die entscheidende Runde. Am Mittwoch abend versammelten sich in den größeren Städten tausende Aktivisten und Sympathisanten. In San Francisco marschierten sie mit Transparenten und Kerzen vom Harvey-Milk-Plaza zum Obersten Gerichtshof. Dort beginnen am Donnerstag morgen die Anhörungen zur Klage gegen Prop. 8, einer per Volksentscheid beschlossenen Verfassungsänderung, die Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren verbietet.

Genau vor einem Jahr hatten die Richter schon einmal über dieses Thema beraten - damals kippten sie das Verbot der Homoehe. Nun müssen sie innerhalb von 90 Tagen entscheiden, ob diese Entscheidung aufrecht erhalten werden soll oder nicht.

Über Proposition 8 wurde in Kalifornien parallel zur Präsidentenwahl im November letzten Jahres abgestimmt. Während die Nation mit Obama für mehr Gleichberechtigung und besseren Schutz der Grundrechte stimmte, entschieden sich 52 Prozent der Wähler an der Westküste dafür, diese Rechte den Schwulen und Lesben zu entziehen. Über Nacht wurde damit die Ehe von 18.000 Paaren ungültig - und der Queer-Communtiy wurde klar, dass Kalifornien kein garantiert sicheres Schutzgebiet für sie ist.

Für die Betroffenen geht es um mehr als nur ums Heiraten: Die Ehe gilt den Gegner von Prop. 8 als Symbol für die Gleichheit aller vor dem Recht. John Lewis von Marriage Equality, einer bundesweiten LGBT (LesbianGayBiTrans)-Organisation, gab im Juni 2008 seinem Partner Stuart Gaffney das Ja-Wort. Er sagt: "Wir wissen jetzt wie es ist, wenn man gleichberechtigt behandelt wird. Wir haben die bessere Welt gesehen. Es ist keine Fantasie."

Doch nun mehrt sich die Kritik an der Kampagne, die die Homoverbände gegen das Eheverbot inszeniert haben. Kip Williams ist ein junger Aktivist aus San Francisco und designt Online-Kampagnen für Non-Profit-Organisationen. "Die Kampagne war kulturell inkompetent", meint er. Sie habe verpasst, die Anführer afro-amerikanischer und Latino-Verbände miteinzubeziehen. Außerdem zeigten die Wahlkampfspots im Fernsehen und im Internet nur heterosexuelle Eltern, Freunde oder Geschwister von Schwulen und Lesben. "Wo waren die Gesichter von den Menschen, um die es ging?"

Einen Tag nach den desaströsen Novemberwahlen rief Kip zusammen mit anderen die Gruppe "One Struggle - One Fight" ins Leben. Ziviler Ungehorsam und Brückenschlagen ist ihr Motto. "Homosexuelle sind in allen sozialen Gruppen vertreten. Wir haben die gleichen ökonomischen Probleme wie andere." Ende März haben er und seine Mitstreiter einen fünftägigen Fußmarsch von San Francisco in die Hauptstadt Sacramento geplant. Unterwegs wollen sie mit den Menschen in den ländlichen Gegenden von Nordkalifornien ins Gespräch kommen.

Auch Paulie Schreck ärgert sich, dass eine wichtige Gruppe in der Debatte keine Stimme hatte: die Kinder von homo- oder transsexuellen Eltern. "Schwule und lesbische Eltern wissen gar nicht, was ihre Kinder durchmachen", sagt sie." Es geht hier nicht nur um Homosexuelle, sondern um Familien." Schreck engagiert sich bei Colage, einem Netzwerk für Kinder mit homo- oder transsexuellen Eltern. Heute trägt sie einen blauen Button am Mantel, auf dem steht "Stolze Tochter einer lesbischen Mutter". Sie gibt aber auch zu, dass es lange gedauert hat, bis sie dieses Gefühl bekam. "Hätte meine Mutter heiraten können, wäre es für mich einfacher gewesen, die Situation zu akzeptieren."

Die Kundgebung am Mittwoch abend zeigt, dass die Organisatoren offensichtlich gemerkt haben, dass sie den Kampf gegen das Schwulenehe-Gesetz nicht alleine gewinnen können. Zu den Sprechern auf dem Stufen vor dem Obersten Gerichtshof gehörte ein Vertreter der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), die für Bürgerrechte der afro-amerikanischen Bevölkerung kämpft, und der elfjährige Samuel, Sohn zweier Lesben.

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2 Kommentare

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  • I
    Icefee

    "Das Problem ist doch eigentlich, dass man das Konzept der Ehe von der biologischen Elternschaft trennen will"

    wer sagt denn das??? warum lieben sich zwei gleichgeschlechtliche? waum, weil sie sich lieben und deshalb gleichberechtigt sein wollen. ob mit kind oder ohne. das Menschenrecht des Kindes sollte gewahrt werden/bleiben.

  • T
    Thomsen

    "Der elfjährige Samuel, Sohn zweier Lesben"

     

    Hat der Junge auch einen Vater, oder handelt es sich um ein biologisches Wunder?

     

    Wie ist es eigentlich mit dem Menschenrecht eines jeden Kindes bestellt, seine Mutter und seinen Vater zu kennen, und mit beiden eine emotionale Beziehung zu haben?

     

    Das Problem ist doch eigentlich, dass man das Konzept der Ehe von der biologischen Elternschaft trennen will. Während es ursprünglich zu deren Schutz dienen soll.

     

    Der Vergleich mit einer Ehe zwischen "Schwarzen" und "Weissen" in diesem Zusammenhang ist an den Haaren herbeigezogen.