Demonstrationen in Berlin 2018: Lieber stehen als gehen
13 Protestveranstaltungen am Tag – in Berlin wird für und gegen alles demonstriert. Gewalt gibt es dabei kaum; die Polizei könnte darauf reagieren.
Die drei Veranstaltungen ragten heraus aus einer Menge von insgesamt 4.446 bis Ende November, davon 490 Demonstrationen und 3.956 Kundgebungen – so die offizielle Statistik, die der grüne Abgeordnete Benedikt Lux in einer Kleinen Anfrage erbeten hat. Die BerlinerInnen stehen also lieber, als sie laufen, das aber zumindest mit Ausdauer.
13 Proteste unter freiem Himmel täglich – das ist das gleichbleibend hohe Niveau der vergangenen fünf Jahre. Demonstriert wird dabei für und gegen alles, was vorstellbar ist. Manche der Proteste sind egoistisch und feindselig (siehe AfD und ihre Brüder im Ungeist von „Wir für Deutschland“ oder den Fans von Hitler-Stellvertreter Heß), viele dagegen uneigennützig und solidarisch.
Demonstriert wurde gegen das Tanzverbot im Iran, gegen die Anerkennung des Brieftaubentums als immaterielles Kulturerbe, gegen die Diktatur in Togo und gegen die Ausbeutung von Tieren. Seit 2013 hat die Innenbehörde fünf Veranstaltungen verboten, im November unterlag sie allerdings vor Gericht mit ihrer Verfügung gegen eine Nazi-Demo am 9. November.
Kaum Gewalt
Rund 360.000 Polizei-Einsatzstunden sind für die Absicherung aller Veranstaltungen angefallen. Bei 718 politisch motivierten Kriminalitätsfällen hat die Polizei gerade einmal bei jeder siebten Veranstaltung eine Ermittlung aufgenommen. Entwarnung gibt es auch beim Blick auf die 214 „Gewaltdelikte“: Nur bei 69 handelt es sich um Körperverletzung, der Rest verteilt sich auf Landfriedensbruch- und Widerstandsdelikte.
Angesichts der rückläufigen politischen Kriminalität fordert Benedikt Lux ein „Zeichen der Entspannung“: die Verlegung der Versammlungsbehörde weg von der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts hin zur Direktion Einsatz oder der Polizeipräsidentin. Denn: „99 Prozent aller Demos haben keinen staatsgefährdenden Charakter. Und der staatsschutzrelevante Rest auch nicht wirklich.“
Wie lieb Rot-Rot-Gründie Demonstrationsfreiheit ist, kann die Koalition nächstes Jahr beweisen: Ein Versammlungsfreiheitsgesetz ist in Abstimmung: Fallen könnte dann etwa das Vermummungsverbot.
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