Demonstration für transsexuelles Kind: Charité will Alex nicht aufnehmen
Das Transmädchen Alex soll nach dem Willen des Jugendamts in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden. Am Mittwoch demonstriert eine Aktionsbündnis für das Kind.
BERLIN taz | Am Mittwoch wird erneut ein Aktionsbündnis für das transsexuelle Mädchen Alex (Name geändert) vor dem Jugendamt auf die Straße gehen. Das Amt stützt den Plan der Ergänzungspflegerin, die Zwölfjährige in eine psychiatrische Einrichtung einzuweisen, um dort abzuklären, ob die Mutter das Verhalten des Kindes „induziert“ habe. Das Jugendamt ist zuständig, weil die Eltern sich nicht über den Umgang mit dem transsexuellen Verhalten des Kindes einig waren.
Alex’ Mutter möchte sowohl sich als auch ihre Tochter begutachten lassen. Sie misstraut dabei der Charité, weil der dortige Chef der Sexualmedizin, Klaus Beier, 2005 ein Lehrbuch mitverfasst hat, in dem die Therapie der „Störung“ so beschrieben wird: Geschlechtskonformes Verhalten solle „belohnt“ werden, atypische Verhaltensweisen „nicht beachtet bzw. – beiläufig – unterbunden“. Diese Methode ist umstritten, Trans-AktivistInnen prangern sie als „Umerziehung“ an. Beier teilte dazu mit, dass er diese Passage nicht selbst verfasst habe, sondern hierdurch lediglich die Position einer kanadischen Arbeitsgruppe wiedergegeben werde.
Das Kind würde, so die Befürchtung der Mutter, in die Kinder- und Jugendpsychiatrie der Charité gebracht, die 2007 eine Spezialsprechstunde für solche Fälle gemeinsam mit der Sexualmedizin eingerichtet hat. Die Mutter hat nach einer ersten Vorstellung den Eindruck, dass auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Haltung wie in dem Lehrbuch vertreten wird. Unter anderem habe man ihr gesagt, dass ihr Kind als Mädchen nicht glücklich werden könne.
Mutter und Tochter möchten deshalb in einer Klinik begutachtet werden, die nicht diese Sicht unterstützt, etwa in Hamburg-Eppendorf oder Frankfurt. Dies wollte nach Auskunft der Mutter die Ergänzungspflegerin nicht, weshalb die Mutter vor Gericht beantragte, die Gesundheitsfürsorge wieder auf sie zurückzuübertragen. Das Kammergericht hatte das im März abgelehnt. Ihr Anwalt will nun das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Die Charité ließ derweil die taz wissen, dass sie ein Kind gegen seinen Willen und den der Mutter weder aufnehmen dürfe noch werde. Auch bestreitet Sexualmediziner Beier, dass er das Vorgehen laut dem von ihm mitherausgegebenen Lehrbuch gutheiße. Am Mittwoch um 14 Uhr will das Bündnis vor dem Jugendamt Steglitz-Zehlendorf demonstrieren. Das Jugendamt wird noch diese Woche über den Fall konferieren.
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