Demokraten zweifeln an Effektivität: Kritik an Obamas Rettungspaket
Zwölf Tage vor der Amtsübernahme hat Barack Obama sein Konjunkturprogramm vorgestellt. Doch in den eigenen Reihen gibt es Bedenken: Es fehle an Wagemut.
WASHINGTON taz Er ist noch gar nicht im Amt, da bekommt er schon einen Vorgeschmack von dem, was ihm demnächst blüht: Nachdem der Präsident im Wartestand Barack Obama sein bereits angekündigtes 775-Milliarden Dollar-Konjunkturprogramm in einer Grundsatzrede am Donnerstag noch einmal erläuterte, gab es aus den eigenen Reihen lautstarke Kritik. Mehrere demokratische Senatoren äußerten Zweifel, dass das Paket tatsächlich Wachstum fördern und Arbeitsplätze schaffen könne. Sie forderten entschiedenere Investitionen in Infrastruktur und neue Energien und meinten, das Gesamtpaket werde bestimmt mehr Verhandlungszeit im Kongress in Anspruch nehmen als ursprünglich gedacht.
Wie US-Medien am Freitag berichteten, wolle Obama zudem das bereits angelaufene 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für die Finanzbranche auf andere Wirtschaftszweige ausweiten. Das Wirtschaftsteam des künftigen Präsidenten arbeite mit Hochdruck daran, Geld aus dem Rettungspaket auch Kommunen und Kleinunternehmen sowie Hausbesitzern und anderen Verbrauchern zugänglich zu machen. Die neue Regierung werde zudem verstärkt Anteile an Finanzkonzernen übernehmen und darauf bestehen, dass für Banken, die Hilfe in Anspruch nähmen, strengere Auflagen bei den Managergehältern gelten als unter Noch-Präsident George W. Bush.
Viele Kongressabgeordnete gaben sich in Interviews höchst unzufrieden darüber, dass die bereits ausgezahlte erste Tranche kaum wie erhofft den Kapitalfluss auf den Kreditmärkten wieder in Gang gebracht habe. Aus diesem Misstrauen heraus wollten sie dafür sorgen, dass Obamas künftiges Konjunkturpaket "wagemutiger" ausfalle. Der designierte Finanzminister Timothy Geithner stehe deshalb unter Druck, das existierende Rettungspaket zu überarbeiten.
Unterdessen kritisierte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Senat, Kent Conrad, die von Obama angekündigten Steuersenkungen für Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 1.000 Dollar, rund 730 Euro. Die sollen die Binnennachfrage beleben. "Diese marginalen Anreize sind von marginaler Effektivität", sagte Conrad nach einem Treffen mit Beratern Obamas. Menschen, die Angst vor der Arbeitslosigkeit hätten, würden Geld sparen und nicht ausgeben. Stattdessen, so der Senator, solle mit dem Konjunkturpaket doch eher die Entwicklung neuer Energiequellen gefördert werden.
Auch Senator John Kerry, ein früherer demokratischer Präsidentschaftskandidat, forderte mehr Investitionen in alternative Energien. "Ich denke, dass Energie die größte Chance darstellt, die wir in dieser Wirtschaft haben", sagte er am Donnerstag.
Bei den oppositionellen Republikanern stießen die Steuersenkungen auf Lob. Sie warnten jedoch vor dem wachsenden Haushaltsdefizit. Am Vortag hatte der Rechnungshof des US-Kongresses für das laufende Haushaltsjahr ein Rekorddefizit von 1,2 Billionen Dollar, rund 880 Milliarden Euro, prognostiziert.
ADRIENNE WOLTERSDORF
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