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Demografie und ArbeitsmarktWeniger Azubis in der Pflege

Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge für künftige Pflegefachkräfte ist gesunken. Auch Ältere beginnen diese Ausbildung.

Immer weniger junge Menschen wollen sich diesen Handschuh anziehen Foto: Werner Krüper/teamwork/imago

Berlin taz | Immer weniger junge Menschen in Deutschland entscheiden sich für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, ging die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in der Pflege im Jahre 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent zurück. Nur rund 52.100 Auszubildende haben eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann begonnen. Über alle Ausbildungsjahrgänge hinweg befanden sich zum Jahresende 2022 insgesamt rund 143.100 Personen in der Ausbildung.

Der Anteil der Frauen lag bei 74 Prozent und ging damit im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozentpunkte zurück. Auffällig ist, dass das Alter zu Ausbildungsbeginn relativ hoch liegt: Das mittlere Alter zu Lehrbeginn lag bei 21 Jahren und ist damit im Vergleich zum Jahre 2020 um ein Jahr gestiegen. Elf Prozent der Auszubildenden starteten ihre Pflegeausbildung erst im Alter von 30 bis 39 Jahren. Weitere 7 Prozent begannen die Ausbildung sogar erst im Alter ab 40 Jahren. Im Vergleich dazu lag der Anteil der Altersgruppe ab 30 Jahren an den gesamten Neuabschlüssen im dualen Berufsbildungssystem im Jahre 2021 nur bei 3 Prozent.

Die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft wird inzwischen vergleichsweise gut vergütet, Schulgeld entfällt. Das Gehalt im ersten Lehrjahr liegt bei rund 1.100 Euro brutto und steigt dann an. Die Ausbildung sieht allerdings von Beginn an umfangreichen praktischen Einsatz vor. Rund ein Drittel der Pflege-Azubis bricht die Lehre ab.

Die Ausbildung ist durch eine Reform seit 2020 generalistisch angelegt und qualifiziert sowohl für die Kranken-, die Alten-, als auch für die Kinderpflege. Spezialisierungen erfolgen erst im dritten Lehrjahr. Examinierte Pflegefachkräfte sind hochgesucht, weil Heime und ambulante Dienste einen gewissen Anteil an Examinierten beschäftigen müssen, um ihre Betten belegen zu dürfen.

Der Bedarf an Pflegekräften wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahre 2055 um 37 Prozent zunehmen wird.

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2 Kommentare

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  • Viele Pflegekräfte sind längst an den Grenzen der Belastbarkeit angekommen, - oder haben diese überschritten. Auch das dürfte manchen Bewerber abschrecken. Die Gesellschaft hat entschieden, dass Großfamilien, in denen auch die Alten ihren Platz haben, nicht in unsere Zeit passen. Also sollte auch die gesamte Gesellschaft für das "Outsourcing" der Pflege aufkommen und in EINE Versicherung einzahlen. Und es müsste sichergestellt werden, dass von den Heimbetreibern erwirtschaftete Gelder zu einem hohen Prozentsatz ausschließlich zurück in die Heime fließen, für Investitionen und Personal. Schluss mit Kranken- und Altenpflege als Kapitalanlage.

  • Es gibt seit Jahrzehnten den Fachkräftemangel in der Pflege - Pflegenotstand. Der Zustand wird immer mal wieder beschrieben, konstatiert, man müsse etwas ändern, aber passiert ist bei den wesentlichen Stellschrauben nichts. Zwischendurch wurde die Berufsbezeichnung ein paar Mal geändert und es wurde laut geklatscht. Kosten soll das alles aber möglichst nichts.

    Die Regeln der Marktwirtschaft gelten auch hier: wenn ein Gut knapp ist, muss man mehr dafür bezahlen. An diesem Punkt kann man sehr gut ansetzen. Ab welchen Gehaltsaussichten nach der Ausbildung steigt die Anzahl der Bewerber? Ab welchem Gehalt rennen sie einem die Bude ein. Die Wertschätzung im Beruf wird vor allem in Geld gemessen, in was denn sonst? Die harte Schichtarbeit - auch nachts, an Wochenend- und Feiertagen, die körperliche und psychische Belastung. Und wenn so die Personaldecke steigt, macht auch die Arbeit mehr Spaß, weil man sich Zeit für die Patienten nehmen kann und das aus der Ausbildung gelernte auch umsetzen kann.