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Demo zur Grünen WocheKuhglocken gegen die Agrarindustrie

Die Agrarpolitik sorgt für Unmut. Auf einer Demonstration forderten tausende Tier- und Umweltschützer, Subventionen an ökologischen, sozialen und Tierschutzkriterien auszurichten.

Umstrittene Impfung: Aktivisten protestierten in der vergangenen Woche gegen den Einsatz von Antibiotika in der Hühnermast. Bild: reuters

BERLIN dpa | Tausende Menschen haben am Samstag in Berlin gegen die Agrarindustrie demonstriert. Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Kuhglocken machten die nach Veranstalterschätzungen rund 23.000 Teilnehmer ihrem Ärger Luft. "Power to the Bauer" stand auf einer Fahne, "Gentechnik nicht auf meinem Teller" lautete der Spruch auf einem Banner.

Mehr als 90 Organisationen - Tier- und Umweltschützer, Landwirte und Entwicklungshelfer - hatten zu der Kundgebung aufgerufen. Anlässlich des Agrarministergipfels und parallel zur Internationalen Grünen Woche haben sie nach dem Motto "Wir haben es satt!" auf die Risiken industrieller Lebensmittelproduktion aufmerksam gemacht. Sie verlangten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Zum Abschluss ihres Protests waren die Teilnehmer vor das Bundeskanzleramt gezogen.

Die Demonstranten warfen der Bundesregierung vor, bei der Reform der EU-Agrarpolitik zu sehr dem Willen der Agrarindustrie zu folgen. Die Subventionen für die Landwirtschaft müssten an ökologische, soziale und Tierschutzkriterien gekoppelt werden.

Im kalten Schneeregen bot die Demonstration eine bunte Szenerie: Familien mit Kindern, aber auch ältere Menschen intonierten Sprechchöre wie "Massentierhaltung abschaffen", "Exportdumping abschaffen" und "Gentechnik abschaffen". Begleitet wurden sie von mehreren dutzend Traktoren.

Kehrtwende der Agrarpolitik gefordert

"Verbraucherschutz ungeAignert" spottete ein Teilnehmer auf seinem Plakat in Anspielung auf Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Auf einem Wagen wurde ein meterhohes Schwein mit der Aufschrift "Heute vegetarisch essen" gezogen. Daneben lief eine Gruppe Berliner Veganer in Kuhkostümen mit Plakaten wie "Wir Tiere haben es auch satt".

Die Nigerianerin, Mariann Bassey, Sprecherin von "Friends of the Earth", dem internationalen Umweltnetzwerk des BUND, mahnte laut einer Pressemitteilung: "Für das Menschenrecht auf Nahrung müssen Spekulation und der Agrospritboom ausgebremst werden. Die Europäische Agrarpolitik braucht eine Kehrtwende weg von Überproduktion und Fleischexporten."

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagte, Millionen Tiere würden aufgrund ihrer Haltung unter Schmerzen leiden. "Unter den Folgen leiden aber auch Umwelt, Bäuerinnen und Bauern sowie Verbraucher." Daher sei ein Schulterschluss gesellschaftlicher Gruppen notwendig. "Wir kämpfen für mehr Tierwohl im Stall, gegen Gentechnik, für Futtermittelimporte aus Übersee und für mehr Unterstützung der bäuerlichen, artgerechten Landwirtschaft", sagte Schröder.

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2 Kommentare

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  • A
    Anton

    Artgerechte Haltung? Dann müssten wir alle Tiere aus den Ställen lassen. Denn "artgerecht" würde auch für den Menschen bedeuten: Zurück in den Wald, sammeln und jagen!!

    Artgerechte Haltung gibt es nicht.

    Gesunde und produktive Haltung von Haus-/ Nutztieren, das ist sinnvoll und realistisch.

  • E1
    Eva 1811

    Die ist eine zweiseitige Medaille, auf der einen Seite wir die Verbraucher und auf der anderen Seite der Tierschutz.

     

    Ich glaube auch nicht, das es unmöglich ist, hier einen goldenen Mittelweg zu finden, da Überschüsse produziert werden, aber das geflissentlich verschwiegen wird derzeit, was passiert mit diesen??

     

    Der Agrar- und Forstwirtschaft steht wohl auch eine Art Reform ins Haus bzw. wir mündigen Bürger /-innen wollen wissen was auf dem Teller und in der Tasse ist, selbst woher das Holz und Baumaterial kommt, in den wir wohnen und ob es ökologisch vertretbar war und ob dort Wiederaufforstungen stattfinden samt Rückbau der Kies- und sonstigen Minen, Gruben und Werke, die erschöpft sind??

     

    Tja diese Fragen sind neu und zeigt den globalen Wandel auch in der Menschheit.