Demo gegen Kotti-Wache: Kommt immer drauf an, wer Geld verbrennt
Das Bündnis „Kotti für alle“ protestierte am Mittwoch gegen die Eröffnung der neuen Polizeiwache. Die erhöhe für viele das Unsicherheitsgefühl.
Der erste Redner ist Ferat Kocak, Sprecher für Antifaschistische Politik der Linksfraktion in Berlin. In Kreuzberg sei er aufgewachsen, habe dort mit 12 das erste Mal Racial Profiling erlebt. „Und davon wird es hier jetzt noch viel mehr geben“, sagt er. 3,7 Millionen Euro seien für den Bau der Wache ausgegeben worden. „Die hätte man so gut in soziale Einrichtungen stecken können“, meint Kocak.
Das findet auch ein Redner von „Migrantifa Berlin“. „Wir machen ein Experiment“, sagt er und drückt einer Freiwilligen sein Mikrofon in die Hand, um beide Hände freizuhaben. Aus seiner Tasche holt er einen Geldschein und ein Feuerzeug. „Jetzt schauen die Polizisten gleich richtig hin“, kündigt er an.
Wenn er das Geld nämlich anzünden würde, wäre das eine Straftat, denn der Schein sei zwar in seinem Besitz, aber Eigentum vom Staat. „Wenn dieses ganze Geld für die Kotti-Wache verbrannt wird, sollte das nicht auch eine Straftat sein?“, fragt er in die Menge. Viele nicken, die Polizist:innen wirken etwas gefasster, als sie merken, dass der Migrantifa-Sprecher nicht vorhat, den Schein abzufackeln.
Schlechte Erfahrungen mit der Polizei
Rund 200 Menschen sind bei der Kundgebung, zu der das Bündnis „Kotti für alle“ eingeladen hat. Viele sind jung, viele nach Antifa-Manier schwarz gekleidet, ein Punk ist in Leopardenmantel (Fake-Fell!) und schwarzem Tutu gekommen.
Aber es nehmen an der Demo auch Anwohner:innen und Gewerbeitreibende teil, die jetzt unmittelbar in ihrem Umfeld eine Polizeistation haben. Viele haben als migrantisierte Menschen schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht und erhoffen sich von der Wache nicht besonders viel.
Und einige sind genervt, etwa ein Anwohner, der Schwarz ist. „Ich habe mich hier noch nie so unsicher gefühlt wie im Moment“, sagt er, „und ich gehe wirklich zu den unsäglichsten Uhrzeiten nach Hause.“ Er habe nichts von der Kundgebung gewusst und sei gerade von seinem Job als Barkeeper nach Hause gekommen, als er die Polizeiwagen gesehen habe.
Da habe er gefragt, warum sie da seien. „Das hätte ich mich nicht getraut, wenn ich keinen deutschen Pass hätte und mich nicht so gut artikulieren könnte.“
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