Demo gegen Burkaverbot in Österreich: „Ich will ein Einhorn sein können“
Ab heute ist es in Österreich Pflicht, sein Gesicht zu zeigen. Sonst droht eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro. Viele krisitisieren das Verbot.
Vor dem Parlamentsgebäude in Wien versammelten sich am späten Nachmittag mehrere Dutzend bunt kostümierte Menschen, die mit dem Tragen von Tier- und Clownsmasken für ihr bisheriges Recht auf Verkleidung demonstrierten. „Ich will ein Einhorn sein, wann immer ich ein Einhorn sein will“, meinte eine Wienerin eher schmunzelnd. Die Polizei schritt bei der angemeldeten Demonstration nicht ein.
In dem bei arabischen Touristen besonders beliebten Zell am See im Salzburgerland gab es nach einem ersten Überblick keine Probleme. Unter den in der Sommersaison Zehntausenden Gästen aus dem arabischen Raum sind Trägerinnen der nun verbotenen Burka oder des Gesichtsschleiers Nikab in der klaren Minderheit.
Die Polizei hatte im Vorfeld angekündigt, sie wolle das neue Gesetz mit Fingerspitzengefühl umsetzen und erst einmal informieren und ermahnen. Wer dann allerdings die Gesichtsverhüllung nicht ablege, müsse unter Umständen mit zur Wache kommen.
Broschüren informieren auf Arabisch und Türkisch
Die rot-schwarze Koalition hatte das Gesetz aus Sicherheitsgründen und aus Gründen des offenen gesellschaftlichen Miteinanders beschlossen. Es ist nicht ausdrücklich gegen bestimmte muslimische Bekleidungssitten gerichtet, sondern spricht allgemein davon, dass die Gesichtszüge vom Kinn bis zum Haaransatz in der Öffentlichkeit erkennbar sein müssen.
Insofern gilt es auch für Atemschutzmasken, die ohne ärztliches Attest umgebunden werden, sowie für Clownsmasken außerhalb der närrischen Zeit. Eine Broschüre informiert auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch.
Unter Muslimminen ist das Gesetz auf Unverständnis gestoßen. „Wir haben zwar keine Sympathie für den Gesichtsschleier, aber wir sind trotzdem entschieden gegen ein Verbot“, befand die Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Carla Amina Baghajati. Das Verbot sei kontraproduktiv gerade auch für Fragen der Integration. Sie befürchtet unter Moslems eine Jetzt-Erst-Recht-Stimmung.
Tourismus-Verantwortliche sehen das Gesetz zwiespältig. Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner ist wenig erfreut über das Untersagen von Atemschutzmasken. Sie würden vor allem bei gesundheitlichen Problemen getragen. „Dass ein Akt der Rücksichtnahme sanktioniert werden soll, ist tatsächlich eine Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat“, so Kettner.
Der Bürgermeister von Zell am See, Peter Padourek, glaubt nicht an negative Folgen für die vom Tourismus lebende Gemeinde. Das zeigten Erfahrungen in anderen Ländern. Frankreich und Belgien kennen ein Burkaverbot bereits seit 2011. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in zwei Urteilen festgestellt, dass das Verbot rechtens ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich