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Demo gegen AgrarindustrieSchlachthof soll umzingelt werden

Tausende Menschen wollen am größten Geflügelschlachthof Europas in Niedersachsen protestieren. Geplant ist auch eine Menschenkette um die Anlage.

Aktivisten protestieren gegen Soja-Importe aus Übersee Bild: dpa

HAMBURG/BERLIN taz | Zur Demonstration „Wir haben Agrarindustrie satt!“ werden am Samstag mit 3.000 bis 5.000 Teilnehmer in Wietze bei Celle (Niedersachsen) erwartet. Das sagte ein Polizeisprecher der taz. Höhepunkt ist die für 15 Uhr geplante Umzingelung von Europas größtem Geflügelschlachthof in Wietze. Angekündigt zu den Protesten hat sich auch Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne).

Auf dem Programm bis Sonntag stehen zudem Workshops, ein Konzert und ein Gottesdienst. Veranstalter ist ein Bündnis aus über 40 Organisationen und Unternehmen, das vom Deutschen Tierschutzbund bis hin zum Bio-Anbauverband Demeter reicht. Die Organisatoren fordern – wenige Wochen von den Wahlen im September – eine „grundlegende Agrarwende“ mit einer bäuerlichen Landwirtschaft als „Leitsystem“.

„Die Umzingelung des Schlachthofs ist symbolisch gemeint“, sagte Sprecherin Iris Kiefer von der Kampagne „Meine Landwirtschaft“, die den Aktionstag von Berlin aus koordiniert. „Es geht nicht konkret gegen das Unternehmen und seine Mitarbeiter.“ Die Firma sei vielmehr ein Symbol für die Industrialisierung der Agrarbranche.

Das Bündnis fordert das Ende des „Höfesterbens“, „weltweit faire Regeln für eine bäuerliche Landwirtschaft“, artgerechte Tierhaltung und den Stopp von Futtermittelimporten aus Gentechnik-Soja. Es tritt außerdem ein für eine Ende von prekären Beschäftigungsverhältnissen in der Agrarindustrie sowie für ein „ausreichendes Existenzminimum“, wodurch durch „gesundes, faires und regionales Essen für alle“ zugänglich gemacht werden soll.

In Wietze sollen dem Bündnis zufolge täglich über 430.000 Hühnchen getötet werden. Bisher hat der Schlachthof aber noch nicht seine maximale Kapazität erreicht. Schon seit Planungsbeginn war der Bau sowohl in der Bevölkerung als auch in der Lokal- und Landespolitik stark umstritten. Nach teils massiven Protesten vor Ort eröffnete die Celler Land Frischgeflügel GmbH im September 2011 ihre neue Produktionsanlage.

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6 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @Rudeboy,

     

    seltsam, hier erscheint auf einmal mein Kommentar nicht mehr samt Ihrer Antwort. Falls sie wiederkommen, hier meine Antwort: Sie beklagten, ich wüsste nichts von ihren Idealen. das ist befremdlich, bezog ich mich doch auf Ihre klaren Worte von der segensreichen Enkommerzialisierung (u.a.) der Landwirtschaft. Meine Beispiele bezogen sich auf ökonomische Folgen im 20. Jh. (mit Tippfehler, ich meinte Sowjetunion um 1930 statt 1939). Alle Fälle sind jeweils anderes gelagert, sicher, doch spricht ebendas dagegen, dass es funktioniert. Gegenprobe: Seit der weitgehenden Re-Kommerzialisierung der Landwirtschaft ist der Hunger in China fast besiegt. Übrigens hoffe ich auch nicht, dass der realexistierende Kapitalismus für immer der letzte Gedanke des "Weltgeistes" ist. Doch habe ich keine Lust auf unausgegorene Experimente, die sich allzu oft als massenmörderisch erwiesen haben.

  • B
    Bekassine

    http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/lebensmittel-produktion-das-giftige-geheimnis-auf-unseren-tellern-seite-all/6629862-all.html

    Diese ganze Lebensmittelindustrie ist offenbar von mafiösen Strukturen durchsetzt und wird mit unglaublichen Subventionen gefüttert.

    Und die Tierindustrie ist die schwärzeste Abteilung davon mit ihren gigantischen Vebrechen an Tier und Mensch!

  • D
    D.J.

    @Rudeboy,

     

    im "erbärmlichen Wirtschaftssystem Kapitalismus" hungern prozentual weniger Menschen als je zuvor in der Menschheitsgeschichte. Ihre Ideale hingegen haben im 20. Jh. (China um 1960; Sowjetunion um 1939, Kambodscha um 1975, Äthiopien um 1980, ...) ungefähr soviele Hungertote gefordert wie der 2. Weltkrieg Menschenleben kostete).

    • @D.J.:

      Ach was, was glauben Sie über "meine Ideale" zu wissen? Das ist mal wieder die berüchtigte Keule der Kapitalismus-Freaks: wer den Kapitalismus kritisiert, der steht auf Kambodscha und Stalins UdSSR. Erbärmlich, wenn man keine Argumente hat. Mit gleicher Berechtigung könnte ich ja auch behaupten, Ihre Ideale haben sich in Deutschland 1933-45 am deutlichsten gezeigt, gell D.J.

  • X
    xVegAnarchistx

    "Artgerechte Tierhaltung", süß diese Forderung nach einem 'artgerechtem' Leben in Gefangenschaft mit dem Ziel der Ermordung, da sollte man auch gleich 'liebevolle Vergewaltigungen' fordern, um die Welt gleich noch ein bischen besser zu machen

  • Die wichtigste Forderung fehlt hier leider: Für ein Ende der kommerziellen Landwirtschaft. Die Industrialisierung der Landwirtschaft wäre ja nicht so das Problem (eher im Gegenteil), sondern die Tatsache, dass das menschliche Grundbedürfnis Ernährung fürs Geschäft mißbraucht wird. Selbst das Problem des Welthungers wäre schon lange nicht mehr akut, wenn die Landwirtschaft (und mit ihr die gesamte Ökonomie) entkommerzialisiert wäre. Aber leider akzeptieren noch immer viel zu viele Menschen, dass dieses erbärmliche Wirtschaftssystem Kapitalismus unsere Bedürfnisse und unser Potential dem Profit unterordnet.