Delegierter Schuster über Groko-Nein: „Kein Untergang bei Neuwahlen“
Der Bremer Delegierte Joachim Schuster will beim SPD Bundesparteitag gegen eine erneute Große Koalition stimmen. Das Sondierungsergebnis genügt ihm nicht.
taz: Herr Schuster, wird die SPD von ihren Ängsten bestimmt?
Joachim Schuster: Nein, es geht nicht um Ängste. Das halte ich für eine Fehlinterpretation. Es geht bei dem Sonderparteitag um eine Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Auffassungen über die Zukunft der Partei. Wir haben in den letzten fast 20 Jahren in Regierungsverantwortung knapp die Hälfte unserer Wählerschaft eingebüßt. Ein Teil hält es deshalb für notwendig, den Kurs, den wir seit 1998 verfolgt haben, grundsätzlich zu ändern und lehnt eine Fortsetzung der Großen Koalition ab. Der andere Teil sieht die SPD in der Verantwortung, ihre Ziele in der Regierung zu verfolgen.
Es geht in Bonn also darum, ob man die Gefahr für größer hält, bei Neuwahlen unterzugehen oder in einer Koalition?
Die Gefahr, dass wir bei Neuwahlen untergehen, sehe ich nicht. Es kann passieren, dass wir verlieren – aber zum Untergang wird es nicht kommen.
Kommt Generalsekretär Lars Klingbeil zu den Vorberatungen her, um den linken Bremer Verband auf Kurs zu bringen?
Ich erwarte, dass er für die Zustimmung werben wird. Aber bisher nehme ich die innerparteiliche Diskussion als wohltuend sachlichen Austausch der Argumente wahr, ganz ohne Schuldzuweisungen. Das hatten wir in der SPD schon ganz anders.
Sie stimmen aber für Neuwahlen?
Das hat die Union in der Hand: Wenn die Angebote machen würde, hielte ich es für richtig, zu verhandeln. Wenn Frau Merkel es aber beispielsweise in der Flüchtlingspolitik für wichtiger hält, Rücksicht auf die CSU zu nehmen, können wir da wohl nicht mitgehen. Ich habe zumindest den Eindruck, dass die Bremer SPD mehrheitlich skeptisch auf die Sondierungsergebnisse schaut.
Und Sie?
Auch wenn ich sie nicht in Bausch und Bogen verdammen möchte: Die Ergebnisse der Sondierung sind keine geeignete Basis für Koalitionsverhandlungen.
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