Debütalbum von Peki Momés: Sorglose Katze
Die Leipzigerin Peki Momés überzeugt mit einem hoffnungsfrohen Debütalbum. Ihre türkischen Wurzeln mischen sich mit dem Charme der lokalen Indieszene.
Sie und ihre Freund:Innen aus Kindheitstagen seien nomadisch, ein bisschen wie Zugvögel, sagte Peki Momés im Interview mit einem Netzradio. Das war anlässlich der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Peki Momés“. Ausgeschwärmt aus der Türkei leben sie inzwischen verstreut in aller Welt – und trotzdem kreuzen sich ihre Wege. Aber in dem Song Göç Mevsimini stecke auch Melancholie, erklärte die 31-Jährige.
Schließlich habe sie ihr kleines Nest an der türkischen Mittelmeerküste verlassen. Klanglich ist der Song, der genau davon erzählt, eine beschwingte Angelegenheit; der Songtitel bedeutet auf Deutsch übrigens „Migrationssaison“ oder „Zeit der Wanderung“.
Zugleich war Göç Mevsimini, als er 2024 veröffentlicht wurde, Sneak Preview auf Momésʼ Album veröffentlicht wurde. Seine affirmative Musik heizte die Neugier auf die Künstlerin an. Schließlich konnte schon diese Debütsingle prominente Fans einsammeln.
Als „Turkish City Pop“ bezeichnet sie Göç Mevsimini – wobei diese Genrezuschreibung auch die übrigen Songs treffend umschreibt: Naiv-verspielt, dabei hinreichend schräg, vor allem abwechslungsreich klingt das musikalische Material. In den zwölf Songs stecken vielfältige, von Genres wie Library Music inspirierte Ideen.
Peki Momés: „Peki Momés“ (Mocambo Records/Believe)
live: 29.11. 2025 Halle „Pierre Grasse“, 27.12. 2025 „Import/Export“ – München.
Und doch wirkt die Musik von Pekim Momés atmosphärisch wie aus einem Guss – keineswegs wie das nervöse Erstlingswerk, auf dem sich ein Talent ausprobiert. Neben dem erwähnten, eher amorphen Genre Citypop, Soundtrack des japanischen Wirtschaftswunders der 1980er – Soft Rock fusioniert dabei Funk, Jazz und softer fernöstlicher Ästhetik – steckt in Momés’ Amalgam zudem eine gehörige Prise Anadolu Rock.
Die Verschmelzung von türkischem Folk mit Rockmusik hatte sich bereits in mittleren 1960er Jahren entwickelt. Und sie verlief anders als im Rest der Welt. In der Türkei blickte man auf die Elektrifizierung der traditionellen Musikstile seinerzeit dagegen eher entspannt.
Auf die im Song Göç Mevsimini thematisierte Wanderschaft ging Peki Momés übrigens, um in Berlin ihren Master zu machen. Mittlerweile lebt sie in Leipzig. Im Brotberuf ist sie Fotografin, also auch künstlerisch tätig. Nur mit Musik hatte sie lange eher wenig zu tun. Abgesehen davon, dass sie ein Herz für abseitige Sounds hat – was sie früher in Istanbul in einer eigenen Radiosendung auslebte.
Bis dann eben 2023 ihr damaliger Mitbewohner Dustin Braun, Produzent und DJ, bei ihr anklopfte: Ob sie ihnen – an dem Tag war gerade Theatermusiker Malik Diao in Brauns Heimstudio – kurz ihre Stimme leihen könnte? Sie bräuchten dringend eine dritte Gesangsspur. Eigentlich saß Momés über ihrer Masterarbeit. Es war der Beginn einer ergiebigen Zusammenarbeit.
Auch wenn das Debüt nun Momés Namen trägt: Braun und die anderen Musiker spielten eine große Rolle bei dessen Ausgestaltung. Momés steuerte ihre eigenen türkischen Texte und den luftig-verträumten Gesang bei. Schlagzeuger Matthias Hetzer fügte seine Spur als letzter hinzu. Weniger ist der Drummer ein Taktgeber, an dem sich alle orientieren, viel eher strickt er zusammen, was sich angesammelt hat. Seine Rhythmen füllen Lücken und versetzen die Elemente in Schwingung.
Dertsiz Kedi heißt ein Track, bei dem ein forscher Beat die Hörer:Innen zu einer mäandernden Flötenmelodie führt. Der Titel lässt sich mit „sorglose Katze“ übersetzen. Der Vorstellung von einer charmanten Nonchalance, die Menschen gerne in dieses Haustier projizieren, ist offenbar auch Momés erlegen.
Dabei geht sie selbst ans Musikmachen nicht so anders heran, als die besagte Katze im Videoclip zum Song. Die stolziert auf einem sehr hohen Dach umher: Trotz der potenziellen Fallhöhe bleibt sie unbekümmert dort, wo es ihr gefällt. Und wirkt dabei einfach sehr lässig.
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