Debatte um legale Partyorte in Berlin: Wer sagt, wo gefeiert wird?
Die Idee ist gut: Die Bezirke sollen Flächen für legale Partys anbieten. Doch weiterhin bleibt unklar, wie sie jetzt auch umgesetzt werden soll.
Gleichzeitig hält sich der Bezirk in der aktuellen Debatte über Flächen für legale Partys unter freiem Himmel zurück: Es gebe schlicht kein passendes Gelände dafür, sagt Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne), anders als in anderen Bezirken. „Wir haben das genau geprüft.“
Grund ist dabei weniger die grundsätzlich fehlende Eignung, sondern die Folgen der Feiern: „Wir haben ja unsere Erfahrungen mit dem Myfest“, sagt Herrmann und spielt damit unter anderem auf Müllberge nach Partyende an. Deswegen seien weder die Sportplätze noch Grünanlagen im Bezirk dafür geeignet. Auch die Clubcommission, die eine bisher nur teilweise veröffentlichte Liste mit 20 möglichen Freiluft-Partyorten erstellt hat, habe kein Gelände in Friedrichshain-Kreuzberg für tauglich befunden.
Sowohl die Clubcommission, ein Verbund zahlreicher Partyorte, wie auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) setzen sich dafür ein, dass Bezirke Flächen für genehmigte Open-Air-Partys bereitstellen. So könnten Veranstalter, darunter auch Clubs, wieder etwas Geld verdienen; zugleich würde auf diese Weise wilden, sprich illegalen Partys das Publikum abgezogen werden. Zuletzt hatte Samstagnacht eine Feier mit mehreren tausend Teilnehmenden in der Hasenheide, auf der Corona-Auflagen weitgehend ignoriert wurden, für Schlagzeilen gesorgt.
Als eine der Ersten hatten sich die drei Linkspartei-BezirksbürgermeisterInnen von Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg für solche unbürokratisch zu genehmigten Veranstaltungen eingesetzt. „Wir wollen die bezirklichen Frei- und Grünflächen, Straßen und Plätze und womöglich auch Sportaußenanlagen öffnen für eine einzigartige Open-Air-Saison für Kunst, für Theater und Musik“, hieß es damals; man hoffte auf NachahmerInnen. Das war Anfang Juni. Seitdem ist wenig passiert.
Was macht der Kultursenator?
Und nun droht die Initiative im üblichen Berliner Kompentenzstreit zwischen Landes- und Bezirksebene zerrieben zu werden. Denn: Der Ball liege nun bei Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der die Initiative auch unterstützt hatte, findet Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin Herrmann. „Eine zentrale Organisation in enger Zusammenarbeit mit den Bezirken sei der richtige Weg; die Federführung sollte bei der Kulturverwaltung liegen“, sagte sie der taz am Dienstag. Schließlich, so Herrmann, verfüge das Land über eigene dafür taugliche Flächen, und Klaus Lederer arbeite auch gut und gern mit der Clubcommission zusammen.
Letzteres stimme zwar, entgegnet Daniel Bartsch, Sprecher der Kulturverwaltung. Dennoch zeigte er sich irritiert über die Forderung. „Zuständig für solche Veranstaltungen sind die Bezirke. Sie müssen sie genehmigen und die Einhaltung der Auflagen überwachen“, sagte er.
Unterdessen hat der Bezirk Marzahn-Hellersdorf am Montagabend in einer Mitteilung die Namen und Email-Adressen derjenigen Ansprecherpartnerinnen veröffentlicht, bei denen Open-Air-Veranstaltungen angemeldet werden müssen. „Die Idee, auch auf leer stehenden Brachen größere Konzerte durchzuführen, ist bereits mehrfach positiv unterstützt worden“, teilte Kulturstadträtin Julia Witt (Linke) mit.
In der Innenstadt geht man davon aus, dass solche Angebote von Feierwütigen gern angenommen würden. „Wer Party machen will, geht dafür auch ein paar Meter weiter“, glaubt Monika Herrmann. Sprich: in den Nachbarbezirk oder an den Stadtrand. Wenn das allerdings alle machen, dürfte der Stadtrand damit überfordert und der Ruf von Friedrichshain-Kreuzberg als Partybezirk Vergangenheit sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr