Debatte um gegenderte Sprache: Nur noch neutral
Christine Lambrecht will Gendersterne, Unterstriche und Co. aus Behördendokumenten verbannen. Eine bemerkenswerte Kehrtwende.

F rauenministerinnen scheinen ein Problem mit dem Gendern zu haben. So sorgte einst Kristina Schröder, eine CDU-Vorgängerin im Amt, für Lacher mit ihrem Vorschlag, Gott zu neutralisieren: Aus „der Gott“ sollte „das Gott“ werden. Weil „die Gott“ oder „die Göttin“ sprachlich ungewohnt sei. Und: Die Verweiblichung der himmlischen Fügung hätte die männliche Herrlichkeit doch sehr genervt.
Auch der aktuellen Frauenministerin, Christine Lambrecht von der SPD, wird bei gendergerechter Sprache unbehaglich. Sternchen, Unterstriche, Doppelpunkte findet sie unschön und will diese aus allen offiziellen Schreiben oberster Bundesbehörden verbannen. Da hat Lambrecht, die auch Justizministerin ist, nicht unrecht. Sonderzeichen zerhacken die Wörter. Das können sogar Feminist:innen unterschreiben. Sie verwenden sie vielfach trotzdem, weil sie alle Geschlechter sprachlich mitmeinen wollen.
Ausgrenzend will aber auch Christine Lambrecht nicht sein. So schlägt sie vor, es sollte statt „Teilnehmerinnen- und Teilnehmerliste“ besser Teilnahmeliste heißen, also neutral at its best. Gleichzeitig sträubt sie sich gegen die sprachliche Repräsentation diverser Menschen, da deren Anteil an der Bevölkerung „sehr gering“ sei. „Kundinnen und Kunden“ sei daher gerechtfertigt.
Man liest das – und wundert sich. War es nicht auch Christine Lambrecht, die im Justizressort einst einen Gesetzentwurf komplett in weiblicher Form verfassen ließ? „Schuldnerin“ und „Gläubigerin“ hieß es in dem Referentenentwurf, der sprachlich neue Standards setzen sollte. Ein Ansatz, der zwar ehrenwert war, weil er rigoros Abschied nimmt vom generischen Maskulinum. Aber eben auch nicht komplett durchdacht, weil sich männliche Schuldner zu Recht nicht angesprochen fühlen konnten.
Lambrecht erntete heftige Kritik und nahm das Papier zurück. In anderen Fällen ist ihr Kritik durchaus egal; verwiesen sei nur auf ihren Vorstoß bei der Vorstandsquote, die sie heftig verteidigte. Die Debatten über gegenderte Sprache wird also auch in der neuen Koalition munter weitergehen.
🏳️⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️🌈
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Informationen auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich aber leisten kann, darf einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Boomer-Soli“
Gib die Renten-Kohle her, Boomer!
Verurteilung zweier Tierschützer
Don’t shoot the messenger
Nina Warken zu Cannabis
Kampfansage gegen das Kiffen
Gezerre um Verfassungsrichter*in-Posten
Ein Rückzug wäre das falsche Signal
Religiöse Fußballspielerinnen
God first
Was Frauen beim Sex stört
Wie kommen wir zusammen?