Debatte um die Ehe für alle: Hervorragendes Ehe-Theater
Dass die SPD über die Ehe für alle keinen Koalitionsbruch riskiert, ist verständlich. Spannend wird die Frage, wie sie zukünftig mit der CDU umgeht.
Was für eine Show! Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Ehe für alle einzuführen. Männer dürfen Männer heiraten. Frauen dürfen Frauen ehelichen. Und Frauen auch weiterhin Männer und umgekehrt. Alle haben die gleichen Rechte und Pflichten. Super.
Genauer gesagt: Super, wenn es so käme. Schließlich wurde die Bundesregierung nur aufgefordert, mal was zu tun. Nur daran halten muss sie sich nicht – und wird sie sich auch nicht - zumindest nicht in dieser Legislaturperiode.
Also alles nur Theater? Alles nur Symbolpolitik? Ja, aber genau die bringt die Diskussion weiter. Denn die Abstimmung im Bundesrat hat gleich mehrere Dinge sehr deutlich gemacht. Erstens: Es gibt eine rot-rot-grüne Mehrheit in Deutschland. Aber auch zweitens: Mehr als Symbolpolitik kriegt dieses Bündnis nicht hin, so lange die SPD am Rockschoß der CDU hängt. Vor allem aber drittens: Es gibt eine breite gesellschaftliche Mehrheit für die Homoehe – außer eben bei der CDU.
Das ist erstmal nicht schlimm. In einer Demokratie gibt es verschiedene Parteien, damit sie unterschiedliche Positionen vertreten. Wenn immer alle das selbe fordern würden, wäre das nicht nur langweilig, sondern fatal für die politische Debatte. Oder noch deutlicher gesagt: Es ist gut, dass es Parteien gibt, die abstrus rückwärtige Ansichten vertreten, damit man weiß, warum man andere wählen muss.
Ehe auf Zeit
Problematisch wird das nur, wenn eine Politik mit einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit, diese im Parlament nicht findet, weil Parteien in Koalitionen eingebunden sind. Und damit wären wir bei der SPD und in Berlin. Denn dort ist sie, sowohl im Bundestag als auch im Berliner Abgeordnetenhaus eine Koalition mit der CDU eingegangen. Und in solch einer politischen Ehe auf Zeit (wann wird die eigentlich auch für Privatmenschen diskutiert?) ist Treue ein Wert an sich. So was schmeißt man nicht gleich über Bord, nur weil sich ein attraktiver anderer Partner anbietet.
Was das praktisch bedeutet, zeigt gerade die Berliner SPD. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat seinem Koalitionspartner am Donnerstag in einer eindrucksvollen Rede vorgeworfen, die Stadt Berlin nicht verstanden zu haben, weil sie sich gegen die Homo-Ehe sperrt. Und dennoch hat er sich am Freitag bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten, weil er seine begriffsstutzigen Partner nicht vollends vergrätzen wollte.
Richtig so! Denn hätte Müller mit Ja gestimmt, wäre die Scheidung von der CDU unausweichlich gewesen. Für eine Abstimmung mit rein symbolischem Charakter ein hoher Preis. So aber lässt er seiner Partnerin noch einmal die Chance, in sich zu gehen. Berlins CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel hat bereits angekündigt, dass er die Mitglieder seiner Partei befragen will. Die Basis der hauptstädtischen Christdemokraten soll darüber abstimmen, ob sie für oder gegen die Ehe für alle ist. Deren Votum dürfte tatsächlich viel weitreichendere Auswirkungen haben, als das symbolische Positionieren der Bundesratsvertreter.
Denn entweder zementiert die CDU-Basis ihr konservatives Weltbild. Dann weiß die SPD endgültig: mit denen wird das nichts mehr. Für die nächste Koalition kann sie sich den anderen schon flirtenden potentiellen Partnern zuwenden. Oder die CDU stimmt für die Homoehe. Dann hätte die Union ihr Irland – und das wäre das ganze Theater schon wert.
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