Ulrike Herrmann über das 9-Euro-Ticket
: Auf keinen Fall verlängern

Bloß nicht! Es wäre eine ganz schlechte Idee, das 9-Euro-Ticket zu verlängern. Es ist schon schlimm genug, dass dieses Experiment drei Monate laufen soll. Die Züge sind zwar überfüllt, aber diese Fahrgastmassen brausen nicht gen Klimaschutz. Stattdessen unternehmen viele Menschen jetzt Reisen, die sie sonst unterlassen hätten – weil es gerade so schön billig ist. Die Schnäppchenjäger haben die Bahn entdeckt.

Dank Handyortung lässt sich ganz genau ermitteln, wie viele Menschen mit der Bahn oder dem Auto unterwegs sind, und die neuesten Statistiken ernüchtern: Der Bahnverkehr hat im Juni zwar um 42 Prozent zugelegt – aber der Straßenverkehr nur geringfügig abgenommen. Die Züge haben das Auto nicht verdrängt, sondern wurden zusätzlich genutzt.

Wieder einmal zeigt sich, dass „Angebote“ den Klimaschutz nicht voranbringen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass der öffentliche Nahverkehr nur attraktiv genug sein muss, damit die Autofahrer ihre Kutschen freiwillig in der Garage stehen lassen. Stattdessen erzeugen „Angebote“ vor allem neuen Verkehr.

Klimaschutz funktioniert nur umgekehrt: Autofahren darf keinen Spaß machen. So ist es sehr wirksam, die Parkplätze zu verknappen. Wenn das Auto nirgends abgestellt werden kann, fährt es meistens gar nicht erst los. Eine Maut in den Innenstädten reduziert den Straßenverkehr ebenfalls, wie London oder Stockholm bezeugen können. Außerdem sollte man darauf verzichten, Autobahnen oder Landstraßen auszubauen. Es geht also um Verzicht, nicht um „Angebote“.

Zugegeben: Für Parteien ist es schwierig, ihren Wählern zu erklären, dass sich die Mobilität verringern muss, wenn Deutschland Klimaschutz betreiben will. Verzicht kommt nicht gut an. Aber das 9-Euro-Ticket ist kein Ausweg, sondern nur sinnlos teuer. Der Dreimonatsrabatt wird den Staat 2,5 Milliarden Euro kosten.

Das einzig Gute daran: Diese Geldverschwendung kann sich die Regierung auf Dauer nicht leisten, sodass das 9-Euro-Ticket keine Zukunft hat. Zum Glück.