Debatte um Steueroasen reißt nicht ab: Luxemburg fällt langsam um
Das kleine Nachbarland will sein Bankgeheimnis lockern und deutsche Steuerflüchtlinge künftig aufdecken. Die SPD hält das Angebot jedoch für halbherzig.
BERLIN taz | Nach der Offenlegung von Daten aus Steueroasen in Übersee geraten auch die EU-Länder unter Druck, die Bürgern aus EU-Partnerstaaten Steuerschlupflöcher bieten. Als erstes Land deutete nun Luxemburg ein gewisses Einlenken an und will sein Bankgeheimnis lockern. „Wir wollen eine verstärkte Zusammenarbeit mit den ausländischen Steuerbehörden“, sagte der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden der FAS. Der internationale Trend gehe zu einem automatischen Informationsaustausch. „Den lehnen wir, anders als früher, nicht mehr strikt ab.“
Luxemburg ziele nicht auf Kunden, die Steuern sparen wollten, sondern werbe mit Stabilität, guter Beratung und internationalen Produkten, so Frieden weiter. Bisher werden deutsche Anleger in Luxemburg pauschal besteuert; für die deutschen Behörden bleiben sie anonym.
Für SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß geht das Einlenken Luxemburgs nicht weit genug. „Dieses halbherzige Angebot ist kein Beitrag zur Problemlösung“, sagte Poß am Sonntag. Wenn der Informationsaustausch nur die Zinserträge umfasse, bringe das nicht viel weiter. „Luxemburg setzt mit diesem Vorschlag seine Politik der Trippelschritte fort: Zugeständnisse gibt es nur dann, wenn sie unvermeidbar sind.“
Poß fordert, die EU-Zinsrichtlinie auf alle Kapitaleinkünfte und alle natürlichen und juristischen Personen auszudehnen. Zudem soll der automatische Informationsaustausch zum Standard in Europa werden. Erst ein umfassender Informationsaustausch, der auch alle sonstigen Einkommen erfasse, wäre ein ernsthafter Schritt zu mehr Transparenz, so Poß.
In der Kritik ist aber nicht nur Luxemburg. Man müsse nicht in die Südsee fahren, um auf Steueroasen zu stoßen, analysiert die Grünen-Bundestagsfraktion. Auch die Euro-Mitgliedsstaaten Niederlande, Zypern, Österreich und Luxemburg böten entsprechende Möglichkeiten.
Die Linkspartei fordert die sofortige Abschaffung der Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge. „Leistungslose Einkommen aus Vermögen dürfen nicht länger niedriger besteuert werden als Einkommen aus Arbeit“, sagte Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht. Darüber hinaus müssten Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten gekündigt und ihren Banken die Lizenz in Deutschland entzogen werden.
Nach einem Bericht des Focus ist die Zahl der Nutzer internationaler Steueroasen in Deutschland deutlich höher als bisher angenommen. Mindestens 100.000 Menschen hierzulande nutzen demnach Steueroasen – dazu gehörten deutsche Millionäre und Rentner, aber auch russische und arabische Geschäftsleute in Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland