Debatte um Sterbehilfe: Der Tod als Dienstleistung
Die Beihilfe zur Selbsttötung ist derzeit straffrei. Bei aktiver Hilfe müssen Ärzte bisher mit Sanktionen rechnen. Das könnte sich in diesem Jahr ändern.
FREIBURG taz | Die Neuregelung der Suizidhilfe wird eines der wichtigsten politischen Themen dieses Jahres. Was von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) als Verschärfung gedacht war, könnte am Ende sogar zu einer Liberalisierung führen.
Dabei will niemand an den Grundregeln der Sterbehlfe rütteln. Die aktive Sterbehilfe soll weiter verboten bleiben. Hier wird ein Kranker auf eigenen Wunsch durch die aktive Handlung einer anderen Person getötet, etwa indem der Arzt eine Giftspritze setzt. Dies wird laut Strafgesetzbuch als „Tötung auf Verlangen“ mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Dabei soll es bleiben.
Ebenso ist es unumstritten, dass die passive Sterbehilfe erlaubt bleiben soll. Hierbei stellt der Arzt auf Wunsch des Kranken die künstliche Ernährung oder sonstige medizinische Behandlung ein. Der Behandlungsabbruch muss straflos bleiben, denn der Arzt darf den Kranken ohnehin nicht gegen seinen Willen behandeln. Dass dies auch dann gilt, wenn der Patient nicht mehr bei Bewusstein ist, seinen Willen jedoch früher in einer Patientenverfügung festgehalten hat, das hat der Bundestag 2009 ausdrücklich geregelt. Auch hieran will niemand rütteln.
Der politische Streit konzentriert sich derzeit auf die Beihilfe zur Selbsttötung. Da der Suizid in Deutschland nicht strafbar ist, kann bisher auch die Beihilfe zur Selbsttötung nicht bestraft werden. Wer einem Selbstmörder einen Strick oder ein tödliches Medikament besorgt, begeht also keine Straftat.
Seine Mutter liegt im Wachkoma. Er möchte sie erlösen. Also beschließt Jan, sie zu töten. Die Geschichte über die Grenzen der Sterbehilfe lesen Sie in der taz.am wochenende vom 28. Februar/1. März 2015. Außerdem: Unser Fotoreporter betrinkt sich mit Chinesen. Ein Jugendlicher erklärt Erwachsenen die Welt. Und: Das Erzbistum Köln legt seine Finanzen offen. Aber entsteht dadurch echte Transparenz? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Die Abstimmung wird freigegeben
Schon seit Jahren wird jedoch diskutiert, ob nicht die organisierte Hilfe zur Selbsttötung strafbar werden soll. Gemeint sind damit Vereine wie „Sterbehilfe Deutschland“ des ehemaligen Hamburger CDU-Innensenators Roger Kusch. Suizidhilfe soll nicht zu einer mehr oder weniger normalen Dienstleistung werden, so das Argument. Diese Diskussion griff Gesundheitsminister Gröhe Anfang 2014 auf. Er hoffte, dass sich diese Strafrechtsverschärfung mit der SPD besser durchsetzen lässt als in der letzten Wahlperiode mit der FDP.
Allerdings soll dieses Mal im Bundestag die Abstimmung freigegeben werden, weshalb die Bundesregierung längst die Hoheit über die Diskussion verloren hat. Diskutiert wird derzeit vor allem über die Rolle der Ärzte bei der Suizidhilfe. Eigentlich ist auch für Mediziner die Hilfe zur Selbsttötung nicht strafbar. In vielen Bundesländern droht ihnen aber standesrechtlich der Entzug der Zulassung. Im Bundestag wird deshalb diskutiert, ob der ärztlich assistierte Suizid künftig im Gesetz ausdrücklich erlaubt werden sollte. Einen entsprechenden Antrag bereiten Koalitionspolitiker um Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) vor.
Es spricht aber viel dafür, dass am Ende rechtlich alles beim Alten bleibt. Auch viele Liberalisierungs-Befürworter wie Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD, plädieren inzwischen gegen jede Änderung. Die Ärzte könnten das standesrechtliche Verbot ja einfach ignorieren, so Fechner, denn die Ärztekammern hätten gar kein Mandat für so tiefgreifende Regelungen.
Was passieren kann, wenn keine Patientenverfügung vorhanden ist, ein Mensch aber schon seit Jahren im Wachkoma liegt, erzählt die Titelgeschichte der taz.am wochenende vom 28. Februar/1. März 2015 zum Thema Sterbehilfe: „Ist das noch ein Leben?“ Martina Rosenberg beschreibt darin das Dilemma eines jungen Mannes, der seine Mutter nicht länger leiden lassen wollte und eines Tages beschloss, sie umzubringen.
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