piwik no script img

Debatte um LohnungleichheitOst-West-Abstand wird kleiner

Sind die Lebensbedingungen zwischen Ost- und Westdeutschland noch immer ungleich verteilt? Die Meinungen darüber gehen auseinander.

Blühen die Landschaften? Das hängt von mehr ab als vom Einkommen Foto: dpa

Erfurt dpa | Die Angleichung der Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland stagniert nach Ansicht von Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) nicht. „Wir sind immer noch in einer Aufholjagd. Die jetzige Etappe ist die schwerste“, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Der Linke-Politiker widersprach Äußerungen des Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte. Hirte geht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in Ost- und Westdeutschland in den nächsten Jahren wegen des Einwohnerschwunds wieder stärker auseinanderklafft.

Ramelow verwies auf positive Entwicklungen am Arbeitsmarkt mit regionalen Werten nahe an der Vollbeschäftigung wie im Süden Thüringens. Nach wie vor gebe es Ansiedlungserfolge in den ostdeutschen Ländern wie zuletzt die Entscheidung des chinesischen Unternehmens CATL (Contemporary Amperex Technology Ltd.), in Thüringen eine der größten Batteriezellen-Fabriken für Elektroautos in Europa zu bauen. Die Vereinbarung dazu war im Juli unterschrieben worden.

Der Regierungschef hofft, dass die Investitionsentscheidung Signalwirkung hat, „und dass sich andere Firmen um den Technologieträger herum ansiedeln“. Das könnte positive Effekte auch für die Lohnentwicklung haben. Noch liegen die Bruttoarbeitsentgelte in Thüringen – aber auch anderen ostdeutschen Bundesländern – deutlich unter dem westdeutschen Durchschnitt.

„Ich glaube, dass die Bruttoeinkommen in Ost und West nie ganz vergleichbar werden“, so Ramelow. „Aber wir sollten dafür sorgen, dass es die Haushaltseinkommen werden.“ Letztlich gehe es doch darum, was sich Familien mit ihrem Einkommen leisten könnten. Da spielten Aspekte wie Kita-Gebühren oder ein gebührenfreies Kita-Jahr, Wohnkosten und Infrastrukturangebote eine Rolle.

Wo kann man besser vom Gehalt leben?

Bei den Steuereinnahmen hingegen sieht der Linke-Politiker Ostdeutschland noch auf Dauer hinter Westdeutschland. „Dass sich die Schere nicht schließt, das stimmt nur bei der Steuerkraft.“ Ein Grund dafür seien die fehlenden Konzernzentralen zwischen Rostock und Suhl, die nicht nur für gut bezahlte Jobs, sondern auch Steuereinnahmen sorgten.

„Ich bin in Niedersachsen geboren“, sagte Ramelow. Auch dort gebe es Regionen mit unterschiedlicher Entwicklung. „Warum sollte sich Artern nicht mit Bremerhaven vergleichen?“

Hirte hatte wie Ramelow davor gewarnt, die Lebensqualität in Ostdeutschland schlecht zu reden. „Die Frage ist, ob jemand mit einem tollen Gehalt in München wirklich davon besser leben kann als jemand in Sachsen-Anhalt, wo beide Eltern arbeiten gehen können, die Kinderbetreuung klappt und wo man sich ein bezahlbares Haus leisten kann“, sagte der Ost-Beauftragte. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse werde nicht aufgegeben, hatte der CDU-Politiker bekräftigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse" brauchen die Politiker nicht aufzugeben. Das können sie notfalls auch dadurch erreichen, dass sie den Westen "nach unten" anpassen mit ihren Fehlentscheidungen.