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Debatte um FeiertageUnternehmens-Verbände wollen arbeitsfreien Frauentag kippen

UVB-Chef Schirp fordert angesichts von Stagnation Verzicht auf Feiertag am 8. März. Das soll der Berliner Wirtschaft 230 Millionen Euro bringen.

Am seit 2019 in Berlin arbeitsfreien Frauentag zog am 8. März 2024 eine Demonstration über die Straße Unter den Linden Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), wirtschaftspolitische Spitzenorganisation der Region, fordern, den 8. März als arbeitsfreien Feiertag aus Kostengründen zu streichen. Dafür hat sich am Dienstag UVB-Chef Alexander Schirp vor Journalisten ausgesprochen. Die Industrie- und Handelskammer teilt diese Sicht: Eine ehrliche Diskussion auch über Feiertage sei „nicht nur berechtigt, sondern notwendig“, sagte IHK-Chefin Manja Schreiner zur taz.

Das Abgeordnetenhaus hatte erst im Januar 2019 beschlossen, einen zusätzlichen Feiertag einzuführen und diesen am Frauentag zu begehen. Zuvor waren dafür auch der 8. Mai, der Reformationstag und der 9. November im Gespräch. Den Anstoß zu einem weiteren Feiertag hatte der damalige Regierungschef Michael Müller (SPD) in einem Interview im Frühjahr 2018 gegeben. Treibende Kraft, den Feiertag auf den 8. März zu legen, wurde die heutige Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Hintergrund war, dass Berlin mit damals neun deutlich weniger Feiertage hat als andere Bundesländer; in Bayern etwa sind es 13.

Anlass für den UVB-Vorstoß vom Dienstag ist die Einschätzung der Verbände zu Berlins wirtschaftlicher Lage. „Die Wirtschaft der Region steckt fest in der Stagnation“, resümierten sie zum Jahresauftakt. Sie sehen keine Wende bei der Konjunktur, der Infrastruktur würden 50 Millionen Euro an Investitionen fehlen. Wenn man auf einen Feiertag verzichte, würden „zusätzlich 230 Millionen Euro volkswirtschaftlich erwirtschaftet“.

UVB-Chef Alexander Schirp mochte seine Forderung nach einem wegfallenden freien Tag nicht als inhaltlich gegen den Frauentag gerichtet sehen. Bei diesem zuletzt eingerichteten Feiertag sieht er größere Chancen, ihn zu streichen, weil es sich nicht um einen bundesweiten Feiertag handelt. Laut Schirp hat man auch über den 3. Oktober und den Pfingstmontag nachgedacht. Außer in Berlin ist der 8. März nur noch in Mecklenburg-Vorpommern – seit 2023 – ein arbeitsfreier Tag. Man könne natürlich an dem Feiertag festhalten, „es soll nur dann keiner Krokodilstränen weinen, wenn wir nicht aus der Kurve kommen“, sagte Schirp.

Grüne: Keine Problemlösung

Der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Michael Kellner (Grüne) sieht das deutlich anders. „Die strukturellen Herausforderungen in Berlin und Brandenburg – von der stagnierenden Wirtschaft bis hin zu Investitionsstaus – werden nicht durch weniger Feiertage gelöst“, reagierte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium auf die Forderung des UVB-Chefs.

Die Unternehmensverbände sprechen sich auch für weitere Schritte aus, die aus ihrer Sicht die Wirtschaftskraft Berlins ankurbeln würden. Weiterhelfen würden demnach auch mehr verkaufsoffene Sonntage. Schirp sprach sich für acht solcher Sonntage aus. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat für 2025 lediglich vier erlaubt. Die UVB-Argumentation: Jeder solche Sonntag sorge für 50 Millionen Euro mehr Umsatz, weil Touristen die zusätzliche Einkaufsmöglichkeit nutzen würden.

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1 Kommentar

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  • Meine kleine Meinung: klar verzichte ich auf den läppischen Tag, wenn ich im Gegenzug gerecht entlohnt werde. Gern kann sich Schlaufuchs Schirp mal darüber Gedanken machen, um wieviel mehr die Wirtschaft belastet wäre, wenn der Gender-Pay-Gap endlich geschlossen werde. Nein? Grad nicht drin? Na dann lass uns Frauen doch wenigstens den schwachen Trost eines freien Tages. Ganz sicher kurbelt ein Tag nicht die Wirtschaft an (Face Palm)… immer wieder beeindruckend, wenn wirklichkeitsferne Lappen aus unternehmerischer Spitzenpositionssicht politische Entscheidungen für alle treffen wollen.