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Debatte über große KoalitionBerliner SPD will nicht mitregieren

Anders als die Brandenburger SPD-Spitze sagt der hiesige Landesvorstand klar Nein zur Groko – gegen das Votum von Parteichef Michael Müller

Ist der Zug für ihn abgefahren? SPD-Chef Müller konnte sich im Parteivorstand nicht durchsetzen Foto: dpa

Führungsausbau in Berlin auf 2:0, Anschlusstreffer in Potsdam zum 2:1 – der SPD-interne Streit über eine erneute große Koalition, kurz Groko, hatte am Montagabend etwas von einem Fußballspiel. Mit klarer Mehrheit lehnte erst die Berliner Parteispitze als zweiter SPD-Landesverband nach Sachsen-Anhalt Koalitionsverhandlungen mit der CDU ab, bevor der Brandenburger Landesvorstand knapp eine Stunde später verkürzte. CDU-Landeschefin Monika Grütters, als Kulturministerin Mitglied der aktuellen Bundesregierung, zeigte sich enttäuscht: Das Ergebnis der schwarz-roten Sondierung beinhalte „zahlreiche gute Punkte, gerade für Berlin“. Das Vorstandsvotum ist zwar nicht bindend. Insider gehen aber davon aus, dass 80 Prozent der 23 Berliner Delegierten am Sonntag beim SPD-Bundesparteitag in Bonn mit Nein stimmen werden.

Acht für die Große Koalition, kurz Groko, 21 dagegen, darunter der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, hieß am Montag kurz vor 20 Uhr das Ergebnis nach mehrstündiger Beratung in der SPD-Landeszentrale im Wedding. Zu den Unterlegenen gehörte auch Partei- und Regierungschef Michael Müller. Der hatte am Wochenende in einem Tagesspiegel-Interview zwar gute Ansätze gesehen, aber auch harte Kritik an dem Ergebnis der schwarz-roten Sondierungsgespräche geübt. „Bei Wohnen, Zuwanderung und Integration geht es so nicht“, sagte Müller.

Im Landesvorstand rückte er am Montagabend davon auch nicht ab: Wenn das Sondierungsergebnis der Koalitionsvertrag sei, müsste man es ablehnen, sagte er nach Teilnehmerangaben – das sei aber nicht so. Es sei vielmehr nur die Grundlage für Verhandlungen, in denen man noch etwas herausholen könne.

In Müllers Umfeld mühte man sich sehr, das Ergebnis als erwartbar darzustellen: „Es war klar, dass der linkeste aller linken Landesverbände dieses Papier nicht annehmen konnte.“ SPD-Sprecherin Birte Huizing sagte der taz, Müller habe nicht gedrängt, seinem Votum zu folgen. Es habe zwar eine emotionale Debatte über die Inhalte, aber keine persönlichen Anfeindungen gegeben. Parteivizechefin Iris Spranger mag sich nicht mit dem Argument drohender Neuwahlen in eine Groko drängen lassen: „Wir müssen nicht Frau Merkel den Hintern retten“, sagte sie der taz, „ich sehe eine Minderheitsregierung durchaus als Möglichkeit.“

Aus Teilnehmerkreisen verlautete, die ablehnende Haltung der CDU zum Familiennachzug sei „so ein bisschen der Todesstoß“ gewesen. Außerdem hätten Worte von CSU-Frontmann Alexander Dobrindt viele an einer vernünftigen Zusammenarbeit mit den Unionsparteien zweifeln lassen: Der Landesgruppenchef der Christsozialen im Bundestag hatte SPD-Kritik am Sondierungsergebnis als „Zwergenaufstand“ abgetan.

Noch deutlicher, als die Berliner Genossen sich gegen eine Groko wandten, stimmte der brandenburgische SPD-Landesvorstand für Koalitionsverhandlungen, nämlich mit 9 zu 2 Stimmen. Der Landesvorsitzende Dietmar Woidke hatte zuvor stark für eine erneute Groko geworben. Seine Haltung: SPD-intern werde ein Ergebnis schlechtgeredet von einigen, die grundsätzlich gegen eine Große Koalition sind.

Letztlich ist weder das Berliner noch das Brandenburger Ergebnis oder die Haltung der SPD in Sachsen-Anhalt entscheidend für den Ausgang des Bundesparteitags: Die drei Landesverbände haben zusammen nur 33 der rund 600 Delegierten, während die nordrhein-westfälische SPD allein rund 150 stellt.

Wir müssen nicht Frau Merkel den Hintern retten

SPD-Vizechefin Iris Spranger

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Aus Teilnehmerkreisen verlautete, die ablehnende Haltung der CDU zum Familiennachzug sei „so ein bisschen der Todesstoß“ gewesen."

     

    Papst Franziskus stellt für dieses Jahr unter anderem Menschenrechte, Migration und Frieden in Nahost in den Mittelpunkt der Vatikandiplomatie. Beim traditionellen Neujahrsempfang für Diplomaten, die beim Heiligen Stuhl akkreditiert sind, beklagte er am Montag weltweite Verletzungen der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, die vor 70 Jahren verabschiedet worden war.

     

    Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik warnte der Papst davor, "alteingesessene Ängste zu schüren". Migrationsbewegungen prägten seit jeher die Menschheitsgeschichte. Überdies gehöre die Freiheit, das eigene Land zu verlassen und wieder dorthin zurückzukehren, zu den Grundrechten. Wenn die katholische Kirche von Menschenrechten spreche, bedeute das für sie vor allem, immer wieder auf die zentrale Würde des Menschen, der von Gott gewollt sei, hinzuweisen.

    https://www.domradio.de/themen/vatikan/2018-01-08/papst-kritisiert-missachtung-der-familie-und-ruft-zu-frieden-und-klimaschutz-auf

    • @Stefan Mustermann:

      Papst Franziskus hat westliche Gesellschaften dafür kritisiert, dass sie die Familie "als eine veraltete Institution" betrachteten. "Der Stabilität eines endgültigen Projekts zieht man heute flüchtige Bindungen vor", sagte das Kirchenoberhaupt am Montag in seiner Neujahrsansprache an Diplomaten im Vatikan.

       

      Es sei daher dringlich, "wirksame politische Fördermaßnahmen zugunsten der Familie" zu ergreifen. Denn ohne diese werde es "keine Gesellschaft geben, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist". Die Familie sei "die Gemeinschaft der treuen und unauflöslichen Liebe, die Mann und Frau eint", so Franziskus.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Nach allem, was passiert ist, mit der CSU in eine Koaliution gehen zu wollen, hat schon was von Masochismus. Was sollen denn Dobrindt, noch machen, damit die SPD sagt: "Nein, mit der CSU gehen wir in keine Koalition".

    Man hat den Eindruck, Dobrindt, Scheuer und Co. tun ihr Bestes, damit die SPD Ggenau das macht. Aber das Beste ist einfach nicht gut genug.

    Dabei wäre es so einfach: Die SPD müsste der CDU einfach nur sagen, dass sie nur mit CDU und Grünen über eine Koaliton verhandeln, aber nicht mehr mit der CSU.

    Dann kann Merkel sehen wie sie da wieder rauskommt und die CSU kann in der Opposition poltern wie Rumpelstilzchen und der AfD Wähler abjagen