Debatte über Asklepios-Rückkauf: Nochmal das Volk fragen

Die Linke plant eine Volksinitiative zum Rückkauf der Asklepios-Kliniken. Ein Gutachten bezweifelt, dass das geht. Europa-Politiker De Masi erwägt Verstaatlichung

Außen hui, Innen pfui? Asklepios nach der Privatisierung Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Die Linke erwägt eine Volksinitiative zur Rekommunalisierung der Hamburger Krankenhäuser. „Wir sind noch am Anfang der Planung“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Deniz Celik, zur taz. Noch im Januar will er mit potenziellen Bündnispartnern sprechen. Anlass ist die Diskussion über die Qualität der Versorgung und die Personaldecke in den Asklepios-Kliniken nach einem Bericht des Spiegel (siehe Kasten). Darin wurde auch thematisiert, dass die Stadt Hamburg zwar noch einen 25,1-Prozent-Anteil, aber wenig Einfluss auf seine ehemaligen Krankenhäuser hat.

Das Vorhaben der Linken wäre die zweite Volksbefragung: Bereits 2004 stimmten die Hamburger beim Volksentscheid „Gesundheit ist keine Ware“ mit großer Mehrheit dafür, die Kliniken im Besitz der Stadt zu belassen. Die damalige CDU-Regierung setzte sich darüber hinweg. Erst 2009 wurden Volksentscheide verbindlich.

Die Verträge, die die CDU damals aushandelte, bezeichnet SPD-Fraktionschef Andreas Dressel als „höchst ungünstig für Stadt und Arbeitnehmerinteressen“. Doch die SPD sieht keine Rückkaufperspektive, der Preis wäre zu hoch.

Als gering beurteilt auch ein Kurzgutachten, das die Linksfraktion 2014 bei einem Berliner Consulting-Büro in Auftrag gab, die Spielräume für eine Rekommunalisierung der Kliniken. Diese könne „nur über den Weg der Veräußerung von Anteilen des Mehrheitseigentümers Asklepios an die Stadt Hamburg als Minderheitseigentümer“ erfolgen, heißt es dort.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel wirft dem Asklepios-Konzern vor, auf dem Rücken von Ärzten und Pflegekräften Gewinne zu erwirtschaften. In diesem Jahr hätten die Pflegekräfte der sieben Kliniken mit rund 5.200 „Gefährdungsanzeigen“ auf den Personalmangel aufmerksam gemacht.

Eine Sonderprüfung kündigte daraufhin Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storks (SPD) an.

Die Asklepios-Kliniken Hamburg GmbH erklärte, hohe medizinische Qualität und Sicherheit stünden bei ihnen an erster Stelle. Unabhängige Untersuchungen bestätigten demnach, dass man im deutschen Krankenhaussektor führend sei.

Seinen Gewinn hätte die Firma wieder komplett in die Kliniken investiert. In Hamburg habe man seit 2004 mehr als 600 Millionen Euro aus Eigenmitteln investiert, erklärte der Konzern.

Ein Volksentscheid könne den Senat nur auffordern, mit dem Eigentümer darüber zu verhandeln. Verbindlichere Formulierungen, etwa dass die Krankenhäuser in öffentliche Hand „zu überführen sind“, fänden ihre Grenze in der Eigentumsgarantie durch Artikel 14 des Grundgesetzes. Auch könne Hamburg aus kartellrechtlichen Gründen keine neue Krankenhäuser bauen oder sich an anderen Kliniken beteiligen, schreiben die Gutachter.

Doch die Aussagekraft dieses Gutachtens wird in der Linken als begrenzt eingestuft. So kannten die Autoren nicht die Verträge zwischen Stadt und Klinik. Auch wird die Frage, wie Hamburg seine Anteile wieder erhöhen kann, explizit nicht untersucht. Celik erwägt nun, ein weiteres, juristisches Gutachten in Auftrag zu geben.

Unterstützt wird er vom Europa-Abgeordneten Fabio De Masi (Die Linke). Er habe im Sommer mit Ärzten und Pflegern einer Asklepios-Klinik gesprochen. „Die waren für eine Rekommunalisierung“, sagt er.

Ganz ohne Druckmittel stehe die Stadt nicht da: Ähnlich wie man zu Zeiten der Finanzkrise darüber nachgedacht habe, Banken zu verstaatlichen, wären auch bei Kliniken „Verstaatlichungen statthaft, wenn es dem öffentlichen Wohl dient“, so der Volkswirt De Masi. Natürlich müsse dabei Entschädigung gezahlt werden. „Aber die Hamburger Krankenhäuser wurden Asklepios ja fast geschenkt.“

Ronald Kelm von der AG Gesundheit der Linken verweist darauf, dass in jüngster Zeit mit dem „Lex Airbus“ ein Landesgesetz für Enteignungen geschaffen wurde: Bauern in Neuenfelde mussten Gründstücke hergeben, weil der Ausbau der Airbus-Landebahn dem Gemeinwohl diente.

Ähnlich sieht das die Medizin-Ethikerin Anne Urschll, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Gesundheit der Linken: „Juristen tendieren zu der Ansicht, dass Rekommunalisierung von Kliniken über Artikel 20 des Grundgesetzes abgedeckt sind.“ Krankenversorgung sei Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, kartellrechtliche Bedenken dabei abwegig.

*Dieser Text wurde aktualisiert. In der ersten Version lautete das Zitat im achten Absatz, es wären auch bei Kliniken „enteignungsgleiche Eingriffe statthaft, wenn es dem öffentlichen Wohl dient“.

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