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Debatte WeihnachtskasinoDer Papst und das Kapital

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Der neue Papst sagt, unsere Wirtschaft tötet. Er geißelt die Armut und das Geld. Doch Systemkritik übt er nicht. Ist er trotzdem ein Marxist?

Sieht so ein Marxist aus? Bild: reuters

I st der neue Papst ein Marxist? Pünktlich zum ersten Advent hat Franziskus ein apostolisches Schreiben verfasst, das den Titel „Die Freude des Evangeliums“ trägt. Der Text ist 180 Seiten lang, und einige Absätze wirken, als wolle der Papst den Kapitalismus abschaffen.

Die weltweite Aufregung war groß genug, dass der Papst der italienischen Zeitung La Stampa eigens ein Interview gab, um zu versichern, dass er kein Marxist sei. In Deutschland sprang ihm Reinhard Kardinal Marx bei, der in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärte, warum sein Namensvetter und Franziskus nicht zu verwechseln seien.

Um es kurz zu machen: Es stimmt. Franziskus ist kein Marxist. Dennoch ist es kein dummer Zufall, dass dieses Missverständnis aufkam. An einigen Stellen drückt sich der Papst so apodiktisch aus, dass es nach grundsätzlicher Systemkritik klingt.

Besondere Furore machte der Satz: „Diese Wirtschaft tötet.“ Denn diese Aussage wurde noch gesteigert, indem ihr ein sehr anschauliches Beispiel folgte: „Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht.“

Fetischismus des Geldes

Ähnlich kompromisslos klingt der Papst, wenn er die „neue Vergötterung des Geldes“ geißelt: „Wir haben neue Götzen geschaffen. Die Anbetung des antiken goldenen Kalbes hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht und ohne ein wirklich menschliches Ziel.“

Dagegen setzt der Papst die Losung des christlichen Asketen Johannes Chrysostomus, der im 4. Jahrhundert Erzbischof von Konstantinopel war: „Die eigenen Güter nicht mit den Armen zu teilen bedeutet, diese zu bestehlen und ihnen das Leben zu entziehen. Die Güter, die wir besitzen, gehören nicht uns, sondern ihnen.“

Christmette

Bei seiner ersten Christmette als Kirchenoberhaupt hat Papst Franziskus für Demut und Milde im Umgang mit den Armen und Ausgegrenzten geworben. Als Beispiel nannte er in seiner Predigt im Petersdom die bescheidenen Anfänge Jesu. Zum Auftakt der Mette legte der Papst eine Jesuskind-Statue in eine Krippe und küsste die Figur, die er beim Einzug in die Kirche auch selbst trug. Das Bild sollte offenbar die Botschaft der Demut widerspiegeln: Andere Päpste vor ihm hatten die Jesuskind-Statue bei der Christmette stets von Helfern tragen lassen. (ap)

Der Papst hat recht, die Armut ist ein Skandal. Aber was folgt daraus? Dies erfährt man bei Franziskus nicht. So stark seine Worte sind – so schwach ist die Analyse. Stattdessen zieht sich der Papst auf die Ethik der Bibel und der Kirchenväter zurück. Er will die Welt „evangelisieren“, wie Kardinal Marx das Projekt umschreibt. „Es geht ihm um die Verkündigung der Frohen Botschaft von Jesus Christus, die Auswirkungen haben muss auf das ganze Leben der Menschen.“

Dies ist ein ehrenwertes Ziel, wird aber folgenlos bleiben, wie die Geschichte zeigt. Seit 2.000 Jahren werden die Lehren Jesu verkündet – aber 1.800 Jahre lang änderte sich nichts an der globalen Armut. Die meisten Menschen schufteten auf dem Land, starben früh und waren den Adligen hörig.

Auch Könige hatten Typhus

Die wenigen Reichen lebten zwar gut, aber keineswegs so gut wie der normale Westeuropäer heute. Auch Könige verendeten an Typhus und hatten weder Heizung noch hygienische Badezimmer.

Es war nicht die Kirche, die viele Menschen aus der Armut herausgeführt hat – sondern die Industrialisierung, die ab 1760 in England einsetzte. Der Wohlstand ist also genau jenem Kapitalismus zu verdanken, der nun von Franziskus angeprangert wird. Dieser Widerspruch ist dem Papst offenbar bewusst, denn eine seiner zentralen Sentenzen ist bemerkenswert verschwurbelt.

Erster Satz: „Wir dürfen nicht mehr auf die blinden Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes vertrauen.“ Dies klingt noch vertraut systemkritisch.

Zweiter Satz: „Das Wachstum in Gerechtigkeit erfordert etwas, das mehr ist als Wirtschaftswachstum, auch wenn es dieses voraussetzt.“ Aha, Kapitalismus muss also doch sein, damit es überhaupt etwas zu verteilen gibt.

Bloß nicht konkret werden

Dritter Satz: „Es verlangt Entscheidungen, Programme, Mechanismen und Prozesse, die ganz spezifisch ausgerichtet sind auf eine bessere Verteilung der Einkünfte.“ Diese Forderung ist derart vage, dass Kanzlerin Merkel mühelos mithalten könnte. „Spezifische Entscheidungen“ klingen immer gut – aber was soll das sein? Hier spricht offenbar der Kirchendiplomat, der niemanden vergraulen will.

Es ist verständlich, dass der Papst als oberster Hirte einer buntscheckigen Globalgemeinde keine politischen Aussagen treffen will. Reiche wie Arme, Westeuropäer wie Lateinamerikaner, Konservative wie Progressive sollen sich vertreten fühlen. Also wählt Franziskus Worte, die zwar radikal klingen, aber allseits „anschlussfähig“ sind, wie das moderne PR-Wort für diese Strategie heißt.

Doch diese Strategie könnte fatale Folgen haben. Der Papst selbst hofft zwar, dass er die Welt wachrüttelt, indem er drastische Worte wählt. Doch tatsächlich dürfte er jene Ungerechtigkeit zementieren, die er bekämpfen will.

Systemwechsel aussichtslos

Das erste Problem ist, dass seine scheinbare Fundamentalkritik den Eindruck hinterlässt, man müsse das jetzige System komplett abschaffen, um die Armut zu lindern. Doch ein Systemwechsel ist aussichtslos, schon weil radikale Veränderungen bei den allermeisten Bürgern Angst auslösen. Zudem wird verdeckt, dass kleine Reformen reichen würden, um die Ungleichheit zu reduzieren.

Aus der Geschichte des Kapitalismus weiß man, wie wirkungsvoll es ist, Mindestlöhne einzuführen und die Reichen höher zu besteuern. Aber ein so konkretes Wort wie „Steuern“ kommt bei Franziskus nirgends vor.

Dies führt zum zweiten Problem: Die Sprache des Papstes ist zwar anklagend, aber wolkig. Es bleibt unklar, was sich eigentlich ändern soll. So ist nicht deutlich, ob der Papst den gesamten Kapitalismus kritisiert oder nur den Finanzkapitalismus, ob er beides für das Gleiche hält und wie er Marktwirtschaft und Kapitalismus unterscheidet. Der Papst interessiert sich zwar für Armut, aber offenbar nicht für wirtschaftliche Zusammenhänge.

Das war bei Marx anders. Nicht alle seine ökonomischen Erkenntnisse waren richtig, aber er wollte verstehen, wie der Kapitalismus funktioniert. In diesem Sinne ist es bedauerlich, dass der Papst kein Marxist ist. Mehr Neugier hätte nicht geschadet.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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38 Kommentare

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  • J
    Jengre

    "Es war nicht die Kirche, die viele Menschen aus der Armut herausgeführt hat – sondern die Industrialisierung, die ab 1760 in England einsetzte. Der Wohlstand ist also genau jenem Kapitalismus zu verdanken, der nun von Franziskus angeprangert wird." Die Kirche war's sicher nicht, aber "der Kapitalismus" auch nicht. Es waren Innovationen, die das Leben angenehmer machten - und zwar lange nur für die besitzende Klasse. Wie schon in früheren Jahrhunderten. Daß das Profitstreben der Kapitalisten diese Innovationen hervorgebracht hätte, ist die zentrale Apologetik des Kapitalismus, und es ist bedauerlich, daß diese auch in der taz verbreitet wird. Große infrastrukturelle Verbesserunges des Lebensstandards wie Wassernetze waren ohnehin staatliche Projekte, keine privaten. Aber ich verstehe, daß geschmollt wird, wenn jetzt die katholische Kirche den Kapitalismus angeht, während das linke Establishment vollkommen systemkonform ist.

  • G
    Gast

    Es verlangt Entscheidungen, Programme, Mechanismen und Prozesse, die ganz spezifisch ausgerichtet sind auf eine bessere Verteilung der Einkünfte.

     

    Was bitte ist denn daran verschwurbelt? Noch konkreter und kompakter kann man doch nicht sagen, dass es erstens eine gleichmäßigere Verteilung geben sollte und dass dafür Änderungen und eine Menge Nachdenken nötig sind. Er spricht damit doch auch das geistige Vakuum an das in den Köpfen herrscht, die Unfähigkeit z.B. die Möglichkeiten der globalen Vernetzung zur Herstellung von Gerechtigkeit zu nutzen und die ständig steigende Rechenpower evt. auch einfach mal zu benutzen um der Komplexität Herr zu werden die eine derartige Aufgabe mit sich bringt. Und dann noch, der Mann war mal Chemiker, das macht für das Denken eine Menge aus...

  • S
    sarko

    "Doch ein Systemwechsel ist aussichtslos, schon weil radikale Veränderungen bei den allermeisten Bürgern Angst auslösen. Zudem wird verdeckt, dass kleine Reformen reichen würden, um die Ungleichheit zu reduzieren."

    Und : "... weiß man, wie wirkungsvoll es ist, Mindestlöhne einzuführen und die Reichen höher zu besteuern."

     

    Das also , liebe Frau Herrmann , ist Ihr eigenes (verzweifeltes?)Credo zur Causa Kapitalismus . Mir scheint ,Sie zucken selbst aus Angst davor zurück zu sagen : Der Kapitalismus ist j e t z t zum Übel der Übel geworden und muß als menschen"gemachtes" und von Menschen auch überwindbares , schein-naturgesetzliches System überwunden werden .

    Dass die allermeisten Bürger Angst vor radikalen Änderungen haben , ist richtig , aber leider nicht mal der wichtigste Teil der Wahrheit : als Individuen sind die Allermeisten wie die einzelnen Bienen im Bienenstock - keine von ihnen weiß , wie das Ganze funktioniert .

    Nur : Bienen und Ameisen haben auch weder den geringsten Anlaß noch die Möglichkeit , das "Ganze" in Frage zu stellen und grundlegend umzuwälzen .

    Menschen aber , Millionen Menschen , leiden unter dem "menschengemachten" System und können ("könnten"...) auch erkennen , warum und woran sie leiden .

    Entweder sie überwinden Angst und Denkfaulheit kraft ihres Leidens ...- oder ...

  • ja, die kritik ist berechtigt, doch seien wir mal ehrlich. hätten wir uns einen solchen papst vorstellen können ?

    deshalb bin ich zufrieden, denn ich traue dem papst durchaus zu, bei gegebenem anlass konkreter zu werden.

  • C
    Christoph

    In einem anderen Sinne ist es bedauerlich, dass Karl Marx kein Katholik war. Mehr Neugier hätte nicht geschadet.

  • G
    Gast

    Radikale Veränderungen müssen nicht unbedingt zu einer Verbesserung führen. Auch wenn manche Marxisten da Heilsversprechen geben zu können. leider wurde und wird auch im Namen von Marx gemordet, eingesperrt, ausgenutzt usw.

    In Europa glauben immer weniger Menschen an Heilsversprechen jeglicher Art...vielleicht ist das sogar eine Chance aus alten Ideologien, Feindschaften usw herauszufinden? Die Erfahrungen der Befreiungstheologie sind für mich manchmal interessanter als von so manchem Antikapitalisten oder Marxisten. (hier nenne ich mal als Beispiel die MLPD, die ich gruselig finde). Aber da muss jeder eigene Prioritäten setzen. Hauptsache man handelt danach...oder versucht es.

    • C
      cosmopol
      @Gast:

      Der Witz dabei ist, mit Marx lässt sich eigentlich kein Heilsversprechen abgeben sondern nur eine politische Zielvorstellung...

       

      "Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt." - Karl Marx, Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie.

       

      Aber was politreligiöse ML-Spinner und Stalinfans vom Schlag der MLPD daraus machen steht noch mal auf einem anderen Blatt. ;)

  • S
    sarko

    "Die Sprache des Papstes ist zwar anklagend, aber wolkig. Es bleibt unklar, was sich eigentlich ändern soll. "

    Liebe Frau Herrmann , ... sagen Sie uns : Warum sollte ein Papst(!) zum Thema Kapitalismus theoretisch reflektierten Klartext reden , wozu hierzulande eine Partei ,die sich selbst 'Die Linke' nennt , nicht die Traute hat ?

  • W
    Wolfgang

    Aufklärung vs. religiöser Weihrauch

     

    Ausnahmslos, alle christlichen Kirchen und Religionen stehen ideologisch und politisch an der Seite der herrschenden Reichen.

     

    Konkret, an der Seite der herrschenden Finanz- und Monopolbourgeoisien in Deutschland und deren Europäischen Union, deren spätbürgerlichen und postfaschistischen Administrationen: den historischen und staatsmonopolitischen Gewalt-, Staatsschutz-, Überwachungs- und Beamtenapparat, alle spätbürgerlichen und modifiziert kapital-faschistischen Parteien, - Wissenschaften, - Regierungen und - Parlamente.

  • Papst und Marxist sein schliessen sich gegenseitig aus! Eine dümmliche Überschrift.

  • G
    gast

    So stark seine Worte sind – so schwach ist die Analyse.

     

    Er spricht über das was er denkt aus ganzem Herzen. Da gibt es nichts zu analysieren, das tun die Journalisten, oder Kommentarschreiber auf dieser Seite.

     

    Regenwetter, der Papst kann nicht die Prunkkirchen einreissen, dafür aber lebt er in Rom in großer Bescheidenheit.

     

    Dieser Papst ist jedenfalls einer, der aus bescheidenen Verhältnissen kommt, der Korruption und Geldgier und dessen Folgen sehr gut kennt dort wo er geboren wurde.

     

    Das ist der erste Papst, wo ich sage, er ist es wert Kirchensteuer zu zahlen. Aber einen Weg zurück in die einheimsende Kirchengeierriege gibt es nicht.

     

    Während ich wegen dem neuen Papst gerne Steuer zahlen würde, möchte ich es nicht, weil es Menschen wie den Bischof gibt, der sich von Geldern der Kirchgänger einen Prunkpalast baute.

     

    Macht und Geldgier wird uns schon ab Kita eingetrichtert, von Firmeninhabern und Politikern vorgelebt. Da schaut jeder nur auf sich, nicht auf das "einfache" Volk, ganz besonders die Rentner

    • @gast:

      Ja, der aktuelle Papst scheint nett. Aber nach ein paar Jahrtausenden ist man ein wenig misstrauisch geworden. Den Wechsel von "guter Papst" zu "böser Papst" und wieder zu "guter Papst" könnte man auch als Zuckerbrot und Peitsche ansehen. Letztlich wollen alle dasselbe.

  • S
    sarko

    Als ob es darauf ankommen könnte , ob ein Papst(!) zum Thema Kapitalismus Wolkiges von sich gibt oder Klartext redet ! Ein Mann , der als erste Adresse für den 'Glauben' seiner 'Schafe' zuständig ist , für einen Glauben , der eine "spezifische" Vernunft voraussetzt , um daran glauben zu können . Dass sich diese spezifische Vernunft immer noch bei Millionen Menschen findet , ist für "Ungläubige" ein Mysterium .

  • C
    cosmopol

    Na, dann kann die Kirche ja jetzt mal anfangen ihren Hort für die Armen zu plündern. ;)

  • S
    Spottdrossel

    Mit der Wahl dieses Papstes ("Franziskus" !)hat der olle Mummenschanzverein einen genialen PR-Coup gelandet . Das muß man neidlos anerkennen . Stilles Gebet eines rundum "Ungläubigen" zum "Christfeste" : Mögen immer mehr kluggewordene Schafe den Vereinsausweis zurückgeben !

  • Z
    zores

    "Aus der Geschichte des Kapitalismus weiß man, wie wirkungsvoll es ist, Mindestlöhne einzuführen und die Reichen höher zu besteuern."

    gerade die geschichte des kapitalismus hat gezeigt, das solche mittel nicht dauerhaft implementiert werden können, geschweige denn etwas an der grundsätzlichen problematik kapitalistischer akkumulation und der mit ihr verbundenen zwänge ändert. weder ändert sich mit solchen mitteln etwas an der sukzessive vorangetriebenen zerstörung der natur, noch an der ungerechtigkeit und widersinnigkeit kapitalistischer produktion und distribution. die probleme und widersprüche werden eventuell etwas entschärft - das lässt sich ganz gut an der geschichte zeigen. grundsätzlich wurden die probleme und widersprüche so aber nicht aufgehoben und gelöst, sondern für ihre existenz sogar noch weiter legitimation und unterstützung geschaffen, da ihre negativen folgen zeitlich oder geographisch verschoben werden.

  • W
    Wolfgang

    Die herrschenden Klassen der Finanz- und Monopolbourgeoisie [Medien-, 'Bild'ungs- und geistige Manipulations-Industrie, Rohstoff- und Rüstungsindustrie, imperialistische Kapital-, Wirtschafts- und Monopolverbände etc.] und ihr staatsmonopolistischer Gewaltapparat: Parteien-, Regierungs-, Parlaments-, Polizei-, Justiz-, Militär-, Staatsschutz-, Geheimdienst- und Überwachungsapparat, sie achten schon gemeinsam darauf, dass sich unter ihrer religiösen Administration kein Marxist befindet, allenfalls versierte Demagogen.

     

    Aufwachen, religiöse Michels! (?)

  • Schon bizarr, was das obige Bild zeigt: Eine Horde greiser Männer in Nachthemden, versammelt um ein fast nacktes Kleinkind, um es anzubeten, es anzuhimmeln als Erlöser ihrer Sündhaftigkeit. Nur eine wertungsfreie Beobachtung! Ein Mensch, dem das Christentum fremd wäre, müsste sich fragen: Was haben die vor? Wollen sie es opfern, es verspeisen? Es vernaschen? Währenddessen schwingt der Obergreis seinen qualmenden Goldschwengel vor diesem Kinde hin und her.

     

    Geht's einen Hauch weniger obszön, Katholiken? Genau das ist es nämlich: Obszön. Wenn Menschen es nicht so bewerten, liegt das nur an der Gewöhnung an solch bizarre Bilder. Empfundene Normalität ist lediglich Gewohnheit. Das Gehirn vermag den gröbsten Unfug nicht zu hinterfragen, wenn es diesen nur von kleinauf als richtig vermittelt bekam. Angefangen bei einem Blutgott, der Abraham, einen Sklavenhalter und halben Zuhälter, verführt mit Land & Nachkommen, Reichtum & Ruhm...

     

    Gottes Stimme in Abrahams Ohr nicht mehr als jene in den Ohren aller von Gier gelenkten Menschen. Bei Abraham fängt die geheiligte Gier an. Er lebt sie vor. Die abrahamitischen Religionen - und die von ihr geprägte Welt - würden ihren Ursprung verraten, wenn sie der Gier, die stets auf Kosten anderer gestillt wird, und damit der Unmenschlichkeit wahrhaftig und nicht nur in selbstgefälligen Lippenbekenntnissen entsagten.

     

    Will sich der Papst einen Nachfolger Christi nennen, soll er den Tempel niederreißen! Bloßes Predigen ist bedeutungslos, wenn nichts vorgelebt wird. Das ist bei Eltern so, die ihren Kindern Werte erklären, die sie selbst nicht leben. Das ist bei staatlichen wie religiösen Elterninstanzen so, die kindgebliebenen Erwachsenen den rechten Pfad aufzeigen, ohne ihn selbst zu beschreiten. Bedeutungslos.

    • TM
      Tante Meta
      @Regenwetter:

      Ui, die bösen Katholiken_

      "Geht's einen Hauch weniger obszön, Katholiken?"

      Ihre Art zu kritisieren - selbstgefällig, rechthaberisch, totalitär - kann man ebenfalls obszön nennen. In diesem Sinne: Gute Besserung!

      • @Tante Meta:

        "kann man ebenfalls obszön nennen."

         

        Können kann man vieles, aber tun tut man wenig. Von Relevanz ist die Intention. Welche wäre Ihre in diesem Fall?

    • K
      klobürste
      @Regenwetter:

      "...schwingt der Obergreis seinen qualmenden Goldschwengel vor diesem Kinde hin und her."

       

      Küsschen , Regenwetter !

    • U
      Unwissen?
      @Regenwetter:

      Der Papst ist nicht Nachfolger von Jesus Christus, sondern von Simon Petrus, da fängt die Unwissenheit schon mal an.

      • @Unwissen?:

        "da fängt die Unwissenheit schon mal an."

         

        Immerhin erst im letzten Absatz. ;-)

         

        Aber danke für den Hinweis. Ersetzen Sie "Nachfolger" mit "Stellvertreter". Aber ändert das nun etwas an der Aussage?

  • Im Zentrum des christlichen Denkens steht der einzelne Mensch in seiner Verantwortung. Dass hier das Gebot der Nächstenliebe und die Einforderung dessen Konsequenzen auch aus Rom wieder klar zu hören sind gehört zu den erfreulichen Entwicklungen des Jahres 2013.

    Daraus ein Konzept für die Gesellschaft zu formulieren ist eine politische Aufgabe der sich ein Bischof von Amts wegen nicht stellen kann. Denn in der Umsetzung der Gebote im politischen Alltag nimmt die Klarheit dieser Gebote zwangsläufig Schaden. Hier ist die Verantwortung des Einzelnen wichtiger als die Vorgabe von Rezepten.

    Klar ist, dass von Jedem gefordert wird das Seine zu einer gerechten Gesellschaft beizutragen. Die Wahl der Waffen - Marx, Eucken, was auch immer - ist seine Verantwortung.

  • Es sind ja nicht die Systeme an sich schlecht, sondern die Probleme liegen in den Menschen die eben die Systeme ausgestalten. Gier und Rücksichtslosigkeit ist kein Problem des Geldes oder Kapitals an sich, dies sind Ausprägung menschlichen Verhaltens. Insofern wird selbst das Abschaffen des Kapitalismus nichts bewirken, wie auch die Überwindung des Feudalismus nichts bewirkt hat bezogen auf Ausbeutung des Menschen durch Menschen.

    • C
      cosmopol
      @Bernd Schumann:

      Ist Gier im Kapitalismus nicht eine höchst rationale Emotion und Rücksichtslosigkeit eine erforderliche Strategie? Wie soll der denn ohne funktionieren? Wie sich durchsetzen, wenn die Konkurrenz rücksichtsloser ist? Aber naja, Hauptsache mensch kann politische Probleme individualisieren. "Das ist ja gar nicht, was wir als Gesellschaft angehen können/sollen, es muss einfach jede*r mal den Gürtel ein bisschen enger schnallen". So kann mensch natürlich auch ideologisch von unten nach oben umverteilen helfen. Da können dann wieder die Reichen wunderbar die Gier der Armen geisseln, die sich keine Fair-Trade oder regionalen Bio-Sachen gönnen wollen, und lieber Auto fahren als ihr halbes Geld bei der Bahn zu lassen...

       

      Ich finde im Übrigen schon, dass es ein Fortschritt ist, wenn Menschen nicht irgendwelchen Pfaffen oder Aristos zu gehören die beliebig über sie verfügen können. Naja, die "Freiheit" sich an den Meistbietenden verkaufen zu müssen ist zwar auch nicht das Wahre, aber ein Fortschritt allemal...

      • G
        gast
        @cosmopol:

        "es muss einfach jede*r mal den Gürtel ein bisschen enger schnallen"

         

        Sicher, wenn man es nicht übertreiben muss. Aber die Realität ist ja, das Politiker den Gürtel eher weiter als enger schnallen und das immer mehr Menschen denken, sollen doch die anderen den Gürtel enger schnallen, nur ich nicht.

         

        Bestes Beispiel das es auch in D. immer mehr Millionäre und Milliardäre gibt, immer mehr Firmen lieber den viel zu teuren Strom sich vom einfachen Volk zahlen lassen, damit ihre Bankkonten schön voll bleiben.

  • S
    Schneider

    Wem ist der Wohlstand nun zu verdanken? Dem Kapitalismus oder der Industrialisierung?

     

    Industrialisierung und Kapitalismus sind nicht die selbe Sache. Entweder hat die Industrialisierung durch die durch sie ermöglichten massiven Produktivitätssteigerungen oder eben doch der Kapitalismus mit seinem innewohnenden Wachstumsmechanismen. Geht es bei diesem Artikel um ein Zusammenspiel beider Faktoren sollte dies meiner Meinung nach auch so benannt werden. Schließlich hat bspw. die Sowjetunion zumindest durchaus bewiesen, dass eine Industrialisierung ohne Kapitalismus stattfinden kann. Umgekehrt existierten Gesellschaften, die kapitalistisch organisiert waren ohne industrialisiert zu sein, so z.b. die Niederlande oder England.

     

    Meiner Einschätzung nach ist eine Gesellschaft, deren Wirtschaft wächst auch ohne Kapitalismus denkbar. Es gibt zahlreiche Beispiele von Ländern, die keinen ausgeprägten Kapitalismus pflegten und sich dennoch eine Verteilungsfrage stellen kann und Fortschritte in der Produktivität erzielt wurden, wenn auch unter langsameren Vorzeichen als dies in modernen industrialisierten kapitalistischen Gesellschaften möglich ist. So zum Beispiel im feudalen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

     

    Frau Herrmann, ich würde mich interessieren, was Sie dazu denken?

  • R
    richtigbissig

    Es leben viele Menschen im Wohlstand, aber eben auf dem Rücken der Armen. Es gab nie mehr arme Menschen als Heute, nie hat

    eine Clique den Planeten mehr ausgebeutet für den Wohlstand von Wenigen.

     

    Wer arm ist hat es nach unserer Gesellschaftlogik "verdient".

    Glaube ich Sarrazin, ist das so sogar noch ein besonderes Zeichen von Intelligenz.

     

    Veränderungen sind nicht zwingend negativ, aber Veränderungen führten bislang immer dazu, die Taschen Weniger immer weiter zu füllen und Hohn auf die Menschen auszuschütten, die per Geburt ebenfalls ein Anrecht auf Resourcen und Glück haben.

  • Auch wenn es dem Kommentator nicht reicht,dieser Papst läßt hoffen,was man von seinem Vorgänger nicht behaupten konnte.

  • H
    holp

    "Es bleibt unklar, was sich eigentlich ändern soll. So ist nicht deutlich, ob der Papst den gesamten Kapitalismus kritisiert oder nur den Finanzkapitalismus, ob er beides für das Gleiche hält und wie er Marktwirtschaft und Kapitalismus unterscheidet."

    Hält Frau Herrmann dem Papst jetzt vor, dass er nicht zwischen raffendem und schaffendem Kapital untescheidet?

  • KM
    kalle m

    Um die Frage mit Kalle M. selber zu beantworten:

    " Nichts leichter, als dem christlichen Asketismus einen sozialistischen Anstrich zu geben. Hat das Christentum nicht auch gegen das Privateigentum, gegen die Ehe, gegen die Staat geeifert? Hat es nicht die Wohltätigkeit und den Bettel, das Zölibat und die Fleischesertötung, das Zellenleben und die Kirche an ihrer {57} Stelle gepredigt? Der christliche {58} Sozialismus ist nur das Weihwasser, womit der Pfaffe den Ärger des Aristokraten einsegnet."

    http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_459.htm#Kap_III_1

  • I
    Ideen

    Dabei ist es doch alles recht einfach:

    Das Problem ist doch nicht die Marktwirtschaft, sondern das es fast keine Märkte mehr gibt, weil auf Seiten der Anbieter meist nur eine Handvoll dieser existieren.

    Folge: Die Marktwirtschaft kann nicht funktionieren... lernt man schon im ersten Semester BWL oder VWL, da heißt es dann Oligopol und ist fast genauso schädlich für die Kräfte des Marktes wie ein Monopol. Wieso findet sich dieser einfachen und entscheidenede Punkt so selten in der Presse und den Köpfen?

    Beispiele: Sieht jeder vor der Haustür. Wie viele Supermarktketten gibt es denn? 5?

    Wieviele Ölkonzerne? 4?

    Autokonzerne? 6?

    Wieviele Energieriesen? 3?

    Stahlproduzenzen? 4?

    ...

    Und bei den neuen Branchen ist es noch krasser:

    Wie viele wichtige Suchmaschinen gibt es denn im Internet? 1?

    Wieviele große soziale Netzwerke? 2?

    Vieviele große Handyhersteller, Computerherstellen, Tablet.....

     

    Egal welche Branche man sich vornimmt, immer machen 3 bis 6 mindestens 95 des Umsatzes/Marktes aus, das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun, weil es mit Markt nichts zu tun hat!

  • Ausufernder Materialismus und die Bergpredig von Jesus Christus, das möchte Papst Franziskus gegenüberstellen. Der Papst erhöht mit seiner Botschaft die Armen und beschämt die skrupellosen Kapitalisten, Kommunisten, Diktatoren, Politiker und auch Normalbürger, die nur im eigenen Egoismus ihr Leben verbringen. Mit seiner eingeleiteten Reform in der kath. Kirche hat Papst Franziskus begonnen, dass das Wort Jesu in den eigenen Reihen mehr Gewicht erhält und auch mehr eigenes Handeln erfordert! Noch viel Kraft, das wünsche ich Papst Franziskus!

    • G
      Gast
      @Walter Gleichmann:

      guter Kommentar. Die Gier beschränkt sich aber nicht nur auf Materialismus - sondern auch auf Machtgelüste. Und da sind Marxisten oder auch das gesamte sich zerfleischende linke Spektrum nicht besser als Katholen, die FDP oder Taubenzüchter und Jedermann. Wer das nicht erkennt, hat nicht begriffen wie wandelbar der Kapitalismus ist und warum er alles aufsaugen kann und warum Marxisten nicht weiterkommen - solange sie sich selber reinwaschen - sprich verdrängen.

    • G
      gast
      @Walter Gleichmann:

      sehr gut ausgedrückt.

  • L
    Lowandorder

    Kalle Marx hat auch hier recht:

    der Stein bestimmt das Bewußtsein;

     

    warum sollte das bei diesem älteren Herrn in Rom,

    der sich Pabst nennt, angesichts seiner

    gläubischen Sozialisation anders sein;

    das Wissen hat er sicher, darin ist er wie jeder PostmarxÖkonom

    Marxist

    - nur nützt das allein eben nix bzw is das allein negligable.

  • L
    Lad

    Interessanter Artikel finde ich. Aber wenn Frau Herrmann die Sprache des Papstes als "wolkig" bezeichnet, muss ich doch gleich mal nachfragen: Ist denn "die ab 1760 einsetzende" Industrialisierung gleichbedeutend mit "Kapitalismus" - ich hätte etwa die DDR auch als "industrialisiert", aber nicht als kapitalistisch bezeichnet.