Debatte USA: Auf den Stillstand folgt die Apathie
Nach der Kongresswahl droht in Washington der absolute Stillstand. Denn die Republikaner werden dem Präsidenten keinerlei Erfolg gönnen.
E s gibt keinen Grund zu der Annahme, an den ersten Äußerungen von Präsident Barack Obama und dem designierten Mehrheitsführer im Senat, dem Republikaner Mitch McConnell, könnte irgendetwas dran sein. Beide sprachen davon, nunmehr „konstruktiv zusammenarbeiten“ zu wollen – nach Jahren des Stillstands eine bemerkenswerte Aussicht. Nur passieren wird das nicht.
Die Republikaner werden keinerlei Interesse daran haben, dem Präsidenten in den schwachen zwei letzten Jahren seiner Amtszeit noch Erfolge zu gönnen. Wenn sie von Zusammenarbeit sprechen, dann meinen sie, Obama dazu zu bringen, sein Vetorecht gegen vom Kongress verabschiedete Gesetze möglichst selten zu gebrauchen. Mehr nicht. Obama seinerseits hat nicht sechs Jahre lang zugesehen, wie republikanische Fundamentalopposition seine Präsidentschaft zerstört, um seinen schärfsten Gegnern in den letzten zwei Jahren nach dem Munde zu reden.
Und so ging schon am Tag drei nach der Wahl alles weiter wie gehabt: Während Obama ankündigte, tatsächlich per Verordnung etwas für den Schutz der knapp zwölf Millionen ohne gültige Papiere in den USA lebenden Migranten gegen Deportation tun zu wollen, meldeten die Republikaner dagegen sofort Widerstand an und warnten, dann sei eine Zusammenarbeit nicht möglich.
Und so wird die Blockade in Washington wohl weitergehen. Für die USA ist das schlecht – für die Parteien und jene Kandidaten auf beiden Seiten, die sich für die Präsidentschaftswahlen 2016 in Stellung bringen, hingegen sehr passend. Je schlechter Washington jetzt funktioniert, desto einfacher ist es für Präsidentschaftskandidaten, eine Wahlkampfbotschaft der „Sanierung des kaputten Washingtoner Politikbetriebs“ zu formulieren. Die Erfahrung zeigt: Um gewählt zu werden, funktioniert das immer (Carter, Reagan, Bush senior, Clinton, Bush junior und Obama spielten alle die Karte des aufrechten „Washington-Outsiders“). Was danach passiert, ist eine andere Sache.
Was bleibt von Obama?
Insofern, so könnte man argumentieren, waren die Halbzeitwahlen unerheblich: vorher Stillstand, nachher Stillstand – so what? Aber das ist denn doch zu einfach gedacht.
Denn das Zusammenwirken aus politischem System, engagierten und gut finanzierten Konservativen und immer wieder uneinigen und sich selbst verunsichernden Demokraten scheint strukturell progressive Reformmehrheiten in Washington zu verhindern. Das kann nicht gut sein. Dass die WählerInnen selbst dabei nicht unbedingt so rechts gedreht sind, zeigen die anderen Daten vom Dienstag. In gleich vier konservativen Bundesstaaten waren Volksabstimmungen zur Anhebung des Mindestlohns erfolgreich– ein absolutes No-Go für republikanische Politiker gleich welcher innerparteilichen Schattierung. Bloß: Auch die Demokraten in diesen Staaten hatten die Referenden kaum unterstützt, aus purer Angst vor der eigenen Courage.
Die Republikaner – das ist spätestens seit 1994 zu beobachten, als Bill Clinton bei den damaligen Halbzeitwahlen die Mehrheit im Kongress verlor – wissen Macht aggressiver, skrupelloser und strategischer einzusetzen als die Demokraten. Sie einigen sich auf Kernbotschaften, auch wenn diese haarsträubend sind – bei diesen Wahlen: Obama ist an allem schuld! –, und bleiben dabei. Die Demokraten aber rennen in alle Richtungen, sobald es ein bisschen schwieriger wird.
Obama hätte in den vergangenen sechs Jahren etwas dafür tun können, das zu ändern. Aber dazu hätte er nicht nur mit seinen alten Vertrauten aus Chicagoer Zeiten, sondern viel enger mit den Demokraten im Kongress und in der Parteispitze zusammenarbeiten müssen. Jetzt ist es dafür zu spät – in den letzten zwei Jahren ist er wirklich auf sich allein gestellt. Und es braucht schon sehr glückliche historische Fügungen, damit er im Januar 2017 nicht als umfassende Enttäuschung aus dem Weißen Haus auszieht.
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