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Debatte USA und NatoGemeinsam abspecken wäre besser

Kommentar von John Feffer

Das Verteidigungsbündnis Nato hat längst seine Mission verloren. Trotzdem drängen die USA ihre Verbündeten, die Militärausgaben weiter zu erhöhen.

Teure Anschaffungen: Auch für das neue Jagdflugzeut F/A-22 (vorn) gibt das Pentagon Millarden aus. Bild: ap

D ie USA haben ein Problem mit dem Maßhalten. Restaurants bieten riesige Vorspeisenteller an, Lebensmittelläden verkaufen „Riesenschluck“-Tassen und routinemäßig veranstalten Amerikaner Wettbewerbe, wer in zehn Minuten die meisten Hot Dogs, Pizzas oder Hähnchenflügel runterkriegt.

Auch das Pentagon hat dieses Problem mit dem Maßhalten. Das Budget des Verteidigungsministeriums hat sich seit 2000 verdoppelt – die Inflationsrate eingerechnet. Auch hier ist nicht nur die Menge das Problem, sondern auch die Qualität.

Das Pentagon hat enorme Summen für veraltete Waffensysteme ausgegeben, Aufschläge von Vertragspartnern akzeptiert und weist einen erheblichen Personalüberhang auf. Kein Wunder also, dass das Pentagon weltweit die größten Militärausgaben verantwortet. 43 Prozent der gesamten Militärinvestitionen weltweit gehen auf die USA zurück.

Der Autor

JOHN FEFFER leitet das Projekt „Foreign Policy In Focus“ am Institut für Politikwissenschaften in Washington, D.C. Zuletzt veröffentlichte er „Crusade 2.0: The West’s Resurgent War on Islam“.

Die Fettsucht des Verteidigungsministeriums ist einer der Gründe, warum die US-Regierung kurz vor einem Schlaganfall steht und ökonomisch gelähmt ist. Und was tun die Politdoktoren? Sie schlagen im wesentlichen drei Mittel zur Heilung vor:

Der Mehrheit bei den Republikanern drängt darauf, das Verteidigungsministerium weiter aufzublähen. Ihr Budgetvorschlag für 2013 übersteigt den Entwurf des Pentagon um 4 Milliarden und beläuft sich auf damit insgesamt 554 Milliarden US-Dollar. Sämtliche Kürzungen in den nächsten Jahren sollen das Verteidigungsministerium unberührt lassen. Mitt Romney beabsichtigt in der nächsten Dekade sogar 2,1 Milliarden US-Dollar auf das vorhandene Budget draufzuschlagen.

Obama will vergleichsweise wenig sparen

Die Obama-Administration selbst will in dieser Zeit 500 Milliarden einsparen. Das hört sich nach strengem Gürtel-enger-Schnallen an, tatsächlich aber bedeutet das bis 2021 nur eine Kürzung um 8 Prozent. Zum Vergleich: Nach den Kriegen in Korea und Vietnam haben die Präsidenten den Militärhaushalt jeweils um fast 30 Prozent zusammengestrichen.

Option 3 ist der gastritische Bypass. Das wäre ein radikaler Eingriff. Senator Tom Coburn von den Republikanern etwa plädiert für eine Kürzung von über einer Billion und will zudem eine Umwidmung der Gelder für zivile Konfliktlösungen. Die Amerikaner wollen laut einer jüngsten Umfrage 2013 eine Kürzung von rund 18 Prozent im Militärhaushalt.

Indessen bereitet sich die Nato auf den Gipfel in Chicago vor. Ob die Einschnitte und der anhaltende Rückgang der europäischen Rüstungsausgaben eine Zweckentfremdung der Mittel einleiten? Sie sollten es. Jetzt ist die Gelegenheit, die obsoleten Systeme aus dem Kalten Krieg und die taktischen Nuklearwaffen zu entsorgen. Auch die 80.000 US-Soldaten, die immer noch zwischen 28 Militärbasen rotieren, ließen sich mit Verweis auf den Sparzwang prima abziehen.

Noch viel mehr Waffen für alle

Bislang drehte sich die Diskussion darum, wie man die 2 Prozent des Bruttosozialproduktes ausgeben kann. Jetzt könnte man endlich darüber reden, wie Europa und die USA den wirklichen Gefahren für Europa und die USA begegnen können.

Das Problem ist allerdings, dass die USA auf den Sparkurs in jeder Hinsicht falsch reagieren. Wir exportieren einfach unseren militärischen Massenkonsum in die ganze Welt, genauso wie Coca-Cola oder McDonald’s. Deshalb drängt Obama die europäischen Verbündeten dazu, ihren Militäretat zu erhöhen.

„Lastenteilung“ ist dieser Tage das Zauberwort in den Nato-Zirkeln. Selbst Kanada, das seinen Militäretat 2011 von 15 Milliarden auf 23 Milliarden erhöht hat, wurde vom US-Repräsentanten der Nato, Ivo Daalder, kritisiert, „eine unfaire Bürde zu sein für all diejenigen, die an ihre Ressourcen gehen.“

Noch schlimmer, vielleicht, war Obamas Entscheidung, zum Ausgleich der Kürzungen die Waffenausfuhr zu erleichtern. Die USA sind seit vielen Jahren die weltgrößten Waffenexporteure. Mit der „Export Control Reform Initiative“ beabsichtigt das US-Militär die Exporte bis 2015 zu verdoppeln. Modernisierung und „Anschlussfähigkeit“ waren lange die Rationalisierungsstrategien für den Waffenverkauf. Diese Argumente zielen vor allem auf die Nato-Mitglieder aus Osteuropa und dem Balkan, die nur wenig in das extensive Upgraden investieren.

Die Nato ist dazu gemacht, Kriege zu führen

Die USA nutzen diverse Argumente, um ihre Militärsucht vernünftig erscheinen zu lassen, etwa den Aufstieg Chinas oder das Nuklearprogramm Nordkoreas. Trotzdem hatte die Nato letztens Schwierigkeiten, die ganz große Mission auszumachen. „Angesichts der europäischen Finanzkrise, der Defizitreduzierung in den USA und des zunehmenden Drucks auf den Verteidigungsetat besteht der Zusatzwert der Nato darin, den Ländern bei der besseren Zusammenarbeit zu helfen“, verkündet nun ihre Webseite. „Die Nato kann Kräfte bündeln und multinationale Projekte managen.“

All diese Emphase aufs Kooperieren wird die Nato aber nicht im Geschäft halten. Die Nato ist dazu gemacht, Kriege zu führen. Ihr Lebenselixier ist die Bedrohung, nur sie hält die Allianz zusammen. Die Sowjetunion aber ist nur noch eine blasse Erinnerung, Afghanistan keine durchführbare Aufgabe mehr, und Libyen hat enthüllt, dass die Nato nicht die Schlagkraft oder den politischen Willen besitzt, jedem „Schurkenstaat“ an ihren Grenzen beizukommen.

Nichttraditionelle Bedrohungen wie Terrorismus, Piraterie oder die Cyber-Attacken verlangen eben andere Kompetenzen. Die anhaltende globale Wirtschaftskrise zwingt jedes Mitglied dazu, sich seine Ausgaben noch einmal genau anzusehen. Zeit, sich mit der Diät und dem neuen Lifestyle anzufreunden. Für die USA und Europa bedeutet das, sich von ihrer gefährlichen Abhängigkeit vom Militär zu lösen und sich zivilen Konfliktlösungsmodellen zuzuwenden.

Laut Experten ist es schwieriger, allein abzunehmen. Anstatt die Europäer zum Fressen zu drängen, wäre es also besser, gemeinsam abzuspecken. Wer weiß: Wenn die Nato es ernst meint, kann sie womöglich auch Russland und China für den Diätplan gewinnen.

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4 Kommentare

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  • G
    gustav

    Ich widerspreche John Feffer.

    Für die Wehrhaftigkeit einer Allianz ist es

    essentiell, dass die echten NATO-Mitglieder

    bezüglich ihrer Waffensysteme so rüsten, dass

    alle eine solide Bewaffnung haben.

    Es kann nicht sein, dass die USA den Rüstungsanteil

    der anderen NATO-staaten mit übernehmen müssen, weil

    diese im Vertrauen, die USA würden sie schon

    kostenlos mit beschützen sich diese Ausgaben sparen

    wollen.

    Das heißt nicht, dass Europa vor Waffen nur so

    strotzen soll. Die ganzen Länder des ehemaligen

    Jugoslawiens würde ich so schnell nicht in die NATO

    voll

    integrieren, auch Ungarn mit ihrem Halbdiktator

    oder die Baltenstaaten würde ich nicht in die NATO

    vollverantwortlich integrieren, weil sie politisch

    und damit auch militärisch unberechenbar sind.

     

    Es kann aber nicht sein, dass zum Beispiel in Deutschland eine Spielzeugarmee mit lumpigsten,

    veraltetsten Equipment und asozialer

    Beförderungspraxis herangezüchtet wird

    und dieser Staat seiner hoheitlichen Schutzfunktion

    nicht kompetent und solide Folge leistet

    und seine tatsächliche Inkompetenz und Feigheit

    mit dem 2.Weltkrieg zu rechtfertigen versucht!

     

    Die deutsche Politik ist viel zu gefallsüchtig!

    Schutz und militärische Selbstverantwortung

    sind keine Wahlkampfverhandlungsmasse.

    In Afghanistan sich vor den Taliban verstecken

    und Mrd. € verschwenden und in Deutschland

    den Zivilschutz und die Landesverteidigung

    und Rüstungsindustrie austrocknen, was sind

    wir Deutschen doch für Witzfiguren!!!!

    Tolle Erziehung, tolles Management,tolle Politik wirklich

    zum ...........!

  • B
    bull

    Diese Amis sollten sich lieber mal wieder um Ihr beschissenes Image kümmern.Und dazu gehört ganz bestimmt nicht die militärische Option.Früher habe ich die Amis geliebt.Jetzt finde ich Sie nur noch einen barbarischen destruktiven Haufen Scheisse.

  • A
    Ant-iPod

    Zunächst einmal Danke TAZ für diesen informativen Artikel.

    Ich finde allerdings, dass man schnell Dinge zusammen diskutiert, die nicht zwingend dasselbe Thema darstellen.

     

    Im Kern geht es doch um drei Fragen:

    1. Wie hoch ist die Friedensdividende - oder wieviel können wir in den Wehretats einsparen?

    2. Wie müssen unsere Streitkräfte künftig ausgestattet sein, um sowohl auf dem Schlachtfeld, als auch im Cyberspace einen wirksamen Schutz zu bieten, denn dafür sind sie da?

    3. Wie können wir unsere Politik verbessern, damit Streitkräfte nicht mehr die "erste Wahl", sondern das absolut letzte Mittel der Außenpolitik werden?

     

    Gerade bei letztere Frage vermisse ich in Europa und den USA den Vordenker und Visionär.

    Das die USA sich im Wesentlichen darauf beschränken, lediglich die fehlende Rüstung der Europäer zu kritisieren ist ja nun nicht gerade konstruktiv, oder?

     

    Allerdings haben sie in einem Punkte Recht:

    Die Europäer versagen regelmäßig darin, politische Lösungen für Konflikte zu erarbeiten und verlassen sich dann auf die militärische Stärke der USA - eines der vielen Beispiele wäre Ex-Jugoslavien/Bosnien.

    Das der US-Steuerzahler sich bei der gegenwärtigen Haushaltslage fragt, warum er eigentlich das Versagen europäischer Politiker bezahlen soll... ist nun auch nicht ganz unverständlich.

    Er muss sich dabei aber auch an die eigene Nase fassen, warum die USA diese Rolle eigentlich übernehmen und stattdessen nicht selbst mehr (und günstiger) auf diplomatische Lösungen setzen?

    Der teure Drohnenkrieg der USA in Yemen und Pakistan etwa... erhöht das wirklich die Sicherheit der USA?

    Schafft diese Art der Außenpolitik nicht eher mehr Probleme, als dass sie welche löst?

  • T
    tommy

    Nato sollte man auflösen; Europa wird heute ja nicht mehr von sowjetischen Panzern, sondern vorwiegend von Einwanderung bedroht. Das Geld, das man beim Militär spart, wäre gut bei Frontex angelegt.